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Wie ein Hauch von Zauberblüten

Wie ein Hauch von Zauberblüten

Titel: Wie ein Hauch von Zauberblüten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Der Boden riß auf und ließ die Glut der Sonne in die Tiefe fließen. Das Veld starb.
    Dr. Oppermann schleppte sich mit schweren Beinen voran. Der Schweiß lief an ihm herab, als seien seine Poren kleine Schleusen. Ab und zu blieb er stehen, atmete tief und ließ Luba aufrücken.
    »Geht es noch?« fragte er.
    »Ja, Liebling.« Sie lächelte ihn etwas mühsam an. »Wir kommen gut voran.«
    »Das Gepäck?«
    »Ich kann es tragen.«
    »Was ist los?« rief Mooslachner. Er trottete etwa zehn Meter hinter ihnen her und keuchte wie ein maroder Blasebalg. »Ab und zu Küßchen geben – muntert das auf?«
    »Kennen Sie Emil Zatopek?« fragte Oppermann.
    »Den tschechischen Wunderläufer? Aber ja.«
    »Wenn der lief, machte er Krach wie eine Lokomotive. Er prustete und keuchte und pfiff. Genau wie Sie, Pater.«
    »Was Sie da hören, ist das Ausdampfen von all den Pfeifen, Zigaretten und Zigarren, die ich inhaliert habe!« brummte Mooslachner. »Wenn wir wieder in Outjo sind, werde ich eine Lunge wie ein Jüngling haben!«
    Sie zogen weiter, wenn auch langsamer als bisher. Jeder Schritt wurde zur Qual, jedes Auftreten ließ die Hanfseile, an denen das Gepäck über ihren Schultern hing, tiefer in das Fleisch einschneiden. Oppermann klemmte die Daumen unter die Seile, hob sie beim Gehen etwas an, aber es half nur für ein paar hundert Meter, dann brannten ihm die Daumen, und das Blut staute sich, vom Druck abgeschnürt, im Handballen.
    Das hält Luba nicht durch, dachte er. Das hält sie nie durch! Vielleicht diesen Tag, sie ist zäh, sie will nicht nachgeben, aber noch fünf oder sechs oder zehn Tage? Unmöglich. Wir werden das Gepäck verringern müssen. Wegwerfen, was nicht unbedingt nötig ist. Was ist denn noch nötig? Die Gewehre, die Munition und die Wassersäcke. Sonst nichts! Verhungern werden wir nicht; wir müssen uns nur davor schützen, nicht zu verdursten.
    Vor ihnen lag das kahle, kaum bewachsene Land. Braungelber zerrissener Boden. Niedrige, verdorrte Dornbüsche. Und Stille. Kein Tier, nicht einmal ein Aasgeier. Wovon sollte er hier leben?
    Die Sonne brannte unbarmherzig. Keine Wolke am blaßblauen Himmel. Kein Luftzug. Keine Bewegung. Ein Land aus Blei.
    Wieder rasteten sie im mageren Schatten eines um sein Leben kämpfenden Busches. Aus Lubas Fellsack holten sie die Verpflegung und aßen ein wenig Kudubraten, ein Stück Vollkornbrot – Brotfabrik Schulte-Habermann, Münster, die Perle des Münsterlandes –, tranken eine Dose Bier, um Wasser zu sparen und das Gepäck zu verringern, und jeder knabberte einen Riegel Mokkaschokolade. Sie verspürten keinen Hunger, sie waren zu erschöpft, um richtig zu kauen und ließen das meiste im Mund aufweichen. Den Brei schluckten sie dann hinunter.
    »Wie spät ist es?« fragte Mooslachner. Er lag wie ein riesiger schwarzer Mistkäfer auf dem Rücken. Die Soutane hatte er von unten bis zu den Oberschenkeln aufgeknöpft, um besser gehen zu können. Oppermanns Vorschlag, das lästige Kleidungsstück ganz wegzuwerfen, scheiterte daran, daß Mooslachner darunter nur eine kurze Unterhose und ein dünnes Unterhemd trug.
    »Elf Uhr«, sagte Oppermann.
    »Jetzt wird Olutoni gemerkt haben, daß wir weg sind und einen ungeheuren Rabatz machen.«
    »Seine Suchtrupps werden uns nicht mehr einholen.« Luba goß den Rest ihres Bieres auf ein schmales Leinentuch und legte es sich auf die Stirn. »Vor ihm sind wir jetzt sicher.«
    »Wir sollten uns etwas überlegen.« Mooslachner hob den Kopf. »Da uns niemand mehr verfolgt, können wir uns die Zeit einteilen. In der Nacht, wenn es kühl ist, marschieren – am Tag ausruhen, soweit das möglich ist.«
    »Und was verlieren wir dabei?« fragte Oppermann.
    »Vielleicht drei Tage.«
    »Drei Tage können tödlich sein, wenn das Wasser ausgeht.«
    »Es darf eben nicht ausgehen. Noch sind unsere Körper voll Flüssigkeit. Und wir haben noch zwölf Säcke voll. Das muß reichen! In der Nacht brauchen wir weniger Wasser, und am Tag schlafen wir. Da kann man gut rationieren.«
    »Theoretisch. Wir werden uns vor Durst krümmen, wenn wir am Tag in der Sonne herumliegen.«
    »Versuchen wir es!« Auch Mooslachner deckte über sein Gesicht einen Lappen. »Ich werde versuchen, zu schlafen. Luba?«
    »Herr Pater?«
    »Du brauchst nicht zu laufen, bis du zusammenbrichst. Sag's vorher!«
    »Ich breche nicht zusammen!« sagte Luba mit fester Stimme. »Das ist mein Land, und mein Land kriegt mich nicht klein!«
    »In einem gebe ich Ihnen recht, Doktor.«

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