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Wie ein Blütenblatt im Sturm

Wie ein Blütenblatt im Sturm

Titel: Wie ein Blütenblatt im Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
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hatten. Alles, was zählte, war, daß sie offenbar Lasten trug, die sogar zu schwer für die breitesten Schultern waren. Und sie spürte das Gewicht.
    Ihre Finger schlossen sich fest um seine, wärmten sich, entspannten sich ein wenig. Zum ersten Mal konnte Rafe spüren, daß die Distanz zwischen ihnen sich ein wenig verringerte. Vielleicht konnten sie besser miteinander auskommen, wenn sie nicht miteinander sprachen.
    Als sie ihr Haus erreichten, ließ Maggie seine Hand los, um sich die Kaschmirstola um die Schultern zu ziehen. Er half ihr aus der Kutsche, und sie grinste ihn kurz an. »Du fühlst dich also wie ein Pelzmuff?«

    Er lächelte. »Oder wie ein anderes nutzloses schmük-kendes Beiwerk, das zur Schau gestellt wird.« Er wandte sich um und entließ die Kutsche.
    Maggie warf ihm einen bösen Blick zu, als er ihr die Stufen zum Haus hinauffolgte. Aber bevor sie eine Bemerkung machen konnte, sagte er: »Wenn wir die Illusion einer Affäre aufrecht halten wollen, kann ich dich schlecht an deiner Türschwelle absetzen und verschwinden. Nach einer angemessenen Weile werde ich zum Hotel zurückgehen. Es ist nicht weit.«
    Sie akzeptierte seine Begründung mit einem unschmei-chelhaften Mangel an Begeisterung. »Ich nehme an, es ist notwendig.«
    Sie betraten den Salon, und sie schenkte Brandy für beide ein. Dann schleuderte sie ihre Sandalen von den Fü-
    ßen und kuschelte sich aufs Sofa. »Hätte ich Cynthia Northwood fragen sollen, wie lange du bleiben mußt, um deinem Ruf gerecht zu werden? Vielleicht sollte ich dir in einem der freien Zimmer ein Bett machen, da dich niemand vor dem Morgengrauen erwartet.«
    Er weigerte sich, mit Ärger zu reagieren. »Ich schleiche mich in etwa einer Stunde aus der Hintertür. Schließlich bekäme es auch deinem Ruf nicht besonders, wenn ich so früh gehe.«
    Er wanderte durch das Zimmer und entdeckte ein antikes Schachspiel auf einem kleinen Spieltisch. Die Figuren waren nach einer mittelalterlichen Hofgesellschaft gestaltet. Es waren alles handgefertigte Einzelstücke mit indivi-duellen Zügen.
    Rafe nahm die weiße Dame, eine exquisite goldhaarige Lady, die ein weißes Streitroß ritt, und warf dann Maggie einen Blick zu. Die Ähnlichkeit war unübersehbar. Die Kö-
    nigin, die mächtigste Figur auf dem Brett.
    Er stellte das Stück wieder ab und nahm den schwarzen König. Sein dunkles Gesicht war arrogant und raubvogel-artig, und er zog ein Schwert aus seiner Scheide. Rafe studierte die Figur eine Weile und versuchte, eine Beziehung zu sich herzustellen. Die Könige waren die wichtigsten und ultimativen Ziele in dem Spiel, jedoch recht machtlos.
    Es war dem Spiel, das er und Maggie spielten, nicht un-
    ähnlich. Die weiße Königin handelte, der König stand da und wartete. Aber sie waren auf derselben Seite, oder?
    Er nahm als nächstes den weißen König auf. Das Gesicht war kühl und rätselhaft, und es kostete wenig Mühe, in der Figur Robert Anderson zu sehen. Wenn das ein Omen war, so beunruhigte es ihn gründlich.
    Rafe stellte die Figur wieder auf das Brett. »Hast du Lust auf eine Partie? Bei dem Empfang hast du mir nettere Dinge zu Hause versprochen.«
    Maggie erhob sich anmutig. »Wenn du willst. Du wirst feststellen, daß ich mich im Schach ein wenig verbessert habe. Werfen wir eine Münze, um Weiß auszulosen?«
    Traditionell zog Weiß als erstes, was ein Vorteil war, aber Rafe nahm die weiße Königin wieder auf, bewunderte das stolze Kinn und reichte sie schließlich Maggie. »Sie kann nur dir gehören.«
    Also setzten sie sich und fingen an zu spielen. Früher hatte Maggie mit einer wilden Brillanz gespielt, die sie manchmal zum Sieg führte, ihr jedoch öfter gegen Rafes überlegtem Stil die Niederlage einbrachte. Nun waren sie gleichwertige Gegner. Er stellte interessiert fest, daß sie zwar immer noch sehr forsch vorging, jedoch ihr Auge für die Strategien geschärft hatte.
    Eine Stunde verging, in der sie höchstens ein Lob für einen guten Zug des anderen aussprachen. Als die Uhr elf schlug, blickte Maggie überrascht auf. »Auch auf das Risiko hin, daß ich eine schlechte Gastgeberin bin, muß ich dich doch bitten, jetzt zu gehen. Wir können die Partie ein andermal zu Ende spielen. Ich bezweifle zwar, daß irgend jemand das Haus beobachtet, aber nur für den Fall zeige ich dir die Hintertür.«
    Rafe folgte ihr durch die Korridore und blickte sich bewundernd um. Obwohl das Haus nicht besonders groß war, war es so gestaltet worden, daß es

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