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Wie ein boser Traum

Wie ein boser Traum

Titel: Wie ein boser Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Webb Debra
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…«
    Megans Gesichtsdruck zeigte Emily, dass sie nichts weiter sagen musste.
    Violet sagte wegwerfend: »Die hatte ich ja fast vergessen. Meine hab ich wohl verloren.« Sie warf Cathy einen eisigen Blick zu. »Und selbst wenn ich sie finden könnte … mir hat keiner gesagt, dass ich sie heute tragen soll.«
    Cathy tat die Stichelei mit einer Handbewegung ab. »Du hättest sie sowieso nicht getragen.«
    Die vierzig Zentimeter lange Kette hatte zwei Anhänger, einen Cheerleader und ein Megaphon. Die älteren Cheerleader hatten in jenem Jahr eine Halskette statt des traditionellen Armbands mit Anhänger bekommen. Damals schien die Kette allen so wichtig zu sein, denn sie war das Symbol dafür, dass etwas Neues begann, und begründete eine neue Tradition. Vielleicht wollten sie
alle auch einfach nur wie Justine sein. Sexy und schön. Sie hatte die Kette genauso stolz getragen wie alle Mädchen.
    »Und wie geht’s so in Birmingham?«, erkundigte sich die perfekte Violet mit einem strahlenden Lächeln und vergaß einen Moment lang ihre Verärgerung über Cathy.
    »Alles super«, log Emily. Sie würden die Wahrheit ja nie erfahren. »Ich bin nicht verheiratet, habe keine Kinder. Ich bin Abteilungsleiterin. Ich habe eine Wohnung in der Nähe meines Arbeitsplatzes.« Sie hoffte, das würde reichen, denn besser wurde es nicht.
    »Deine Mutter sagt, dass du in der Forschung arbeitest«, sagte Megan enthusiastisch. »Das muss ja wahnsinnig interessant sein.«
    Berichte, Akten. Oh, ja, sehr interessant. »Manchmal«, log Emily noch einmal. Sie bekam immer mehr Übung im Lügen, besonders darin, jene Menschen anzulügen, die ihr eigentlich etwas bedeuten sollten.
    »Ist es nicht eigenartig, dass letztlich kaum eine von uns das beruflich gemacht hat, was sie damals in der Schule vorhatte?«
    Damit hatte Cathy einen zentralen Punkt angesprochen. Nach jener Nacht hatte sich alles geändert. Sie alle hatten andere Wege eingeschlagen.
    »Das stimmt«, pflichtete Violet ihr in ihrem perfekten Stil à la Bree Van De Kamp aus Desperate Housewives bei. »Wenn ich mich recht erinnere, Cathy, dann wolltest du Rechtsanwältin werden.«
    »Und du wolltest einen reichen Mann heiraten«, gab Cathy zurück. »Dann hätte jedenfalls eine von uns bekommen, was sie wollte. Immerhin etwas«, fügte sie hinzu. »Dir wäre es am College ohnehin ganz fantastisch ergangen,
wenn man sich deine Durchschnittsnote im Abschlusszeugnis ansieht.«
    »Ich wollte Journalistin werden«, warf Megan ein und unterband damit die mit Sicherheit beleidigende Bemerkung, die Violet losgelassen hätte. »Ich habe einen geheiratet. Zählt das auch?«
    Ein anerkennendes Lächeln umspielte Emilys Lippen. Megan war immer sehr geschickt, wenn es darum ging, Ärger zu vermeiden.
    Violet lenkte die Aufmerksamkeit wieder auf Emily. »Du wolltest doch Medizin studieren, Emily, oder?«
    »Weiter als bis in die medizinische Forschung bin ich nicht gekommen«, bestätigte Emily und hoffte, nicht noch mehr neugierige Fragen abwehren zu müssen.
    »Aber eins muss ich einfach wissen«, sagte Cathy mit gedämpfter Stimme. »Wart ihr noch Jungfrau im letzten Schuljahr?«
    Dass sie Emily dabei direkt ansah, hätte sie warnen sollen.
    »Vor dem Abschlussjahr habe ich nur mit einem Typen geschlafen«, gestand Megan, ganz Vermittlerin. »Grady. Wir haben uns während der ganzen Schulzeit kein einziges Mal getrennt.«
    »Natürlich war sie noch Jungfrau«, sagte Violet vielsagend und ignorierte Megans Einlassung völlig. »Sie hatte darauf gewartet, dass Clint Austin sie flachlegt.«
    Emily verkniff sich eine Erwiderung und bemühte sich, den Schock zu überwinden, der sie durchfuhr. Das sollten ihre Freundinnen sein?
    »Viele Mädchen waren versessen auf ihn«, merkte Cathy an, ohne Emily die Möglichkeit zu geben, sich am Gespräch zu beteiligen. »Er war wirklich ein scharfer
Typ. Wenn ich nicht so heiß auf Mike gewesen wäre, hätte ich mich auch in ihn verlieben können.«
    »Er ist ein Mörder«, rief Emily ihnen in Erinnerung; die tiefe Enttäuschung hatte ihr die Zunge gelöst. Wie konnten diese Frauen, Heathers Freundinnen, auch nur irgendetwas Gutes über Austin sagen? Sie fühlte sich schuldig bei dem Gedanken, dass sie etwas für ihn empfunden hatte, was sie nicht hätte empfinden dürfen. Hätte sie doch nur den Mund gehalten!
    Violet und Cathy sahen einander an.
    »Was ist?« Emily war die unangenehme Wendung gründlich leid, die dieses zwanglose Mittagessen genommen

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