Wie ein Licht in der Nacht - Sparks, N: Wie ein Licht in der Nacht
setzte sich zu ihr, die Hände im Schoß gefaltet.
»Was ich über das Fahrrad gesagt habe – dass es im Schuppen verrostet ist –, stimmt nicht ganz. Es fehlt etwas. Dieses Fahrrad hat meiner Frau gehört«, begann er. »Sie mochte es sehr und hat es oft benutzt. Einmal ist sie sogar damit nach Wilmington gefahren, aber als sie dort angekommen ist, war sie total k. o., und ich musste sie mit dem Auto abholen, obwohl niemand auf den Laden aufpassen konnte. Mir blieb nichts anderes übrig, als ihn zwei Stunden zu schließen.« Alex schwieg einen Moment lang. »Das war ihre letzte Fahrt mit dem Rad. An dem Abend hatte sie ihren ersten Anfall, und ich brachte sie schnell ins Krankenhaus. Danach ging es ihr immer schlechter, und sie konnte nicht mehr Fahrrad fahren. Ich habe es zuerst in die Garage gestellt, dann in den Schuppen, aber jedes Mal, wenn ich es sehe, muss ich an diesen furchtbaren Abend denken.« Jetzt setzte er sich gerade hin. »Ich weiß, ich hätte es schon längst weggeben sollen, aber ich wollte nicht, dass es jemand bekommt, der vielleicht ein paarmal damit fährt und es dann stehen lässt. Ich wollte, dass der neue Besitzer – oder die neue Besitzerin – das Rad zu schätzen weiß, so wie meine Frau, und es wirklich benutzt. Das hätte meine Frau sich auch so gewünscht. Wenn Sie sie gekannt hätten, würden Sie mich verstehen. Sie würden mir den Gefallen tun und das Rad annehmen.«
Als Katie antwortete, klang sie richtig bedrückt. »Ich kann das Rad Ihrer Frau nicht annehmen.«
»Sie wollen es also immer noch zurückgeben?«
Als sie nickte, beugte er sich vor, die Ellbogen auf die Knie gestützt. »Sie und ich, wir haben mehr gemeinsam, als Sie glauben. An Ihrer Stelle hätte ich mich genauso verhalten wie Sie. Sie möchten auf keinen Fall das Gefühl haben, irgendjemandem etwas schuldig zu sein. Sie wollen sich beweisen, dass Sie es allein schaffen, ohne fremde Hilfe, stimmt’s?«
Katie machte den Mund auf, um etwas zu sagen, schloss ihn dann aber wieder.
»Als meine Frau gestorben ist, war ich auch so«, fuhr Alex fort. »Sehr lange. Viele von den Leuten, die in den Laden gekommen sind, boten mir an, sie anzurufen, wenn ich etwas brauche. Die meisten wussten ja, dass ich hier keine Familienangehörigen habe, und sie meinten ihr Angebot ernst, aber ich habe nie jemanden angerufen, weil das einfach nicht meine Art ist. Selbst wenn ich etwas gewollt hätte, wäre es mir schwergefallen – ich weiß nicht, wie man bittet, und außerdem war mir die meiste Zeit gar nicht klar, was ich brauche oder will. Ich habe nur gemerkt, dass ich nicht mehr kann, und mit Mühe und Not habe ich mich von einem Tag zum nächsten gehangelt. Ich musste mich ja plötzlich um zwei kleine Kinder kümmern und um den Laden sowieso, und die Kinder brauchten damals natürlich noch viel mehr Zuwendung als jetzt. Aber dann ist eines Tages Joyce aufgetaucht.« Er schaute Katie fragend an. »Haben Sie Joyce schon kennengelernt? Sie arbeitet an mehreren Nachmittagen in der Woche im Laden, auch sonntags. Eine ältere Dame, die mit jedem redet. Josh und Kristen lieben sie.«
»Ich glaube nicht, dass ich ihr schon begegnet bin.«
»Ist auch nicht so wichtig. Jedenfalls ist sie eines Nachmittags aufgetaucht, so gegen fünf Uhr, und sie sagte zu mir, sie wird für die Kinder sorgen, während ich mich eine Woche am Strand erhole. Einfach so. Sie hatte schon ein Zimmer für mich gebucht und behauptete, ich hätte keine andere Wahl, ich müsse das machen, sonst würde ich direkt auf einen Nervenzusammenbruch zusteuern.«
Alex presste seinen Nasenrücken zusammen, als könnte er dadurch die Erinnerung an diese Zeit etwas abmildern. »Zuerst war ich richtig empört. Immerhin sind das meine Kinder, oder? Und was war ich für ein Vater, wenn ich mich einfach verdrückte? Würden die Leute nicht denken, dass ich meine Vaterpflichten vernachlässige? Im Gegensatz zu allen anderen hat Joyce nicht gesagt, ich soll sie anrufen, wenn ich etwas brauche. Sie wusste, was ich durchmache, und sie hat das getan, was sie für richtig hielt, ohne lange zu fragen. Und ehe ich mich’s versah, war ich schon unterwegs zum Strand. Joyce hatte Recht. An den ersten beiden Tagen war ich noch völlig erledigt. Aber dann habe ich lange Strandspaziergänge gemacht, Bücher gelesen, viel geschlafen, und als ich wieder nach Hause kam, habe ich selbst gespürt, dass ich viel entspannter war als vorher.«
Er verstummte, vielleicht auch, weil er
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