Wie ein Blütenblatt im Sturm
Nacken zu massieren. Sie empfand die Wärme, die sie durchströmte, und am liebsten hätte sie wie eine Katze geschnurrt. Noch lieber allerdings hätte sie wie eine Löwin gebrüllt.
Sie fing an, ihn zu küssen und überging den Mund zugunsten noch sensiblerer Stellen.
Wenn er sich auch nicht bewegte, wurde seine Atmung doch rascher, rauher, und seine rechte Hand streichelte, was er erwischen konnte. Mit dem Schwur, ihn diesmal zum Wahnsinn zu treiben, beugte sie sich vor und küßte seine empfindlichste Stelle und zeigte ihm mit Lippen und Zunge, was sie mit Worten nicht hätte ausdrücken können.
Er sog scharf den Atem ein, und seine Glieder begannen zu zittern. Sie verstärkte ihre Bemühungen nur noch und genoß die Macht, die sie auf einmal über ihn hatte. Dieses Mal sollte er von einem Sturm so gründlich davongetrieben werden, wie sie ein paar Stunden zuvor.
Er gab einen gutturalen Laut von sich und preßte seine Fäuste in die Matratze. Doch bevor sie ihn zum Höhepunkt bringen konnte, gab er die Passivität auf und rollte sie auf den Rücken. Dann kümmerte er sich geschickt um ihr Vergnügen, und sein heißer Mund hielt sie stets am Rande der Ekstase, bis sie vor heftigem Verlangen keuchte.
Gemeinsam erstürmten sie den Gipfel der Lust. Dies war nicht mehr die Vereinigung, die die Unschuld der Jugend heraufbeschwören wollte, sondern glühende Sinnlichkeit der Erfahrung - wissend, hemmungslos und geübt.
Doch trotz dieser betäubenden, alles verzehrenden Lust wußte sie, daß nur sein Körper wirklich dabei war.
Sein Geist und seine Seele hielten sich zurück und rissen ein Loch in all diese wunderbare Nähe, diese sinnliche Intimität.
Sogar als sie in konvulsivischer Erlösung erschauerte, trauerte sie. Er war so großartig als Liebhaber, wie man es sich nur wünschen konnte - warum tat er es nur ohne Liebe?
Margot schlief erschöpft und aufgelöst in seinen Armen.
Rafe war so müde, daß er kaum Kraft fand, die Hand zu heben, um die goldenen Strähnchen aus ihrem Gesicht zu streichen, ihre feinen Züge nachzuzeichnen. Dennoch konnte er nicht einschlafen.
Nun hatte er die Gelegenheit gehabt, sich von seiner Obsession zu befreien. Er hatte endlich mit der Frau geschlafen, die ihn in ihren Fängen gehalten hatte. Man hätte sagen können, daß er sich glücklich schätzen durfte.
Doch man hätte sich leider geirrt. Wenn er auch erfolgreich in dem Bestreben gewesen war, sie zumindest kurzfristig von ihren quälenden Erinnerungen abzulenken, so war es für ihn ein leerer Sieg gewesen.
Seit Jahren hatte er davon geträumt, daß Maggie mit süßen Worten der Begierde und willig zu ihm kam. Heute war ein Teil dieses Traumes Wahrheit geworden, doch er mußte die bittere Wahrheit erkennen: Sie willig zu sehen, reichte nicht. Ohne die süßen Worte war es hohl.
Wenn es zwischen ihnen nur Schweigen gegeben hät-te, dann wäre er in der Lage gewesen, die Illusion, wirklich ihr Liebhaber zu sein, aufrecht zu halten. Doch Margot war so in sich versunken gewesen, daß ihr Worte der Liebe entschlüpft waren. Dies verletzte ihn mehr als alles andere, weil er genau wußte, daß diese Erklärung für einen anderen gedacht war. Es war Anderson, dem sie ihr Herz geschenkt hatte. Nur der Zufall hatte sie in sein, Rafes, Bett geführt, denn sie hatte dringend der Ablenkung bedurft.
Doch trotz aller Qual wünschte er, daß die Nacht nicht enden würde. Er hatte Margot Ashton zurückha-ben wollen, und mit der bittersüßen Täuschung, mit denen die Götter auf die Bitten der Menschen reagierten, war sein Traum erfüllt worden. Was Rafe nicht vorausge-sehen hatte, war dies: Er war genauso hilflos, genauso verliebt und genauso blind, wie er es damals mit einundzwanzig gewesen war.
Die Obsession für die Gräfin Janos war nur ein anderer Name für diese Liebe, aber er hatte sich selbst in zuviel Zynismus gehüllt, um diese Gefühle wahrhaben zu können. Nun, in der Finsternis, die gerade von einem winzigen Vorboten der Dämmerung erhellt wurde, erkannte er, daß er niemals aufgehört hatte, Margot Ashton zu lieben. Egal, ob sie gelogen und betrogen hatte, egal, durch wie viele Betten sie sich geschlafen hatte, er liebte sie - mehr als seine Klugheit, seinen Stolz, mehr als das Leben selbst.
Und am Morgen würde sie ihn verlassen. Morgen früh würden alle Mauern wieder errichtet sein, vielleicht zu-sätzlich noch von Scham belastet, weil sie sich so hatte gehenlassen.
Die Ironie der Sache war niederschmetternd.
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