Wie ein Licht in der Nacht - Sparks, N: Wie ein Licht in der Nacht
ob sie mit Kristen am Teich die Enten fütterte oder ob sie mit Josh Ball spielte, sie traf immer genau den richtigen Ton, lustig, ermunternd, tröstlich – je nachdem. In dieser Hinsicht hatte sie große Ähnlichkeit mit Carly, und Alex war fest davon überzeugt, dass Katie die Frau war, von der Carly einmal gesprochen hatte.
In den letzten Wochen ihres Lebens hatte er immer an Carlys Bett Wache gehalten. Sie schlief fast die ganze Zeit, aber er befürchtete die seltenen Momente zu verpassen, in denen sie bei Bewusstsein war, auch wenn es noch so kurz sein mochte. In dieser Phase war die linke Seite ihres Körpers schon fast vollständig gelähmt, und sie konnte kaum noch sprechen. Aber in einer Nacht war sie kurz vor Anbruch der Morgendämmerung eine Weile lang hellwach und tastete nach seiner Hand.
»Ich möchte, dass du etwas für mich tust«, sagte sie mit großer Mühe und befeuchtete mit der Zunge immer wieder ihre aufgesprungenen Lippen. Ihre Stimme war heiser.
»Alles, was du willst.«
»Ich möchte, dass du … dass du glücklich bist.« Bei diesen Worten erschien ein Schatten ihres altvertrauten Lächelns auf ihren Lippen – selbstbewusst, optimistisch –, dieses Lächeln, das ihn schon bei ihrer ersten Begegnung so fasziniert hatte.
»Ich bin glücklich.«
Müde schüttelte sie den Kopf. »Ich rede von der Zukunft.« Ihre Augen leuchteten wie glühende Kohlen in ihrem abgemagerten Gesicht. »Wir wissen beide, was ich meine.«
»Nein, ich weiß es nicht.«
Sie ignorierte seine Worte. »Dass ich dich geheiratet habe, dass ich jeden Tag mit dir verbringen konnte und dass ich zwei Kinder mit dir habe … das ist das Schönste, was mir im Leben passiert ist. Du bist der beste Mann, den ich kenne.«
Er spürte einen Kloß in der Kehle. »Mir geht es umgekehrt genauso.«
»Ich weiß«, erwiderte sie leise. »Und deswegen ist es auch so schwer für mich. Weil ich weiß, dass ich versagt habe und –«
»Du hast doch nicht versagt!«, unterbrach er sie.
Ihr Gesicht wurde traurig. »Ich liebe dich, Alex. Und ich liebe unsere Kinder«, flüsterte sie. »Und es würde mir das Herz brechen, wenn ich denken müsste, dass ihr nie wieder richtig glücklich werdet.«
»Carly –«
»Ich möchte, dass du eine neue Frau findest.« Sie hatte Mühe, richtig zu atmen, ihr schmaler Brustkorb zitterte. »Ich möchte, dass sie klug ist und gütig … und ich möchte, dass du dich in sie verliebst, denn du sollst nicht für den Rest deines Lebens allein bleiben.«
Alex brachte kein Wort über die Lippen, seine Augen waren blind vor Tränen.
»Die Kinder brauchen eine Mutter!« In seinen Ohren klang dies wie eine flehentliche Bitte. »Eine Frau, die sie genauso liebt wie ich und sie als ihre eigenen Kinder betrachtet.«
»Warum sagst du das alles?«, fragte er mit belegter Stimme.
»Weil ich glauben muss, dass es möglich ist.« Ihre ab gemagerten Finger krallten sich verzweifelt in seinen Arm. »Es ist das Einzige, was mir noch bleibt.«
Und während er jetzt zuschaute, wie Katie hinter Josh und Kristen die Grasböschung zum Ententeich hinunterrannte, überkam ihn eine bittersüße Wehmut bei dem Gedanken, dass Carlys letzter Wunsch vielleicht endlich in Erfüllung gegangen war.
Sie mochte ihn. Sie mochte ihn mehr, als gut für sie war. Katie wusste, dass sie einen gefährlichen Grat entlangbalancierte. Alex von ihrer Vergangenheit zu erzählen, war ihr in der konkreten Situation richtig erschienen, und dass sie alles ausgesprochen und in Worte gefasst hatte, war für sie selbst ein Akt der Befreiung gewesen – als hätte sie eine erdrückende Last abgeschüttelt. Aber am Morgen danach war sie vor Angst wie gelähmt gewesen. Was hatte sie getan? Alex hatte als Ermittler gearbeitet, was bedeutete, dass er ohne Probleme ein paar Anrufe tätigen konnte, gleichgültig, was er ihr versprochen hatte. Er brauchte nur mit irgendjemandem zu sprechen, und dieser Jemand konnte mit einer dritten Person sprechen, und am Schluss würde Kevin alles erfahren. Sie hatte nicht er wähnt, dass Kevin eine fast unheimliche Begabung besaß, scheinbar unzusammenhängende Informationen miteinander zu verknüpfen – wenn ein Tatverdächtiger auf der Flucht war, gelang es Kevin fast immer, ihn ausfindig zu machen. Katie brauchte nur daran zu denken, dass sie Alex so viel anvertraut hatte, und schon wurde ihr übel.
Aber im Verlauf der nächsten Tage spürte sie, wie ihre Ängste nachließen. Alex fragte sie nicht aus,
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