Wie ein Fremder in der Nacht: Roman (German Edition)
zurückkehrte, blieb sie.
Ihre Wohnung im siebten Stock eines grauen Gebäudes in Manhattan war kahl und karg. Weiße Wände, Holzfußboden und ein prachtvoller, dunkler Teppich aus Nordafrika, den Marcus Dyer ihr aus Paris geschickt hatte. Sie wusste sofort, dass er hoffte, sich damit wieder in ihr Herz zu schleichen, ganz zu schweigen von ihrer New Yorker Wohnung. In ihrem Wohnzimmer, an einem Fenster mit Blick auf den Morningside Park stand nur ein einziges Möbelstück: ein Stutzflügel. Ein gebrauchter Steinway, der ein Abschiedsgeschenk ihres Liebhabers gewesen war.
An den meisten Abenden in ihrem blaugrauen New York City saß Mary Elizabeth an diesem Flügel. Sie spielte wieder Debussy und Chopin. Und sie machte erste Versuche, den Tasten ihre eigenen Lieder zu entlocken, ein wenig wie Blues, ein wenig wie die alten Kirchenlieder. Morgens zuckten und kribbelten ihre Finger wie Jahre zuvor in Berea. In jenem anderen Leben.
In Paris hatte sie angefangen, Briefe an Maze zu schreiben, Briefe, die sie nie abschickte. So kam es ihr leichter vor, aus der Distanz und in dem Wissen, später noch entscheiden zu können, ob sie sie schicken wollte. Sie schrieb über sich selbst, aber auch über ihre Mama, alles, was Clarisa Pool ihr erzählt hatte. Was ihre Mama gesehen hatte, wie ihr Leben am Schluss gewesen war. Und dass sie, Mary Elizabeth, sich einfach ferngehalten und getan hatte, als würde nichts von alledem passieren.
Was sie Maze zukommen ließ, war eine Karte mit ihrer neuen Adresse, gleich nachdem sie nach New York gezogen war. Daraufhin erhielt sie einen Brief voller Traurigkeit und Kummer. Daniel tot, Zwillingssöhne in einem Land geboren, das immer wieder seine jungen Männer in den Tod schickte. Es schien, als würde auch Maze sich irgendwie von ihr verabschieden. Und sie überraschte Mary Elizabeth, die Angst in ihrem Herzen bei der Vorstellung, Maze zu verlieren.
Als jener Brief ankam – an einem nassen Aprilmorgen, an dem der Duft des Frühlings unter dem aus dem Park aufsteigenden Dunst lag –, steckte Mary Elizabeth sämtliche Briefe, die sie in Paris geschrieben hatte, in einen Umschlag und schickte sie an Maze. »Es gab Dinge, die ich dir nicht erzählt habe, in Chicago und sogar damals in Berea«, schrieb sie auf einen Zettel, den sie an den dicken Stapel heftete. »Das bedaure ich jetzt.«
Sie vergaß, nach den Namen zu fragen, die Maze ihren Zwillingen gegeben hatte. Namen, die Maze, so hatte sie geschrieben, ausgesucht hatte, weil sie sie an Mary Elizabeth und sich selbst in jenem ersten Herbst in Berea erinnerten – an ihr jüngeres, freieres Ich. Pilgrim und Stranger hießen sie, Pilger und Fremder, und Mary Elizabeth fragte sich, welcher von beiden nach ihr benannt war.
Dank
Z u Anfang ein paar Worte über das echte Pleasant Hill und das echte Berea College: Zum Zeitpunkt der Restaurierung des Shaker-Dorfes in Pleasant Hill gab es keine überlebenden Shaker mehr, und allen Berichten zufolge und dem Erscheinungsbild dieses fantastischen Ortes nach zu urteilen wurden die Arbeiten liebevoll und mit großen Respekt für die Angehörigen der United Society of Believers in Christ’s Second Appearing durchgeführt. Das College in Berea hat sich erfrischend freimütig über seine Geschichte geäußert, einschließlich seines Verhaltens als Lehranstalt während der Jahre des Kentucky Day Law. Es ist ein College, das ich zutiefst bewundere, da es heute noch in den Überzeugungen und Prinzipien seines Gründers, des Sklavereigegners John Fee, wurzelt. Ich danke den Archivaren und Angestellten dieser beiden wunderschönen Einrichtungen, ganz besonders Shannon Wilson, Koordinatorin für Sondersammlungen und Archive in Berea, und Larrie Curry, Kuratorin in Pleasant Hill. Sie alle haben mir über die Jahre unermüdlich geholfen.
Dank schulde ich auch Jan Russell-Urbani und Peter Christine für ihre Vorführungen und Unterweisung im Weben. Virginia Wiles und Charles Rix danke ich für ihre Beratung in allem, was mit dem Klavier zu tun hat, sowie für einen wunderbaren Nachmittag mit Gesprächen und Charles’ hinreißendem Klavierspiel. Ted Morgan danke ich für seine Hilfe bei Daten und Fakten im Zusammenhang mit dem Vietnamkrieg. Mein herzlicher Dank gilt Gene Garber und Ursula Hegi für ihre beständige Unterstützung dieses Buches über viele Jahre hinweg, außerdem meiner Agentin Liv Blumer und meinem Lektor und Verleger von Unbridled Books, Fred Ramey, dass er mir gestattet hat, Maze und
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