Wie ein Licht in der Nacht - Sparks, N: Wie ein Licht in der Nacht
Mann, und er hatte ihr geglaubt, denn immerhin war sie seine Ehefrau. Vor Gott und der Familie hatten sie sich ewige Treue gelobt, und in der Bibel stand: Du sollst nicht ehebrechen. Aber er hatte sowieso nicht geglaubt, dass Erin ihm untreu war. Es konnte eigentlich gar kein anderer Mann im Spiel sein. Seit sie verheiratet waren, passte er gut auf sie auf. Er rief im Laufe des Tages immer mal an und erlaubte ihr nie, ohne ihn einzukaufen und zum Friseur oder in die Bibliothek zu gehen. Sie hatte kein eigenes Auto, nicht mal einen Führerschein, und immer, wenn er zufällig in der Gegend war, hatte er einen kleinen Umweg gemacht und überprüft, ob sie zu Hause war. Sie war nicht fortgegangen, weil sie ihn mit einem anderen Mann betrügen wollte. Sie war abgehauen, weil sie nicht mehr getreten und geschlagen und die Kellertreppe hinuntergestoßen werden wollte. Er wusste ja selbst, dass er das nicht tun durfte, und er hatte hinterher immer Schuldgefühle gehabt und sich entschuldigt, aber genutzt hatte es alles nichts.
Sie hätte nicht weglaufen dürfen. Es brach ihm das Herz, denn er liebte sie mehr als sein Leben, und er hatte immer gut für sie gesorgt, ihr ein Haus gekauft und einen Kühlschrank und eine Waschmaschine, einen Trockner, neue Möbel. Und das Haus war immer blitzsauber gewesen, doch jetzt stapelte sich das Geschirr in der Spüle, und der Wäschekorb quoll über.
Ihm war klar, dass er putzen und aufräumen müsste, aber dazu fehlte ihm die Energie. Also ging er in die Küche und holte eine Flasche Wodka aus dem Gefrierfach. Es waren vier Flaschen da. Vor einer Woche waren es noch zwölf gewesen. Klar, er trank zu viel. Er wusste, dass er richtig essen und mit dem Trinken aufhören müsste, aber er hatte immer nur einen Wunsch: auf der Couch zu sitzen und Alkohol in sich hineinzuschütten. Wodka war gut, weil man davon keine Fahne bekam, und morgens merkte ihm keiner an, dass er einen fürchterlichen Kater hatte.
Er goss sich ein Glas ein, leerte es und füllte es gleich wieder, bevor er durch das leere Haus wanderte. Das Herz tat ihm weh, weil Erin nicht da war, und wenn sie plötzlich und unerwartet durch die Tür gekommen wäre, dann hätte er sich eindringlich dafür entschuldigt, dass er sie geschlagen hatte. Gemeinsam hätten sie die Probleme ausgeräumt und sich im Schlafzimmer geliebt. Er wollte sie in die Arme nehmen und ihr ins Ohr flüstern, wie sehr er sie anbetete, aber er wusste, dass sie nicht zurückkommen würde. Und obwohl er sie liebte, war er zugleich auch sehr wütend auf sie. Eine Ehefrau kann nicht einfach verschwinden! Eine Ehefrau kann nicht einfach ihr Eheleben aufgeben. Er wollte sie schlagen und treten und sie an den Haaren ziehen, weil sie so dumm war. Und so verdammt egoistisch! Er wollte ihr zeigen, dass es keinen Sinn hatte, abzuhauen.
Kevin kippte ein drittes Glas Wodka hinunter. Und ein viertes.
Ach, es war alles so verwirrend. Dieses Durcheinander! Im Wohnzimmer lag ein leerer Pizzakarton auf dem Fußboden, und der Türrahmen des Badezimmers war zersplittert und kaputt, die Tür schloss nicht mehr richtig. Er hatte sie eingetreten, weil seine Frau sich dort verkrochen hatte, um ihm zu entkommen. Er hatte sie an den Haaren gepackt, sie in der Küche verprügelt, sie war ins Bad gerannt, er hatte sie durchs ganze Haus verfolgt und dann die Tür eingetreten. Jetzt konnte er sich schon nicht mehr daran erinnern, weshalb sie sich gestritten hatten.
Überhaupt wusste er nicht mehr richtig, was an dem Abend passiert war. Er verdrängte, dass er ihr zwei Finger gebrochen hatte, obwohl es ganz offensichtlich gewesen war. Er erlaubte ihr eine Woche lang nicht, ins Krankenhaus zu gehen. Sie durfte erst zum Arzt, als die blauen Flecken in ihrem Gesicht mit Make-up überdeckt werden konnten. Kochen und putzen musste sie mit einer Hand. Er schenkte ihr Blumen, er entschuldigte sich und sagte ihr, dass er sie liebe, und natürlich versprach er, dass es nie wieder passieren würde, und nachdem der Gipsverband abgenommen worden war, lud er sie zu einem Abendessen im Petroni’s in Boston ein. Das Essen war sehr teuer, und über den Tisch hinweg lächelte er ihr zu. Anschließend waren sie ins Kino gegangen. Er wusste noch genau, wie er auf dem Heimweg dachte, dass er sie sehr liebte und dass er sich glücklich schätzen konnte, eine Frau wie sie zu haben.
KAPITEL 21
Alex blieb bis nach Mitternacht bei Katie und hörte ihr zu, während sie ihm die Geschichte ihres bisherigen
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