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Wie ein dunkler Fluch

Wie ein dunkler Fluch

Titel: Wie ein dunkler Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Webb
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versuchte ein Lächeln zu unterdrücken, aber als es ihr nicht gelang, hätte er sie am liebsten geschüttelt. »Der Galan einer Nachbarin hat etwas gesehen.«
    »Galan?«
    Grace nickte. »Mrs. Roberta Norris. Sie ist siebzig und Witwe. Horace Jackson ist ihr Freund. Als sie ihn heute Morgen angerufen hat, um ihm zu berichten, dass die Polizei sie befragt habe, hat er ihr erzählt, was er gesehen hat. Zu dem Zeitpunkt war ihm noch nicht bewusst, dass es etwas zu bedeuten hatte.«
    »Und das wäre …?«, soufflierte McBride, dem allmählich der Geduldsfaden riss.
    »Am Abend, als Mrs. Jones verschwand, ist Mr. Jackson vors Haus gegangen, um zu rauchen. Offenbar verbietet Mrs. Norris, dass im Hause geraucht wird.«
    Er konnte auf diese Seitenhiebe gut verzichten, aber er verstand, dass er Grace auf die Nerven ging. Wenn er bedachte, welche Taktik er ihr gegenüber bei jeder sich bietenden Gelegenheit anwendete, konnte er es ihr kaum verdenken. Aber was sollte er sagen? Er war auch nur ein Mensch. Das Leben ohne die Zuhilfenahme seiner üblichen Taktik erträglich zu machen war an sich schon eine Aufgabe. Für die er bislang noch keine Lösung gefunden hatte.

    »Mr. Jackson hat gehört, wie Mrs. Jones’ Garagentür aufging, und weil es nach Mitternacht war, ist er neugierig geworden. Als er um die Ecke des Hauses spähte, hat er gesehen, wie ihr Wagen von der Auffahrt fuhr. Hinter dem Steuer saß ein Mann mit Brille.«
    Schlagartig war McBride hellwach. »Hat er uns die Haarfarbe gegeben, ungefähres Alter? Sonst irgendwas?«
    »Nichts Spezielles. Er war nur sicher, dass es ein Mann war und dass er eine Brille trug … so eine altmodische mit Horngestell. Die Haarfarbe kann dunkel gewesen sein, aber das wusste er nicht genau.«
    »Ich fasse es nicht«, sagte McBride. » Er hat ihren Wagen gesteuert.« War damit zum Tatort und dann wieder zurückgefahren, um den eigenen Wagen zu holen. Dazu gehörte wirklich Chuzpe. Das änderte völlig, wie das Fahrzeug behandelt werden musste. Der Buick war vor Ort auf Fingerabdrücke und alle möglichen Spuren hin untersucht worden, aber das hier erforderte zusätzliche Analysen.
    McBride wandte sich zu Grace um. »Die Spurensicherung muss …«
    »Wird bereits erledigt. Der Wagen ist in diesen Minuten unterwegs zum Labor.«
    Zwanzig, dreißig Minuten. So lange dauerte es, um mit dem Auto vom Haus von Katherine Jones zum Gelände von Sloss Furnaces zu kommen. Die Rückfahrt war das Wichtige. Nachdem er die Frau aus dem Auto geladen, durchs Tor gefahren und im ausrangierten Gefrierschrank gefesselt hatte, musste er geschwitzt haben. Völlig verschwitzt gewesen sein, vielleicht eine Hautabschürfung oder eine Platzwunde davongetragen haben,
wenn er zu dem Zeitpunkt auch noch die Luftlöcher gebohrt hatte. Deshalb war es ziemlich wahrscheinlich, dass er DNA-Spuren hinterlassen hatte.
    Davis kam mit dem nachgefüllten Becher Kaffee zurück.
    »Wir haben ein paar zusätzliche Kriterien für Sie, Davis«, sagte McBride mit dem größten Enthusiasmus, den er an einem Tag wie diesem aufbringen konnte.
    Davis stellte den eigenen Becher auf den Tisch und schaltete seinen Laptop ein. »Lassen Sie mal hören.«
    »Männlich, über vierzig, mit einem sehr hohen IQ.«
    Der letzte Teil verblüffte Grace. »Wahrscheinlich intelligenter als der durchschnittliche Wiederholungstäter«, sagte sie, »aber ein IQ, der weit über dem Durchschnitt liegt – wie kommen Sie zu dieser Schlussfolgerung?«
    »Denken Sie darüber nach«, sagte McBride. »Er hat genau gewusst, wie lange es dauern wird, den Gefrierschrank mit Wasser zu füllen. Er hat es zeitlich genau so eingerichtet, dass wir die Frau retten konnten, so wie Alyssa Byrne.«
    »Das sind Vermutungen«, gab Grace zurück.
    »Wir haben die Frau kurz nach drei gefunden, als uns noch sieben Stunden Zeit blieben, beziehungsweise dreißig Prozent der Zeit, die er uns eingeräumt hat. Sie saß auf ihrem Hintern, auf dem Boden des Gefrierschranks, wobei ihr das Wasser bis zu den Schultern reichte. Rechnen Sie mal, Grace. Egal, wie man es auch betrachtet, der Mann hat genau gewusst, wie viel Zeit wir brauchen würden.«
    Sie dachte über McBrides Erklärung nach, wirkte nachdenklich. »Sie haben Recht. Er kannte den Zeitpunkt, an dem der Sarkophag, in dem Alyssa lag, wieder
versiegelt werden würde. Katherine Jones hat ausgesagt, dass Donnerstagabend der einzige Abend sei, an dem sie von ihrem regelmäßigen Tagesablauf, direkt nach Hause zu fahren,

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