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Wie ein Hauch von Zauberblüten

Wie ein Hauch von Zauberblüten

Titel: Wie ein Hauch von Zauberblüten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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sagte zu mir: ›Na, Alter, dann bete mal schön! Da ist nichts zu machen. Du hast einen Tumor im Knochen und eine Reihe Metastasen. Wie soll ich dir das erklären?‹ – Ich habe ihm gesagt, was ich bin! Und dann sagte er noch: ›Wenn die Schmerzen zu groß werden, beiß in Steine oder renne dir den Schädel ein. Wo du lebst, kommt ja kein Morphin hin!‹ – Aber merkwürdig: Ich habe nie Schmerzen! Nur ein lahmes Gefühl im Bein. Manchmal ist es, als hänge es leblos an mir herum.«
    »Ich werde Sie nach Windhoek bringen, das verspreche ich Ihnen.«
    »Wozu, Sir?« Die Mumie lächelte wieder und trank den Becher leer. »Amputieren? Mich noch amputieren? Und die anderen Metastasen? Der Aufwand lohnt nicht mehr … Aber ich bin froh, daß ich Sie noch getroffen habe. Sie haben mir nicht die Achtung meines Stammes genommen.«
    Fünf Minuten später, nachdem er schweigend in die Nacht und hinüber zu den Feuern im Kral gestarrt hatte, fiel der Alte vom Stuhl. Urulele trug ihn weg wie ein altes Bündel Kleider, legte ihn auf ein Feldbett und deckte ihn zu.
    »Er ist sinnlos betrunken, Doktor!« sagte Urulele geringschätzig. »Was wird nun?«
    »Wir behandeln morgen die Kranken, bis wir durch sind, und bleiben solange hier, bis man sie abtransportiert hat. Wir können sie hier doch nicht verrecken lassen!«
    Sie aßen kaltes Kudufleisch, Brot und eingemachtes Obst. Trotz des langen schweren Tages hatten sie kaum Hunger. Die Erschöpfung überdeckte das Hungergefühl.
    Trotzdem setzte sich Dr. Oppermann noch an sein Funkgerät und rief Okaukuejo. Eine fremde Stimme meldete sich. Sie nannte sich Erasmus van Dehlen, Regierungs-Inspekteur für die Reservate. »Nein«, sagte diese Stimme. »Jack Bostel ist nicht hier. Er hat seinen freien Tag und besucht einen Freund in Namutoni. Aber es freut mich, Sie zu hören, Doktor. Ich bin gestern angekommen. Man hört ja Wunderdinge von Ihnen, von Windhoek bis Rundu!« Erasmus van Dehlen schien gut aufgelegt. »Wo drückt der Schuh?«
    »Ich brauche entweder fünf Lastwagen oder drei Busse nach Okahakana.«
    »Das müssen Sie mir erklären.«
    »Der gesamte Nomadenstamm – Sie wissen, worum es sich handelt – muß sofort unter ärztliche Kontrolle! Die Lage hier ist trostlos!«
    »Sie wollen ein ganzes Dorf verfrachten?«
    »Ja!«
    »Das ist unmöglich.«
    »Wieso sind fünf Lastwagen unmöglich? Sie stehen in Okaukuejo herum!«
    »Es ist unmöglich, weil eine solche Umsiedlung nicht von hier aus entschieden werden kann. Das muß Windhoek entscheiden, das Kommissariat für die Reservationen.«
    »Ich will keine Völkerwanderung inszenieren«, rief Dr. Oppermann scharf, »ich will Kranke retten!«
    »Eine solche Massenverlegung muß die Gesundheitskommission entscheiden, Doktor. Wir sind ein intakter Staat!«
    »Bis zu dieser Entscheidung können Monate vergehen!«
    »Unter Umständen …«
    »Bis dahin sind die Kranken verreckt! Oder steht man auf dem Standpunkt: Es sind ja nur Kaffern! Ein paar mehr oder weniger, das fällt gar nicht auf? Das schadet auch keinem?«
    »Ich bitte Sie«, sagte der Inspekteur, sehr von oben herab, »nicht in diesem Ton mit mir zu sprechen.«
    »Bekomme ich die Lastwagen oder Busse – oder nicht?!«
    »Hier in Okaukuejo kann niemand darüber entscheiden! Du lieber Gott, kann man die Kranken denn nicht an Ort und Stelle behandeln?«
    »Nein!«
    »Das sagen Sie!«
    »Können Sie einen Knochenkrebs zwischen Dornbüschen und Feigenbäumen behandeln? Oder Tuberkulose? Oder Milztumoren als Folge von Typhus, Sepsis und Malaria? Oder … oder … oder … Herr van Dehlen: Auch Kaffern sind Menschen! Ihre Tumorschmerzen sind nicht anders als weiße Tumorschmerzen!«
    »In diesem Stil rede ich nicht mit Ihnen!« sagte Erasmus van Dehlen wütend. »Wie komme ich dazu, mich von Ihnen ankotzen zu lassen?! Gehen Sie den üblichen Antragsweg, wenn Sie solchen Blödsinn machen wollen. Einen ganzen Stamm in Krankenhausbetten zu legen! Verrückt! Ende!«
    Die Funkverbindung nach Okaukuejo brach ab. Dr. Oppermann riß die Kopfhörer ab und warf sie in eine Ecke. Urulele sah ihn mit großen runden Augen an. Er wußte, auch wenn er nicht mitgehört hatte, was man dem Doktor gesagt hatte. Er hatte es vorher gewußt.
    »Dann machen wir es anders!« sagte Dr. Oppermann und ballte die Fäuste. »Was eine rettende Luftbrücke ist, haben wir Deutschen in Berlin erlebt. Hier machen wir eine Landbrücke! Ich werde die Kranken mit unserem Landrover wegbringen. Und wenn ich

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