Wie ein Hauch von Zauberblüten
gab, hat Papa dann verbrannt. Jeder, der sie sah, war hingerissen von ihr, und ich habe oft gehört, wie Männer und auch Frauen, die uns besuchten, zu ihr sagten: ›Wollen Sie hier immer bleiben? Eine Frau wie Sie? Hier im Busch versauern? Bei Straußenzucht? Magdalena – wie konnten Sie so einen Schritt tun?!‹ – Sie hieß auch Magdalena; Papa hat mich nach ihr taufen lassen. ›Deine Mama soll unsterblich sein!‹ hat er einmal zu mir gesagt, als ich in Windhoek auf die Oberschule ging. ›Wenn du einmal heiratest und bekommst eine Tochter, dann muß sie auch Magdalena heißen, versprich es mir!‹ Und ich habe es ihm versprochen. Er hat sich mit seinem Taschenmesser in den Finger geschnitten, ich habe sein Blut getrunken und gesagt: ›Ich schwöre es, Papa!‹ – So schön muß Mama gewesen sein! Und plötzlich war sie tot. Man fand sie im Busch neben ihrem Pferd, das wie zur Wache bei ihr stand und sich nicht rührte. Papas Arbeiter trugen sie in einer Zeltplane zurück zur Farm und legten sie Papa zu Füßen. Ich habe sie nicht gesehen, man hat es mir nachher nur erzählt. Ihr schönes Gesicht war bis zur Unkenntlichkeit zerfetzt, ihr herrlicher Körper an vielen Stellen zerrissen. Ein Leopard, sagte Papa, hat Mama geschlagen. Ein großer, ganz großer, kräftiger Leopard. Er muß gestört worden sein, denn er hat Mama nicht mitgeschleppt oder angefressen, er hat sie nur getötet und zerfetzt.
Auf die Farm kam eine Kommission. Polizei, Beamte, sogar Militär. Mama wurde in Windhoek untersucht, die Polizei wollte es so. Und dann wurde sie begraben, aber Papa und ich waren nicht dabei. ›Was da in die Erde kommt, ist nicht mehr Mama!‹ sagte Papa zu mir. ›Mama lebt in uns weiter, in mir, in meinem Herzen, das nie aufhören wird, zu bluten, und in dir, Luba Magdalena, denn du wirst einmal aussehen wie deine Mama.‹ Und dann gab er mir den Ring mit dem großen Stein und sagte: ›Ich habe ihn deiner Mama zur Hochzeit gegeben. Es war damals alles, was ich hatte. Ich habe ihn selbst gefunden im Niemandsland, habe ihn in Johannesburg schleifen und fassen lassen. Gib ihn nie her!‹
Zwei Monate später verkaufte er die Straußenfarm an einen Mann, der aus Kapstadt kam, legte das Geld auf die Bank, beauftragte einen Rechtsanwalt mit der Verwaltung und gab mich in ein Internat nach Windhoek. ›Du wirst die beste Ausbildung erhalten!‹ sagte Papa. ›Du wirst keine Sorgen haben! Aber arbeiten mußt du! Auch Mama hat immer nur gearbeitet, für dich, für mich, für die anderen Leute, für die Farm. Ohne Arbeit kann man nicht leben. Nicht in unserem Land! Und was auch kommt, Luba, denk immer an Mama …‹ – So war das damals, vor fast zwölf Jahren. Ich bin zu dem Stein gekommen, weil ein Leopard Mama zerriß.«
»Dein Vater war ein kluger Mann!« sagte Pater Mooslachner. »Der Klotz ist also echt. Weißt du, was du da am Finger mit dir rumschleppst?«
»Ja …« antwortete sie zögernd.
»Ein komplettes Vermögen. Dafür – ach was, für viel weniger! – sind schon eine Menge Menschen umgebracht worden.«
»Man müßte mich auch töten, um an den Ring heranzukommen!« sagte Luba ruhig.
»Und eines schlimmen Tages wird man das auch tun, wenn du nicht … Hat dich denn wirklich noch keiner wegen des Ringes angesprochen?«
»Viele. Aber die Schwarzen glauben, daß es Bergkristall ist, und die Weißen trauen mir nicht zu, daß ich so einen Stein habe.«
»Trotzdem! In Outjo legen wir den Ring in meinen Tresor.«
»Nein!« Das klang hart und endgültig. Pater Mooslachner griff wieder zu seiner Wasserflasche. Er nahm einen langen Schluck; beinahe wäre er mit einem entgegenkommenden Jeep zusammengestoßen.
»Traust du einem Pater zu, daß er dich beklaut?«
»Ich weiß nicht …«
»Warum nicht? Du bist ein kluges Mädchen. Unstreitbar waren es meine Amtskollegen, die zuließen, daß man Völker wie die Inkas und Azteken, die Mayas und andere Stämme ausrottete, nur um an ihre Schätze zu kommen. Heute macht einem das die Kirchensteuer viel leichter. Aber ich verspreche dir, eine Ausnahme zu sein: Ich lege den Ring sicher in meinen Tresor, und wenn du ihn tragen willst, bin ich dabei! Du ahnst ja gar nicht, meine Tochter, was alles passieren kann.«
»Mein Vater will es nicht!« sagte sie. »Nur sein Wort gilt!«
»Lebt dein Vater noch?«
»Ja.«
»Wo lebt er? Ich werde mit ihm sprechen!«
»Das ist unmöglich.«
Mooslachner wandte den Kopf zu Luba und wurde sehr ernst. »Wir werden jetzt
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