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Wie ein boser Traum

Wie ein boser Traum

Titel: Wie ein boser Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Webb Debra
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Büro führte, warteten weitere Leibwächter. Keiner sagte ein Wort, als Clint an ihnen vorbeiging. Clint hatte ein Déjà-vu-Erlebnis, als er das Zimmer mit den vornehmen Samtsesseln sah vor dem breiten Mahagoni-Schreibtisch exakt in der Mitte des Raumes. Sid, der den erwarteten weißen Anzug trug und genauso aussah wie sein Daddy, saß auf demselben italienischen Lederstuhl, auf dem früher sein Vater gesessen hatte. Sly hatte immer gesagt, dass gute Immobilien unbezahlbar seien, Menschen hingegen, egal wie gottesfürchtig sie seien, nicht. Jeder hatte seinen Preis.
    Er starrte Clint einen Augenblick lang aus seinen kleinen schwarzen Knopfaugen an, die Finger der rechten Hand drehten geschäftig den Ring an der linken. Groß, Platin, mit einem dicken Edelstein mit dem Familienwappen
der Fairgates. Sly hatte genau so einen getragen. Dünnes braunes Haar, schmaleres Gesicht. Scharf geschnittene Nase. Die Fairgates waren nicht besonders ansehnlich, aber wer weiteratmen wollte, verkniff sich entsprechende Bemerkungen.
    Sid hielt die Finger ruhig, der Blick aus den schwarzen Knopfaugen wurde stechender. »Wie kannst du es wagen, herzukommen«, herrschte er Clint an. »Da kommst du gerade aus diesem Loch, in das man dich gesteckt hat, und glaubst, du könntest zu mir nach Hause kommen und mich bedrohen. Ich könnte dich umlegen, und es würde niemanden kümmern. Das ganze beschissene Kaff würde feiern.«
    Womit er vermutlich Recht hatte.
    »Dein Daddy war vieles, Sid, aber ein Feigling war er nicht.«
    Sid stand so schnell auf, dass der Stuhl nach hinten kippte und gegen das Büfett hinter ihm stieß. Er trat um den Schreibtisch herum und ging geradewegs auf Clint zu. »Bist immer noch ein ganz harter Kerl, was, Austin?« Er griff hinter sein Maßjackett und zog eine große schwarze Pistole hervor. »Seltsam, du machst mir gar keinen harten Eindruck mehr. Sag mal, wie konnte ein junger, hübscher Bursche wie du in diesem Gefängnis überleben, zusammen mit all den abgebrühten Knackis, die seit Jahrzehnten keine Frau mehr gesehen hatten?«
    Clint ließ sich die Wut nicht anmerken, die in ihm brodelte, sondern blieb äußerlich ganz ruhig, lächelte sogar. »Du bist garantiert nicht wirklich an meinem jüngsten gesellschaftlichen Leben interessiert.« Er legte bewusst den Kopf schief, um mit dem kleineren Sid Augenkontakt zu halten.

    »Verplemper nicht meine Zeit, Austin. Was willst du?«
    Komisch, aber dass man ihm fast elf Jahre seines Lebens gestohlen und verplempert hatte, hatte niemanden gekümmert.
    »Ich will mein Leben zurück, Sid«, sagte er ganz offen. »Dein Daddy hat es mir gestohlen, und ich bin gekommen, um es mir zurückzuholen.«
    Vom Kragen seines weißen Designerhemds stieg die dunkelste Färbung von Rot an Sids Hals hoch. Der geschlossene Mund zuckte zwei-, dreimal, dann spuckte er die Worte aus. »Leidest du unter Todessehnsucht, Austin?« Das Rot verdunkelte sich zum zornigen Lila. »Du kreuzt hier auf und entehrst das Andenken an meinen Vater! Du musst ja irre scharf darauf sein, deinem Schöpfer gegenüberzutreten.«
    Clint lachte. »Komm runter, Sid; du hast ihn genauso gehasst wie alle anderen. Ich wette, du hast eine Party gegeben, kaum dass er unter der Erde war – um dein Glück zu feiern.«
    Die Mündung der Waffe bohrte sich Clint in die Rippen. »Halt’s Maul. Oder ich blas dich um.«
    »Mach’s doch.« Clint richtete einen Blick auf ihn, in dem der Zorn und die Entschlossenheit, die in ihm aufflammten, eine unheilvolle Allianz miteinander eingingen. »Ich habe zehn Jahre in dem Scheißhaus verbracht, das man Gefängnis nennt. Ich bin schon so oft bewusstlos geschlagen worden, dass ich keinen Schmerz mehr spüre. Wenn du glaubst, dass mir die Vorstellung, von einem Arsch wie dir erschossen zu werden, Angst macht, dann hast du dich geschnitten; ich habe vor nichts Angst.«
    Langsam wich die Farbe aus Sids Gesicht; zurück blieb
eine Blässe, die zeigte, wie nervös er war. »Sag, was du willst, Austin. Ich hab zu tun.«
    Um Leute auszurauben , fügte Clint still für sich hinzu. »Dein Daddy hat mir damals einen Job verschafft, der, wie sich herausstellte, mein letzter war. Du kannst dich bestimmt noch daran erinnern.«
    Sid starrte ihn bloß an, zeigte auch nicht die leiseste Reaktion.
    »Er hat gelogen, als die Polizei ihn nach meinem Alibi gefragt hat.«
    Wieder zuckten Sids Mundwinkel. »Der alte Herr war ein zwanghafter Lügner, Austin; daran müsstest gerade du dich erinnern. Ich

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