Wie ein Hauch von Zauberblüten
dort nichts zu tun haben! Das ist die Sensation, die ich Ihnen bringe: Inmitten dieser perfekten Organisation lebt ein Medizinmann, Kobokobo heißt er. Für diesen Beruf ein noch verhältnismäßig junger Mann, ich schätze ihn auf Mitte Vierzig. Und dieser Kobokobo ist in der Lage, die Infektion zu heilen!«
»Unmöglich!« sagte Dr. Oppermann und hob die Augenbrauen. »Er tut nur so, er behauptet es! Wieviel Blinde laufen in dem Dorf herum?«
»Kein einziger!«
»Sie haben sie nicht gesehen!«
»Wir haben neben dem Dorf vier Tage lang unser Lager gehabt. Ich habe jeden gesehen. Entzündungen, eine Reihe Vereiterungen, das ja. Aber dann gingen die Infektionen zurück, und die Kranken behielten ihre Augen. Sie wurden nicht weggefressen, wie bei den anderen. Kobokobo hat eine Salbe entwickelt, die er den Infizierten auf die Augen pappt. Es ist ein Pflanzenbrei, der grün ist und nach Moschus duftet. Mit dem Brei auf den Augen laufen die Kranken zwei Wochen herum, das ist die einzige Zeit, in der sie blind sind. Dazu müssen sie einen Saft trinken, der Ihnen den Magen umdreht. Er stinkt nach Urin. Kobokobo hat die beiden Medikamente selbst entwickelt und verrät natürlich nicht, woraus sie sich zusammensetzen. Der Kerl spricht gelehrt von einer Kombinationstherapie! Stellen Sie sich das vor! Und der Erfolg ist sichtbar: Wenn die Kranken ihre Breibinden ablegen und genug von dem scheußlichen Saft getrunken haben, sind die Augen eiter- und entzündungsfrei!« Henrici machte eine Denkpause. »Nun sind Sie platt, was, Doktor?«
»Unglaublich!« Oppermann schüttelte den Kopf. »Das muß ich mir ansehen!«
»Das dachte ich mir auch. Ist es möglich, daß so ein Medizinmann mehr kann als eine milliardenschwere chemische Industrie?«
»Ja. Das ist durchaus möglich. Wir kennen noch lange nicht alle Geheimnisse der Natur. Immer wieder stoßen wir auf Überraschungen. Mit diesem Kobokobo muß ich sprechen.«
»Wann kommen Sie, Doktor?«
»Vielleicht schon morgen. Das läßt mir jetzt keine Ruhe mehr.«
»Ich schlage vor, Sie landen in Rundu. Dort erwarte ich Sie, steige bei Ihnen zu, und wir fliegen gemeinsam in das Musterdorf. Mit dem Häuptling habe ich so etwas wie Freundschaft geschlossen. Mir imponiert, wie er seinen Stamm in Trab hält und zeigt, daß man auch aus dem Buschleben etwas machen kann, wenn man praktisch denkt.«
Pater Mooslachner kam sofort zur Station, als Dr. Oppermann ihn anrief: »Wir fliegen morgen in den hohen Norden.«
Er hörte sich den Bericht von Kobokobo, dem Wundermann, an und rieb sich die Hände.
»Das wird eine Freude!« sagte er begeistert. »Der Kerl stellt eine Herausforderung dar. Ein Heidendorf mit einem Medizinmann, der wie ein Gott verehrt wird! Da gibt es für mich kein Zögern!«
»Pater, bitte nicht wieder ein Duell mit Termiten!« sagte Dr. Oppermann lachend. »Und lassen Sie Ihren Zauberkoffer zu Hause. Der imponiert dort nicht, soweit ich Henrici verstanden habe. Der Dorfchef hat jahrelang unter Weißen gelebt und gelernt, und Kobokobo spricht von Kombinationstherapie. Da kommen Sie nicht an mit rosa Nebeln aus einem Taschentuch, Eiern aus den Nasenlöchern und künstlichen Blumen aus einer Zeitungsrolle.«
»Wir werden es schaffen.« Mooslachner war in wahrer Kampfesstimmung. »Ich bin zu jedem Zweikampf bereit, wenn es um das Wort des Herrn geht. – Wann fliegen wir?«
»Das liegt bei Ihnen. Gott ist gekommen ist Ihr Flugzeug.«
»Um acht Uhr morgens?«
»Einverstanden.«
»Wer kommt mit?«
»Nur Sie und ich. Ab Rundu noch Henrici. Wir wollen nicht wie eine Heeresmacht dort einbrechen. Ich will mich zunächst nur davon überzeugen, ob dieser Kobokobo wirklich mit Saft und Salbe die Infektion beherrscht.« Oppermann sah den Pater unsicher an. »Stellen Sie sich vor, er könnte es wirklich! Dann würde ich meine gesamte Forschungsreihe abbrechen und mich nur um diese beiden Medikamente kümmern. Das könnte Millionen sparen. Ich weiß, daß außer mir noch ungefähr siebenhundert Chemiker, Biologen und Ärzte gegen diesen unbekannten Bazillus kämpfen. Das könnte man alles abblasen.«
»Lassen wir uns überraschen«, sagte Mooslachner fröhlich. »Ich kann es kaum erwarten; wollen wir nicht schon um sieben fliegen?«
»Abgemacht.«
Am Abend rief Dr. Oppermann Major Henrici in Kuringkuru an.
»Wir kommen. Der Pater und ich. Wenn alles gut geht, fliegen wir um sieben Uhr früh von Outjo ab.«
»Ich freue mich.« Henricis Stimme hatte einen leisen Beiklang
Weitere Kostenlose Bücher