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Wie ein Flügelschlag

Wie ein Flügelschlag

Titel: Wie ein Flügelschlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Wilke
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irgendwie beistehen.
    »Melanie schwimmt uns sowieso schon alle in Grund und
Boden.«
    »Tut sie das?« Er lächelte. Stolz sah er dabei aber nicht aus.
    »Was ist mit dir? Trainierst du viel? Von welchem Verein bist du
gekommen? Vielleicht kenne ich ihn ja? Es gibt nicht so viele
gute Vereine in dieser Gegend.«
    »Klaus, bitte.« Melanies Mutter flüsterte fast.
    Ihr Mann schien sie gar nicht zu hören. »Ah, jetzt weiß ich es
wieder!« Triumphierend spießte Wieland eine Olive mit seiner
Gabel auf. »Du bist das Mädchen mit dem Stipendium. Richtig?
« Er wandte sich an Mel. »Da kannst du mal sehen, dass
Geld auch Gutes bewirken kann. Solche Talente wie das deiner
Freundin müssen schließlich gefördert werden. Stimmt doch,
oder?«
    »Ja sicher, Papa.« Mel starrte auf ihren Teller.
    »Hast du einen Freund?« Mikas Meeresaugen waren direkt
auf mich gerichtet. Ich wusste gar nicht, wo ich hinschauen sollte.
    »Mika!« Wieland lachte. »Jana wird für Jungs überhaupt
keine Zeit haben. Setz ihr keine Flausen in den Kopf!«
    Ich sah auf und warf Mika einen dankbaren Blick zu. Auch
wenn mir seine Frage im ersten Moment unangenehm war,
spürte ich doch, dass er mir nur aus der Patsche helfen wollte.
Dann schüttelte ich den Kopf. »Bedaure, keinen Freund. Und
du?«, konterte ich.
    Mika war nicht so leicht aus der Fassung zu bringen. »An
jedem Finger eine«, sagte er. »Aber ich habe ja noch meine
Zehen.« Er grinste. Ich hatte das Gefühl, in seinen meerblauen
Augen zu versinken.
    »Was sind deine bevorzugten Disziplinen?«, riss Melanies
Vater das Gespräch wieder an sich.
    »Kraul und Schmetterling«, antwortete ich wahrheitsgemäß.
Aus dem Augenwinkel sah ich, wie Melanie in der Bewegung
innehielt.
    »Zeiten?«
    Ich nannte ihm meine aktuellen 100-Meter-Zeiten.
    »Alle Achtung!« Wieland griff nach der Flasche und schenkte
sich Wein nach. »Jetzt weiß ich auch, warum Melanie so wenig
von der Schule erzählt. Da hat sie ja wirklich echte Konkurrenz
bekommen.« Er lachte und nahm einen kräftigen Schluck.
»Das wird eine spannende Saison. Ich freue mich schon darauf,
dich schwimmen zu sehen.«
    Schnell warf ich Melanie einen Blick zu, aber sie starrte weiterhin
auf ihren Teller.
    »Mein Sohn und ich, wir begleiten Melanie oft zu ihren Wettkämpfen.
Bisher hatte sie immer leichtes Spiel, das wurde ja fast
langweilig. Aber jetzt«, er deutete mit der aufgespießten Olive
auf mich, »wirst du uns sicher ab und zu ein richtiges Rennen
bieten, oder?« Er zwinkerte mir zu und steckte sich die Olive in
den Mund.
    Bestürzt schaute ich Mika an. Das klang, als sei ich ein Hase,
den man ins Rennen schickt, damit die Hunde schneller laufen.
    »Warum hast du uns nie erzählt, dass du inzwischen so ernsthafte
Konkurrenz hast?« Wieland wandte sich an Melanie.
    Ich versuchte, die Situation zu retten. »Ich bin nicht wirklich
eine Konkurrenz für Ihre Tochter. Sie schwimmt viel besser als
ich, viel sauberer.« Das stimmte zwar so nicht, aber im Moment
wollte ich einfach nur, dass er Mel in Ruhe ließ.
    Wielands Augen fixierten mich, und plötzlich wusste ich,
warum Melanie es die ganze Zeit vermied, ihren Vater direkt anzusehen.
Unter seinem Blick fühlte ich mich wie ein Käfer, der
auf dem Rücken lag und nur darauf wartete, zertreten zu werden.
    Ich schaute auf meinen Teller vor mir, sah das angebissene
Brötchen und den kalten Braten darauf. Und ich sah die Hand
von Melanies Mutter neben mir. Ihre Finger klammerten sich
um das Wasserglas, als wollten sie es zerdrücken. Ihre Fingerknöchel
traten weiß hervor. Die Spannung in der Luft war fast
greifbar.
    Nur Wieland schien davon überhaupt nichts mitzubekommen.
»Wie findest du euren Trainer? Kommst du gut mit ihm
klar?«
    Was für eine Frage. Ich hatte ehrlich keine Ahnung, was ich
darauf antworten sollte, und zuckte mit den Schultern.
    »Ich komm schon klar. Er ist strenger als mein alter Trainer.
Aber der Erfolg gibt ihm ja auch recht.« Noch während ich das
sagte, fragte ich mich, warum ich Drexler jetzt schon das zweite
Mal in Schutz nahm. Im Grunde mochte ich ihn überhaupt
nicht. Aber bei ihm konnte ich schwimmen. Und solange er
mich in Ruhe ließ, war mir alles andere egal.
    »Ihr schwimmt inzwischen in einer Leistungsklasse, da ist
ein ordentlicher Trainingsaufbau wichtig. Die Trainer dürfen
keine Samthandschuhe mehr tragen. Das sage ich Melanie auch
immer.«
    Darauf wusste ich nichts zu erwidern. Ich hatte auch überhaupt
keine Lust mehr, mit Melanies Vater

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