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Wie ein Hauch von Zauberblüten

Wie ein Hauch von Zauberblüten

Titel: Wie ein Hauch von Zauberblüten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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stotterte er und starrte Mooslachner mit einem geradezu irren Blick an. »Wann denn? Wo? Wie konnte das passieren? Warum bist du allein ausgegangen? Luba – so sag doch etwas!« Er streichelte ihre Haare, preßte ihren Kopf an sich und spürte, wie ein Vernichtungsdrang in ihm aufstieg, der ihn erschreckte und gleichzeitig erfreute. Ihm war nicht bewußt, daß er Luba duzte, daß er sie zärtlich umfaßte, daß sie ganz hingegeben in seinen Armen hing … Er wußte nur eins: Der Feind hatte den Angriff eröffnet. Der Kampf ums Überleben hatte begonnen.
    »Wer?« fragte er tonlos. »Wer war es?«
    »Gestern kam alles zusammen«, sagte Pater Mooslachner, Bitterkeit in der Stimme. »Wir waren alle unterwegs oder beschäftigt, und Luba mußte zur Apotheke. Das muß der Sauhund beobachtet haben.«
    »Wer?« fragte Oppermann heiser.
    »Wenn wir das wüßten, hätte ich längst Gott um Vergebung im voraus gebeten und hätte mich mit Knüppel und Pistole auf den Weg gemacht. Aber Luba hat ihn nicht erkannt. Es war dunkel, der Überfall kam so plötzlich, der Kerl hat ihr einen Jutesack über den Kopf gezogen, die Bluse heruntergerissen …«
    »Luba!« stöhnte Oppermann und streichelte ihr Haar. »Mein Gott – Luba …«
    »Weiter ist er nicht gekommen. Sie hat sich gewehrt wie eine Pantherin. Natürlich habe ich mir den Jutesack genau angesehen. Er stammt von Ehrbracht & Hoffmannsfeld. Landprodukte en gros. Otjivarongo. Von solchen Säcken liegen hier Hunderte herum. Fast jeder bezieht was von Ehrbracht & Hoffmannsfeld oder füllt in diese Säcke ab, um sie später an die Firma zurückzugeben zum Weiterverkauf. Das ist also keine brauchbare Spur. Aber …« Mooslachner griff in die Tasche, holte eine alte verbeulte Tabakdose heraus und legte sie auf den Tisch. Oppermann starrte sie schweratmend an. »Dieser Saukerl hat sich verletzt. Er hat geblutet wie abgestochen. Einen einzigen Moment, als der Sack kurz über ihr Gesicht nach oben rutschte, hat Luba instinktmäßig ausgenutzt. Wie eine Wildkatze hat sie zugebissen. Und nicht nur das. Sie hat mit den Zähnen ein Stück herausgerissen. Mit dem Fleischstück im Mund ist sie nach Hause gerannt. Sie hat es mitgebracht und mir auf den Tisch gelegt.« Mooslachner ließ den Deckel der Tabakdose aufspringen. »Hier ist es. Ich habe es abgespült: Es ist – weißes Fleisch …«
    Für einige Sekunden herrschte quälende Stille. Oppermann löste sich von Luba, ging zum Tisch, hob die Dose hoch und blickte hinein. Als er den Deckel zuschnappen ließ, schrak sogar Mooslachner zusammen. Mit einer automatenhaften Bewegung steckte Oppermann die Dose in seine Hosentasche. Mit ebenso hölzernen Bewegungen zog er den Arztkittel aus und knöpfte das bis zum Gürtel offene Hemd korrekt zu.
    Ich begreife jetzt, daß man ohne Reue töten kann, dachte er. Ich verstehe völlig, warum ein Mörder sagen kann: Ich würde es wieder tun! Kein Staatsanwalt, kein Richter würde das gelten lassen; das Leben des Menschen ist unantastbar. So steht es im Gesetz. Das ist der Grundpfeiler unserer Moral. Und trotzdem gibt es Augenblicke in diesem Leben, wo das alles nicht mehr gilt und nur noch der Wille zur Vernichtung zählt. Es gibt keine Entschuldigung für Mord, es gibt keine Motivation des Tötens, es gibt keine Ehrenerklärung für die Zerstörung – aber es gibt Stunden, da vernimmt der Mensch ganz tief im Herzen den Befehl: Jetzt mußt du töten, weil es gerecht ist!
    »In einer Stunde bin ich wieder zurück«, sagte Dr. Oppermann tonlos. »Luba, kannst du die Ambulanz machen?«
    »Ja«, antwortete sie leise. Ihr Blick bettelte: Bleib! Bleib!
    »Fühlst du dich wirklich stark genug?«
    »Ja. Es ist ja nichts geschehen. Ich habe sogar etwas geschlafen in der Nacht.«
    »Wenn es nicht mehr geht, schließe die Ambulanz. Ruh dich in meinem Zimmer aus. Leg' dich hin. Ich bin so schnell wie möglich wieder da.«
    »Wo wollen Sie hin?« fragte Mooslachner laut. »Doch nicht etwa zur Polizei und den Fleischbrocken auf den Tisch legen?«
    »Bleiben Sie bei Luba, Pater, bitte!«
    »Erst sagen Sie mir, wohin Sie fahren wollen!«
    Oppermann ging zur Tür. »Wenn Sie mir folgen, Pater, schieße ich Ihnen in die Reifen!«
    »Sie sind wohl komplett übergeschnappt?!«
    »Das ist keine leere Rede! Bleiben Sie bei Luba.«
    »Sie kennen den Kerl?« Mooslachners Stimme dröhnte. »Jetzt begreife ich erst! Sie kennen ihn? Doktor, Sie haben die Pflicht, mir den Namen zu nennen! Sie kommen hier nicht heraus, wenn

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