Wie ein Hauch von Zauberblüten
brannte ab. Dessen ungeachtet, lief die Familie Luther nur noch bewaffnet herum und hatte sich, wie hundert andere einsame Farmer in dem weiten, unübersichtlichen Land, von Prusius mit Waren eindecken lassen. Das Farmhaus hatte dicke Bohlenläden bekommen, ein Steinwall schützte es rundum in einem Abstand von dreißig Metern. Dazwischen lag freies Land, ohne einen Baum, ohne Strauch, ohne Steine: ein kahles Schußfeld. Luther hatte es allen gesagt: Wer nachts über den Steinwall kommt und den kahlen Streifen betritt, wird ohne Warnung erschossen.
In den ersten Wochen stellte Luther Wachen auf, die ganze Nacht hindurch. Am Tag saßen auf einer Art Hochsitz in drei großen Akazien Beobachter, die mit dem Fernglas die Gegend überwachten. Was sich von weitem näherte, wurde gemeldet. Nicht nur Fahrzeuge oder Menschen, sondern auch Wildherden oder einsame, herumstreunende Hyänen, die nach Aas suchten.
Prusius, der dreimal mit seiner Cessna landete und Baumaterial, Konserven und Wassertanks brachte, aber auch Munition und zwei Schnellfeuergewehre israelischer Herkunft, wohl die besten, die zur Zeit zu bekommen waren, hielt diese geradezu kriegsmäßige Bewachung für übertrieben.
»Sie sind sicher, Emil!« sagte er mehr als einmal. »Glauben Sie mir: Dieser Ovambo war ein Schmuggler, kein Guerillero! Da kommt nichts mehr nach. Solche Unfälle gehören zum Berufsrisiko der Banden. Damit hat die SWAPO nichts zu tun.«
»Es geht darum, daß auf meiner Farm ein Schwarzer erschossen wurde«, entgegnete Luther. »Wer es auch war – es gibt genug Fanatiker, die so etwas zum Anlaß nehmen, den Patrioten zu spielen und im Töten von Weißen eine Heldentat zu sehen. Ich möchte mit meiner Familie auf keiner Ehrentafel stehen, – davon habe ich nichts. Denken Sie an die Mörder der Engfeldts in Kakuse!«
»Das waren SWAPO-Leute. Einwandfrei. Aber bei Ihnen hätte ich keine Sorge.«
Luther teilte diese Ansicht nicht und baute seine Farm weiter zur Festung aus. Daß Prusius jetzt sogar des Nachts unterwegs war, bestärkte ihn nur in seiner Vorsicht.
Am Abend vor dem Abflug nach Otjovasandu war Luba aufgeregt wie nie. Vor Dr. Oppermann zeigte sie das nicht, aber Pater Mooslachner bekam davon reichlich mit. Wie alle Frauen, die etwas Besonderes vorhaben, wurde sich Luba nicht einig, was sie an Kleidung mitnehmen sollte. Sie saß in ihrem Zimmer vor dem geöffneten Kleiderschrank, hatte fast alles, was sie besaß, auf dem Bett ausgebreitet, hatte sich manches Kleid vor den Leib gehalten und sich vor dem Spiegel gedreht, um es schließlich wieder zur Seite zu legen. Ahnungslos kam Mooslachner ins Zimmer. Er warf einen langen Blick auf die schicken Röcke, Blusen und engen Hosen, auf die zarte Unterwäsche und den Berg aller Utensilien, die eine Frau glaubt auf die Reise mitnehmen zu müssen.
»Alles wegwerfen!« sagte er und zeigte auf das überfüllte Bett. »Du gehst zu keiner Mißwahl, sondern in den wildesten Busch. Nimm den Khakianzug, derbe Stiefel, zwei Baumwollblusen, einen Schal, eine Strickjacke für den kühlen Abend – und damit Schluß! Von mir aus zieh die Spitzenhöschen an, die sieht doch keiner, und einem Elefantenbullen kannst du damit auch nicht verwehren, dich niederzutrampeln, wenn du auf seinem Wege stehst. Für den Flug reicht eine kleine Tasche. Hier ist Outjo, nicht Paris.«
Luba packte. Mooslachner schüttelte den Kopf, verzichtete auf weitere Ratschläge und ging hinaus. Er konnte es sich jedoch nicht verkneifen, Dr. Oppermann anzurufen.
»In welchem Hotel haben Sie eine Luxussuite gemietet?« fragte er. Oppermann starrte verblüfft den Telefonhörer an.
»Pater, gab es wieder bayerisches Bier?« fragte er zurück.
»Ich denke, Sie ziehen in ein Palasthotel? Luba jedenfalls packt ein, als ginge es zu einem Galadiner. Stellen Sie sich vor: Spitzenbesetzte zartviolette Schlüpferchen …«
»So etwas sollten Sie als Priester weder sehen noch überhaupt kennen!« Dr. Oppermann lachte, aber gleichzeitig spürte er einen heißen Druck in der Herzgegend. »Außerdem nimmt man ein Galaessen nicht nur in Spitzenhöschen ein!«
»Wie's auch sei, – ich wollte Ihnen nur verraten, daß Luba aus dem Häuschen ist. Wundern Sie sich nicht, wenn sie im Busch mit einem Abendkleid herumwandelt!«
»Warum nicht?« Dr. Oppermann lachte etwas hölzern. Er stellte sich Luba in einem tief dekolletierten Abendkleid vor, die langen schwarzen Haare, ihren lautlosen Gazellengang. »Ich würde ihr in diesem Fall das
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