Wie ein Hauch von Zauberblüten
Radioapparat, Spezialdiät …« Bostel blickte Oppermann an, als habe er in Gegenwart von Luba einen schweinischen Witz erzählt. »Man wird Ihnen einen guten Psychiater vorschlagen. Überlegen Sie mal …«
»Ich überlege nicht«, sagte Dr. Oppermann kühl. »Ich sehe nur Kranke, die Hilfe brauchen. Ob die Haut weiß ist oder schwarz, rot oder gelb, die Krankheit ist die gleiche. Es sind Menschen, und wenn sie im Grab verfaulen, sehen sie auch alle gleich aus!«
»Amen!« Pater Mooslachner griff zur dritten Büchse Bier und riß sie auf. »Wann laden wir ein?«
»Heute nicht mehr. Morgen in der Frühe.« Oppermann nickte zum Kral hinüber. »Dort ist alles bereit. Wären Sie nicht gekommen, Jack, hätte der Abtransport auch ohne Sie begonnen. Mit meinem Landrover. Immer fünfundzwanzig Mann – hin und her. Verlassen Sie sich drauf: Ich hätte es geschafft! Ich kann ein sagenhaft sturer Hund sein!«
»Das glaubt Ihnen jeder!« sagte Bostel und hob seine Bierbüchse. »Prost, Sie Buschschrecken!«
Ich liebe ihn, dachte Luba. Oh, weiter Himmel, oh, im Abend versinkende Sonne, oh, unendliches Land: Ich liebe ihn! Ich weiß nicht, wie das werden soll … Aber ich liebe ihn.
Sie saß auf dem Klappstuhl, trank aus einem Pappbecher ihr Bier und schauderte zusammen, wenn Dr. Oppermann sie ansah und ihr zulächelte.
Es war eine Sensation, als die drei Busse mit den kranken Nomaden in Outjo einfuhren. Die Menschen, meist Farbige, standen am Straßenrand, ein zufällig anwesender Fotoreporter machte Aufnahmen, und Prusius sagte am Stammtisch im Hotel ›Deutsches Haus‹: »Der Bursche tut mir ehrlich leid. Er will mit dem bloßen Schädel unverrückbare Mauern einrennen! Da sind in hundertfünfzig Jahren schon andere gescheitert!«
In Otjivarongo, der wichtigsten und modernsten Distriktstadt des Nordens mit ihren über 7.000 Einwohnern, davon 2.000 Weiße – in diesem Eisenbahnknotenpunkt am Fuße der Waterberge, dem Mittelpunkt eines riesigen Maisanbaugebietes, nur 71 Kilometer von Outjo entfernt, sagte man nüchtern:
»Soll er nur kommen, der Spinner!«
Aber Dr. Oppermann blieb zunächst in Outjo.
Die Sache mit den drei Bussen aber schlug hohe Wellen, bis hinunter nach Windhoek. Sogar der Bischof in Johannesburg wurde verständigt, aber der sagte klug: »Ich kann da weder intervenieren noch tadeln. Ich bin ein Vertreter der Amtskirche. Pater Mooslachner aber gehört dem Orden ›Mission Maria Tränen‹ an. Man müßte also den General des Ordens verständigen.«
Der aber residierte in Rom, und das war weit weg, auf jeden Fall zu weit für einen schnellen, wirkungsvollen Protest. Was nämlich innerhalb von zwei Tagen geschah, erregte die Gemüter derart, daß Pater Mooslachner eine Reihe anonymer Anrufe erhielt, deren mildester war: »Du Judas im schwarzen Rock! Auch dich überleben wir!«
Wie Jack Bostel gesagt hatte: In Okaukuejo endete seine Kompetenz. Zwei Tage hockten die Kranken, außerhalb des für die Touristen gebauten Lagers mit seinem Restaurant, den sauberen kleinen Appartementhäuschen, Rondawels genannt, den langgestreckten Zimmerbaracken aus gekalktem Mauerwerk und den einfacheren Zelten, in einem abseits gelegenen Gelände. Hier lebten die Familien um ihre Feuer, schliefen in alten Zelten, die die Verwaltung herausgerückt hatte, und warteten, wie es weitergehen sollte.
»Sie werden keinen Busunternehmer finden«, sagte Bostel, »der Ihnen diese Kranken abtransportiert. Machen Sie einen Versuch, rufen Sie in Outjo oder Otjivarongo an, bitten Sie die Sanitätsstationen oder die Krankentransporter – die Antwort wird immer die gleiche sein. Sieht man mal von den üblichen Reihenuntersuchungen und der Betreuung der Dörfer durch Ärzte mit Klinikbussen ab, dann sind Sie tatsächlich der erste, der einen Massentransport ankurbeln will. Hinzu kommt, daß man Ihnen jetzt die Zähne zeigen wird. Sie glauben nicht, wie schnell, trotz der großen Entfernungen, die Informationen bis in die letzte Ecke des Landes gelangen. Das wird von einer Farm zur anderen telefoniert oder gefunkt. Die interne behördliche Information ist sogar blitzschnell. Den Namen Oppermann schreibt man jetzt schon mit Rotstift!«
Oppermann verzichtete daraufhin auf seine Anrufe in Outjo oder Otjivarongo. Wieder tauchte der Plan auf, die Kranken in Gruppen mit den Landrovern nach Outjo zu bringen. Das waren nur noch 117 Kilometer über den staubigen Geröllpfad. Man konnte an einem Tag also zwei Fuhren machen und dann vor
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