Wie ein Licht in der Nacht - Sparks, N: Wie ein Licht in der Nacht
gekauft, und Erin hatte sie in eine hübsche Vase gestellt, dazu noch ein, zwei Kerzen, und schon war der Tisch wunderschön dekoriert für ein romantisches Abendessen. Manchmal hatte er sie dann in der Küche geliebt, ihr Rücken an den Schrank gepresst.
Er hatte sie nie gezwungen zu arbeiten. Sie wusste gar nicht, wie gut sie es hatte! Ihr war nicht klar, welche Opfer er seit Jahren für sie gebracht hatte. Sie war verwöhnt und egoistisch, und das machte ihn immer so zornig! Sie begriff nicht, was für ein leichtes Leben sie hatte. Sie putzte das Haus, kochte das Essen, und den Rest des Tages konnte sie die blöden Bücher lesen oder fernsehen oder sich ausruhen, und sie musste sich keine Sorgen machen we gen der Stromrechnung oder wegen der Hypothek oder wegen irgendwelcher Leute, die hinter seinem Rücken schlecht über ihn redeten. Sie musste nie die Gesichter der Menschen sehen, die ermordet worden waren. Er hielt das alles von ihr fern, weil er sie liebte – aber es hatte nichts geholfen. Er erzählte ihr nie von den Kindern, die mit Bügeleisen verbrannt oder die vom Dach gestoßen worden waren, auch nicht von den Frauen, die jemand in einer dunklen Seitenstraße erstochen und dann in den Müllcontainer gesteckt hatte. Er erzählte ihr nie, dass er manchmal das Blut von seinen Schuhen wischen musste, bevor er ins Auto stieg, und wenn er in die Augen der Mörder sah, wusste er, dass er dem Bösen gegenüberstand, von Angesicht zu Angesicht, denn in der Bibel stand: Wer einen Menschen umbringt, tötet ein Lebewesen, das nach Gottes Ebenbild geschaffen wurde.
Er liebte sie, und sie liebte ihn, und sie musste von selbst nach Hause kommen, weil er sie nicht fand. Sie durfte ihr schönes Leben wieder aufnehmen, und er würde sie nicht schlagen oder treten, wenn sie zur Tür hereinkam, weil er immer ein guter Ehemann gewesen war. Er liebte sie, und sie liebte ihn, und an dem Tag, als er ihr einen Heiratsantrag machte, hatte sie ihn an die Nacht erinnert, als sie sich vor dem Casino kennenlernten, weil sie von zwei Männern verfolgt wurde. Von zwei gefährlichen Männern. Er hatte verhindert, dass sie ihr etwas antaten, und am Morgen danach waren sie die Uferpromenade entlangspaziert, und er hatte sie auf einen Kaffee eingeladen. Sie hatte gesagt, dass sie ihn heiraten würde. Sie liebe ihn, hatte sie gesagt. Er gebe ihr ein Gefühl der Geborgenheit.
Geborgenheit. Dieses Wort hatte sie benutzt. Geborgenheit.
KAPITEL 25
Die dritte Juniwoche war sehr warm, ein wunderschöner Hochsommertag folgte dem anderen. Im Laufe des Nachmittags allerdings kletterte die Temperatur immer weiter nach oben, die Luft wurde schwül, der Horizont verschwamm, und wie von Zauberhand bildeten sich dort dunkle, schwere Wolken. Es gab heftige Gewitter, die nie besonders lange dauerten, die Blätter tropften danach, und vom Boden stieg feuchter Dampf auf.
Katie arbeitete die Abendschichten im Restaurant. Wenn sie heimradelte, war sie erschöpft, und morgens ta ten ihr oft die Beine weh. Die Hälfte des verdienten Trink gelds verstaute sie in ihrer Kaffeedose, die inzwischen fast voll war. Sie hatte mehr Geld gespart als erwartet, mehr, als sie brauchte, um notfalls von hier wegzukommen, falls sie verschwinden musste. Zum ersten Mal fragte sie sich, ob sie noch mehr zu sparen brauchte.
Während sie verträumt die letzten Bissen ihres Frühstücks aß, schaute sie hinüber zu Jos Cottage. Sie hatte seit jenem Abend nicht mehr mit ihrer Freundin gesprochen. Gestern hatte sie nach der Arbeit bei ihr in der Kü che und im Wohnzimmer Licht brennen sehen, und heute Morgen in aller Frühe hatte sie gehört, wie der Motor ihres Autos ansprang und sie knirschend über den Schotter davonfuhr. Katie wusste nicht, was sie zu Jo sagen sollte. Im Grunde war sie sich nicht einmal sicher, ob sie überhaupt mit ihr reden wollte. War ihre Nachbarin vielleicht böse auf sie? Nein, Jo mochte Alex und die Kinder, sie machte sich Sorgen um die drei und hatte mit Katie über diese Sorgen gesprochen. Aber hinter ihrem Verhalten steckten garantiert keine bösen Absichten.
Alex wollte heute vorbeikommen, aber erst später. Seine Besuche gehörten inzwischen zu ihrem Alltag, und wenn sie mit ihm zusammen war, wurde ihr immer wieder klar, warum sie sich überhaupt in ihn verliebt hatte. Er akzeptierte es auch, dass sie manchmal schweigsam war und unter Stimmungsschwankungen litt, und er brachte ihr so viel zärtliches Verständnis entgegen, dass sie ganz
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