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Wie ein Hauch von Zauberblüten

Wie ein Hauch von Zauberblüten

Titel: Wie ein Hauch von Zauberblüten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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das Land fiel. Sie war allein, hatte beim Bäcker, beim Metzger und im Supermarkt eingekauft. An beiden Armen hingen große Plastiktaschen. Sie hatte schwer zu tragen, das sah man.
    Prusius, der sie von weitem entdeckt hatte, lief ihr nach, überholte sie und stellte sich ihr in den Weg. Bis zur Mission waren es noch gut zweihundert Meter, ein sandiger Weg zwischen Tamarisken und Dornbüschen.
    »Es ist unerhört«, sagte Prusius mit gewinnendem Lächeln, »daß man dich wie einen Lastesel herumlaufen läßt! Gib die Tüten her, ich helfe dir.«
    Luba schüttelte den Kopf. Ihre Haltung drückte nichts als Abwehr aus. So kann nur ein Kaffer dastehen, dachte Prusius wütend und atmete schneller. So voller Hochmut: Wer bist du denn, Weißer? Unser Herr? Das hier ist Namibia, unser Land! – Das drückte ihre Haltung aus!
    »Ich bin stark genug!« sagte Luba kühl. »Ich brauche dich nicht.«
    »Ach, sind wir schon so vertraut miteinander?«
    »Du hast mich auch geduzt.«
    »Welch ein stolzes Fräulein!« Prusius wollte nach einem der Plastikbeutel greifen. Luba trat einen Schritt zurück. »Ich mag junge Damen, die mit der Maske der Unnahbarkeit herumlaufen. Reißt man allerdings die Maske herunter, kommt fast immer das Bild entfesselter Leidenschaften zum Vorschein.« Prusius gluckste. »Das ist schön blöd ausgedrückt, nicht wahr? Sagen wir es klarer: Auch du läßt nichts in der Gegend stehen!«
    »Ich möchte weitergehen!« sagte Luba kalt. »Sie sind mir im Wege.«
    »Und ich bleibe hier stehen!« rief Prusius angriffsfreudig. »Du wirst dich wundern, wie oft ich dir noch im Wege stehen werde!«
    »Soll ich Sie umrennen?« fragte sie ruhig.
    »Du – mich? Das ist ein Witz!« Prusius lachte. Es klang gefährlich. Die Muskeln seines stämmigen Körpers strafften sich, die Adern an seinem Hals schwollen an. »Wo ein Prusius steht, kommt kein Kaffer vorbei, und wenn er sich zur Termite verwandelt!«
    Luba ging weiter, wollte an ihm vorbei, aber Prusius machte das Spiel mit. Wieder lachte er auf seine unangenehme Art, sprang vor ihr hin und her, bis sie zusammenstießen. Darauf hatte er gewartet. Blitzschnell warf er die Arme vor und umarmte das Mädchen. Und ebenso schnell spürte er mit maßlosem Erstaunen, wie er den Boden unter den Füßen verlor, für den Bruchteil einer Sekunde schwebte, in der Luft hing, schwerelos … Dann kippte er um, fiel seitlich auf die festgestampfte Sandpiste und wirbelte eine kleine Staubwolke hoch.
    Das Unwahrscheinliche war geschehen: Prusius, der immer Aufrechte, lag im Dreck. Niedergeworfen von einer Coloured. Lächerlich gemacht von einem Weibsbild. Gedemütigt von einem Ovambomischling! Zwar waren sie allein, niemand stand in der Nähe, keiner hatte den Fall des großen Prusius gesehen, die Nacht war bereits blauschattig über das Land gebreitet, aber die Tatsache, daß Prusius im Straßenstaub lag, auf dem Rücken, wie ein umgedrehter Käfer, war nicht zu leugnen.
    Ohne noch einen Blick auf ihn zu werfen, ging Luba weiter: in ihren engen Jeans, mit hochsohligen Schuhen, lautlos, gazellenhaft, bei jedem Schritt in unbewußter Anmut federnd und wiegend.
    Prusius erhob sich wortlos und starrte ihr nach. Er klopfte den Sand aus seinem Anzug, zog das Jackett straff und blieb mitten auf dem Weg stehen, bis Luba nach rechts abbog in die Feigenbaum-Allee, die zur Mission führte.
    »Du Luder!« sagte Prusius verkniffen, als er sie nicht mehr sah. »Auch du spuckst nicht drauf! Früher hätte man dich ausgepeitscht … Ich mache was anderes mit dir! Diesen Judogriff wirst du mir bezahlen!«
    Drei Tage danach fuhr Dr. Oppermann mit Urulele nach Norden zur Etoscha-Pfanne. Aus Okaukuejo, dem großen Wildhüterlager, dem Eingang zum riesigen Wildreservat, waren alarmierende Nachrichten gekommen. Im für alle Besucher gesperrten westlichen Teil, bei den Salzseen von Okahakana, an der Grenze zum Ovamboland, war plötzlich die schreckliche Augenkrankheit aufgetaucht. Wildhüter, die hier den Bestand an Geparden und Nashörnern zählten, trafen auf nomadisierende Ovambos. An drei Wasserstellen hatten sie ihre transportablen Krale aufgestellt. Sie verkrochen sich sofort, als die beiden Lastwagen der Wildhüter auftauchten. Da sie nicht aus ihren Behausungen hervorkamen, schleifte man sie mit Gewalt ans Licht und registrierte sie.
    Es waren dreiundvierzig Männer, neununddreißig Frauen und vierundsechzig Kinder. Sieben Männer, vierzehn Frauen und neunundzwanzig Kinder waren krank.
    Ihre Augen

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