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Wie ein boser Traum

Wie ein boser Traum

Titel: Wie ein boser Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Webb Debra
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vor langer Zeit ausgeblendet hatte. Bleistifte und Bücher, Leuchtstifte und Unmengen von Papier.
    Er drängte sie weiter voran, und plötzlich, als wäre sie in die damalige Zeit zurückversetzt worden, füllte sich der leere Flur mit Gesichtern und Klängen aus der Vergangenheit. Die Schüler, die zu spät zum Unterricht kamen … das aufgeregte Geplapper über das bevorstehende Schulfest … das Necken, Flirten und der geflüsterte Klatsch.
    Die Stimme des Schulleiters holte sie in die Gegenwart zurück.
    »Wir haben den Senior-Saal Heather gewidmet.«
    Heather-Baker-Saal .
    Emily rang sich ein Lächeln ab, noch während der Drang zu weinen ihre schwachen Abwehrkräfte zu überwinden drohte. »Das ist prima, Mr. Call. Ein sehr schönes Andenken.« Irgendwie brachte sie die Sätze bewundernswert gefasst heraus.
    »Wir wollten die Erinnerung an sie lebendig erhalten.« Mr. Call betrachtete die Gedenktafel, auf der Heather in ihrer Cheerleader-Uniform zu sehen war.
    »Alle haben sie gemocht«, sagte Emily leise. »Niemand hätte ihr wehtun wollen … sie hatte keine Feinde.«
    »Stimmt, Heather war eine unserer beliebtesten Schülerinnen.«

    Emily hatte es gar nicht laut aussprechen wollen. Aber weil sie es nun schon getan hatte, konnte sie ihm ja die Frage stellen, derentwegen sie hergekommen war. »Mr. Call?«
    Er sah sie erwartungsvoll an.
    »In jener … Nacht.« Emily bemühte sich, das Zittern aus ihrer Stimme herauszuhalten. »Haben Sie damals jemanden auf der Straße vor meinem Elternhaus gesehen? Einen Spaziergänger? Oder ein Auto?« Das Haus von Schulleiter Call war in jener Nacht das Zielobjekt gewesen. Während der Verulk-Woche. Emily war an der Reihe gewesen, die Sache zu leiten. Eine andere Cheerleaderin, ihre gute Freundin Megan, hatte mitgeholfen, dazu noch einige neue Teammitglieder. Emily hatte sich aus dem Haus geschlichen. Heather war in ihrem Zimmer geblieben und für sie eingesprungen – falls ihre Eltern früh nach Hause gekommen wären.
    »Das hat mich die Polizei auch gefragt.« Seine Stimme klang fern, als würde ihm die schreckliche Nacht wieder einfallen, so wie Emily das oft passiert war. »Ich habe mich daran zu erinnern versucht, ob ich jemanden gesehen habe, aber ich konnte nicht erkennen, ob jemand in der Nachbarschaft herumlungerte. Dafür ist das Ganze zu schnell passiert.«
    »Aber Sie haben der Polizei doch gesagt, Sie hätten niemanden gesehen.« Sie brauchte es, dass er dies sagte. Brauchte diese Bestätigung. Wahrscheinlich war seine Erinnerung mit der Zeit verblasst. Emily erinnerte sich nicht einmal daran, ob er während der Gerichtsverhandlung ausgesagt hatte; obwohl sie keinen Moment davon hatte vergessen wollen. »Wurden Sie damals in den Zeugenstand gerufen?«

    »Ja, aber es war dunkel, Emily. Ich war mir unsicher, ob jemand auf dem Bürgersteig oder in einem der Gärten war. Ich war stinksauer auf dich und Megan, weil ihr meinen Briefkasten demoliert habt und dann einfach weitergefahren seid.«
    Emily lächelte ein wenig gequält. »Verstehe. Ich weiß zwar nicht, ob ich es schon gesagt habe, aber es tut uns leid.«
    Er tätschelte ihr die Schulter. »Ist keine große Sache, Emily. Ich wollte nur sichergehen, dass ihr Mädchen sicher nach Hause kommt – Megan war ja keine besonders gute Autofahrerin … Glaubst du, dass Clint Austin in jener Nacht einen Komplizen hatte?«
    Sie hätte wissen müssen, dass ihre Frage seine Neugier wecken würde. »Nein. War nur so eine Frage.« Er sah sie an wie ihre Eltern … betrat eine dieser Stufen, die Anteilnahme oder Sorge zum Ausdruck brachten. Das ertrug sie nicht. Sie musste hier raus, bevor er ihr mit Fragen und Ratschlägen kam. »Ich muss jetzt wirklich los.«
    Die Miene des Schulleiters wurde ernst, so ernst wie seine Stimme. »Weißt du, ich habe mich oft gefragt, ob ich hätte helfen können, wenn ich vorher vor deinem Elternhaus angehalten hätte, anstatt Megan zu folgen … Die Polizei anzurufen, nachdem ich die Schreie gehört hatte, hat einfach nicht gereicht.« Er schüttelte den Kopf, seufzte. »Aber wer hätte sich denn vorstellen können, was der Junge in jener Nacht vorhatte?«
    Emily wusste selbst nicht, wie sie in diesem Augenblick dem Drang, fortzulaufen, widerstehen und ihm die Hand schütteln konnte; aber sie schaffte es. »Das konnten Sie ja nicht wissen.« Sie deutete auf die Gedenktafel. »Danke, dass Sie sie mir gezeigt haben.«

    »Es hat mich wirklich gefreut, dich wiederzusehen, Emily. Du mußt im

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