Wie ein Blütenblatt im Sturm
wieder kreuzen. Doch nun müssen wir gehen.«
Geschickt zog sie Rafe mit sich, und sie verließen den Empfang.
Als sie allein in ihrer Kutsche saßen, sagte Rafe mit leicht boshafter Bewunderung: »Es ist höchst lehrreich, dir bei der Arbeit zuzusehen, ob du nun die Leute zum Reden bringst oder ihre Hoffnungen enttäuschst.«
»Mr. Northwood ist als Typ kein Einzelfall. Unglücklicherweise.« Sie streifte vorsichtig ihre langen Handschuhe ab. »Seine Frau hat mir zur Wahl meines Geliebten gratuliert.«
Rafe seufzte innerlich. Obwohl er Cynthias Direktheit stets genossen hatte, wünschte er doch, sie hätte sich dieses Mal zurückgehalten. »Ich bin sicher, sie hat es gut gemeint.« Da er nun endgültig genug von den Northwoods hatte, wechselte er das Thema. »Was sagt dir deine Intuition über Oberst von Fehrenbach?«
Die Kutsche fuhr an einer Laterne vorbei, und in ihrem Lichtschein sah er Maggies ernste Miene. »Es sollte ja offensichtlich sein, warum wir ihn als einen der Hauptverdächtigen ansehen. Welchen Eindruck hattest du?«
»Er haßt die Franzosen sicher genug, um gefährlich zu werden, und mit seiner militärischen Erfahrung ist er ein fähiger, harter Gegner. Und doch«, - Rafe hielt inne und versuchte, seine Meinung in Worte zu fassen -, »gibt er sich keine Mühe, seine Abneigung zu verbergen. Ein Verschwörer würde sich doch sicher weniger auffälliger benehmen?«
»Vielleicht. Vielleicht nicht«, sagte sie nachdenklich.
»Er ist möglicherweise so zornig, daß es ihm vollkommen egal ist, was mit ihm geschieht, wenn das Ziel erreicht ist.«
»Glaubst du, er ist unser Mann?«
Das Schweigen zog sich in die Länge, so daß Rafe schon dachte, sie würde gar nicht antworten. Mit einem Hauch von Schärfe brach er die Stille. »Maggie, zugunsten dieser Mission lasse ich mich von dir wie einen Pelzmuff herum-schleifen, damit deine Absichten verborgen bleiben, aber behandele mich nicht wie ein unmündiges Kind. Ob du es magst oder nicht, wir machen dies hier zusammen, und wir hätten größere Chancen auf Erfolg, wenn wir unsere Informationen oder Vermutungen austauschen.«
»Ist das eine Drohung, Euer Hoheit?« Ihre Stimme klang leicht spöttisch. »Wenn ich mich weigere, dir meine Gedanken mitzuteilen, wirst du mich dann schlagen, bis ich gehorche?«
»Ich habe bessere Mittel, so etwas zu erreichen«, erwiderte er mit absichtlicher Zweideutigkeit.
»Wenn Cynthia Northwood mit ihrem Lob deiner Qualitäten nicht übertrieben hat, nehme ich an, du wirst meinen schwachen weiblichen Verstand mit wilden Küssen überwältigen.« Ihr Sarkasmus sprühte förmlich Funken.
»Überhaupt nicht. Ich muß nur an deinen Sinn für Fairneß appellieren - die angeborene Achillesferse Britanniens.«
Nach einem kurzen, überraschten Schweigen brach sie in lautes Lachen aus. »Rafe, dein Talent ist verschwendet.
Du hättest ein Vermittler werden sollen wie Castlereagh.
Du weißt auf jeden Fall, wie man seinen Gegner zu packen hat.«
»Wir sind keine Gegner«, betonte er. »Wir sind Partner.«
»Ich muß zugeben, daß ich manchmal Mühe habe, mich daran zu erinnern.« Sie hielt kurz inne, fuhr dann aber fort. »Trotz von Fehrenbachs Zorn glaube ich nicht, daß er unser Mann ist. Er ist nicht der Typ, der heimlich finstere Pläne schmiedet; er würde das als erniedrigend betrachten. Eher würde er zu Talleyrand gehen und ihn öffentlich erschießen, aber sich kaum herablassen, ein Komplott mit anderen zu planen. Nein, ich glaube nicht, daß der Oberst der ist, den wir suchen.«
»Erzähl mir von Madame Sorel.«
»Hélène ist verwitwet und hat zwei Töchter. Ihr Mann, ein französischer Offizier, starb bei Wagram. Er hat ihr genug hinterlassen, und sie wird in höchsten Pariser Gesell-schaftskreisen empfangen. Wir sind seit Jahren befreun-det, und ich vertraue ihr.«
»Würdest du mir sagen, was du wegen von Fehrenbachs heftiger Reaktion auf sie vermutest?«
»Ich glaube, der Grund ist ganz simpel und überhaupt nicht politisch.«
Rafe akzeptierte das ohne Kommentar. »Wenn du Fehrenbach richtig einschätzt, dann ist es wohl wahrscheinlich einer der beiden Franzosen.«
»Wenn ich ihn richtig einschätze.« Maggies Stimme enthielt einen Hauch Bitterkeit. »Aber auch ich kann mich irren.«
Im Dunkeln kann man Dinge tun, die man im Licht nicht wagen würde. Impulsiv griff Rafe nach ihrer kühlen, verkrampften Hand. Er wußte nicht - noch fand er es wichtig -, welche Erinnerungen diesen Tonfall verursacht
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