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Wie ein Hauch von Zauberblüten

Wie ein Hauch von Zauberblüten

Titel: Wie ein Hauch von Zauberblüten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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stehen?« flüsterte er.
    »Ja.«
    »Ganz sicher?«
    »Mein Vater hat es mir gesagt.«
    »Er weiß also doch, was wir vorhaben?«
    »Er ahnt es. Er ist zu stolz, um es auszusprechen. Er will sein Gewissen freihalten. Am Morgen wird er toben und seine Soldaten ausschicken. Da müssen wir weit weg sein.«
    »In zehn Tagen müssen wir es schaffen!« flüsterte Mooslachner hinter ihnen. »Vielleicht auch früher, wenn wir an die Straße von Grootfontein nach Rundu stoßen. Das heißt also: immer östlich gehen! Die Straße ist unsere Rettung!«
    Sie warteten und beobachteten das Lager. Der Affenfellsack mit dem Proviant, die Wassersäcke und das andere Gepäck drückten auf sie nieder, die Hanfseile schnitten in die Schultern. Schon jetzt, dachte Oppermann erschrocken. Wie wird es erst sein, wenn wir den dritten, vierten Tag im gnadenlosen Veld unterwegs sind. Wir werden Lubas Gepäck mittragen müssen; sie kann das gar nicht aushalten! Dieser Marsch durch die Einsamkeit, durch glühende Hitze und Dornbusch, ist ein Wahnsinn. Aber er ist auch die einzige Chance, die wir haben, wenn wir leben wollen.
    Im Lager war alles still. Das Hyänengeheul verzog sich, die hungrigen Tiere wanderten weiter, umkreisten in großer Entfernung das Lager, immer in der Hoffnung, daß irgendwo etwas für sie abfiel.
    Luba nickte. Sie glitt aus der Hütte, drückte sich in den Schatten der Flechtwand und huschte wie ein Schatten unter den riesigen Akazienbaum. Oppermann folgte ihr, dann tappte Pater Mooslachner als letzter aus der Hütte. Ein leises Klappern war zu hören. Mooslachner biß die Zähne zusammen und huschte zu Oppermann und Luba.
    »Was war das?« flüsterte Oppermann.
    »Nichts!« brummte Mooslachner.
    »Da hat was geklappert.«
    »Auf meinem Rücken. Kann ja vorkommen.«
    »Was hat da geklappert?«
    »Sie Inquisitor! Bierdosen.«
    »Sind Sie verrückt geworden, Pater?!«
    »Ich lasse doch kein Bier zurück!« knurrte Mooslachner.
    »Ich gehe voraus!« flüsterte Luba. »Achtet auf jeden trockenen Zweig! Das Knacken ist lauter als jede Tierstimme. Die Wachen haben feine Ohren.«
    »Ich kann das Liebeskreischen eines Pavianmännchens nachmachen«, sagte Mooslachner. »Das übertönt alles.«
    »Noch ein Wort, und ich lasse Sie zurück!« zischte Oppermann wütend. »Ich habe auch nur Nerven …«
    Vor ihnen glitt Luba lautlos, katzengleich, durch eine schmale Gasse im Dornbusch. Oppermann ging ihr nach. Mit den Augen tastete er den Boden ab, jeden Schritt setzte er zögernd, wartete beim Niedertreten angstvoll auf ein Knacken. Die Affenwache in den Bäumen wurde munter und begann zu pfeifen. Die Warnung für die große Familie auf den Ästen: Da unten bewegt sich etwas Großes, das in der Nacht nichts zu suchen hat.
    Oppermann blieb sofort stehen. Auch Luba verhielt den Schritt, sicherte wie ein Tier nach allen Seiten und hob die Hand. Vorsicht! Dieses Signal der Affen wird auch von den menschlichen Wachen verstanden. Oft ist die Warnung der Tiere der beste Schutz vor Überraschungen.
    Mooslachner stand dicht hinter Oppermann und hauchte ihm in den Nacken.
    »Wenn ich jetzt mein Affenmännchen kreischen lasse …«
    Oppermann zog die Schultern hoch, biß die Zähne zusammen und blickte auf Luba. Sie ging vorsichtig weiter, winkte und blieb wieder stehen. Oppermann rückte zu ihr auf. Mooslachner folgte wie ein tanzender Bär.
    »Siehst du die Buschgruppe da drüben?« flüsterte Luba. Oppermann nickte. »Da sitzt eine Wache. Wir müssen links an ihr vorbei, da ist ein schmaler Pad. Da können wir nur kriechen.«
    Sie legten sich auf den Boden, warteten, bis sich die Affen etwas beruhigt hatten, und krochen dann Meter um Meter weiter. Die Schleifgeräusche wurden übertönt vom Gesang der Ochsenfrösche, die in einem Tümpel rechts von ihnen ihre knarrenden Laute ausstießen. Mooslachner kroch zu Oppermann heran und beobachtete mit ihm, wie Luba den Weg vor ihnen erkundete.
    »Die lieben Frösche!« flüsterte Mooslachner. »Ich werde nie mehr in meinem Leben Froschschenkel essen …«
    »Ich erschlage Sie noch!« flüsterte Oppermann zurück.
    Luba hob die Hand. Der Weg war frei.
    Vor ihnen lag die Freiheit. Aber vor ihnen lagen auch dreihundert Kilometer ausgedörrtes, wasserloses, fast unüberwindbares Dornenland.
    Fast eine Stunde dauerte es, bis sie die Wachtposten überlistet und hinter sich gelassen hatten, flach auf dem Bauch kriechend, wie eine Echse, ganz langsam, Zentimeter um Zentimeter, auf völlige Lautlosigkeit

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