Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Wie ein Licht in der Nacht - Sparks, N: Wie ein Licht in der Nacht

Titel: Wie ein Licht in der Nacht - Sparks, N: Wie ein Licht in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Sparks
Vom Netzwerk:
Frühstück gemacht und so getan hatte, als führte sie nichts Böses im Schilde. Er sah sie vor sich, wie sie lächelte und ihn küsste – aber innerlich hatte sie gelacht. Innerlich hatte sie ihn ausgelacht! Sie hatte ihm Geld gestohlen, und das durfte man nicht, denn in der Bibel stand: Du sollst nicht stehlen.
    Er saß im Dunkeln auf dem Sofa und kaute auf seiner Unterlippe. Am Anfang hatte er noch gehofft, sie würde zurückkommen. Es schneite und war bitterkalt, da hielt sie bestimmt nicht lange durch. Als sie das erste Mal weglief, war es auch solch ein eisiger Abend gewesen, und nach ein paar Stunden hatte sie angerufen und ihn angefleht, sie zu holen, weil sie nicht weiterwusste. Zu Hause hatte sie ihn um Verzeihung gebeten, und er hatte ihr eine Tasse heiße Schokolade gemacht, während sie zitternd auf der Couch kauerte. Er brachte ihr eine Wolldecke und lächelte sie an, aber sobald sie aufhörte zu zittern, ging er wieder auf sie los und schlug auf sie ein, bis sie laut schluchzte. Als er morgens aufstand, um zur Arbeit zu gehen, hatte sie zwar die verschüttete Schokolade weggeputzt, aber auf dem Teppich war noch ein Fleck, den sie nicht entfernen konnte, und manchmal wurde er sehr wütend, wenn sein Blick darauffiel.
    In jener Nacht im Januar, in der ihm klarwurde, dass sie fort war, trank er zwei Gläser Wodka und wartete. Doch das Telefon klingelte nicht, und die Haustür blieb verschlossen. Sie konnte noch nicht lange weg sein, denn er hatte eine knappe Stunde zuvor mit ihr telefoniert, und sie hatte gesagt, sie sei gerade dabei, das Abendessen vorzubereiten. Aber auf dem Herd stand nichts. Nirgends im Haus eine Spur von ihr. Auch nicht im Keller oder in der Garage. Kevin trat auf die vordere Veranda und hielt Ausschau nach Fußspuren im Schnee. Sie war eindeutig nicht durch die Haustür gegangen. Aber der Schnee im Garten hinter dem Haus war ebenfalls unberührt. Also hatte sie auch nicht die Hintertür genommen. Es sah aus, als wäre sie davongeschwebt. Oder als hätte sie sich in Luft aufgelöst. Was bedeutete, dass sie eigentlich irgendwo im Haus sein müsste. Aber sie war nicht da.
    Zwei Gläser Wodka später war wieder eine halbe Stunde vergangen. Inzwischen kochte er vor Wut und hatte ein Loch in die Schlafzimmertür getreten. Er stürmte aus dem Haus, hämmerte bei den Nachbarn an die Tür und fragte sie, ob sie gesehen hätten, wie Erin das Haus verließ, aber niemand konnte ihm Auskunft geben. Er fuhr die Straßen in der näheren Umgebung ab und schaute sich nach ihr um. Wie hatte sie es geschafft, das Haus zu verlassen – spurlos? Er rechnete sich aus, dass sie inzwischen einen Vorsprung von mindestens zwei Stunden haben musste, aber zu Fuß kam sie bei diesem Wetter nicht weit. Es sei denn, jemand hatte sie abgeholt. Jemand, der ihr wichtig war. Ein Mann.
    Kevin schlug mit der Faust aufs Lenkrad, sein Gesicht wutverzerrt. Sechs Straßen weiter begann schon die Einkaufszone. Er ging in die Geschäfte, zeigte ein Brieftaschenfoto herum und fragte, ob jemand diese Frau gesehen habe. Die Antwort lautete nein. Er sagte, die Frau sei vielleicht in Begleitung eines Mannes gewesen. Weiterhin erhielt er nur Kopfschütteln. Die Männer, die er fragte, waren sich ihrer Sache ganz sicher: Eine hübsche Blondine?, sagten sie, die wäre mir aufgefallen, vor allem an einem Abend wie heute.
    Er fuhr jede Straße in einem Umkreis von fünf Meilen auf und ab, bevor er wieder auf sein Haus zusteuerte. Inzwischen war es drei Uhr morgens, und das Haus war leer. Nachdem er noch ein Glas Wodka hinuntergekippt hatte, weinte er sich in den Schlaf.
    Beim Aufwachen am nächsten Morgen kehrte die Wut sofort zurück. Mit einem Hammer zertrümmerte er die Blumentöpfe, die sie im Garten aufgestellt hatte. Schwer atmend ging er ans Telefon und meldete sich krank. Dann setzte er sich aufs Sofa, um zu überlegen, wie sie es geschafft hatte, einfach abzuhauen. Jemand musste sie abgeholt haben. Jemand musste sie irgendwohin gefahren haben. Jemand, den sie kannte. Ein Freund oder eine Freundin aus Atlantic City? Aus Altoona? Möglich. Aber er hatte jeden Monat die Telefonrechnung überprüft. Sie hatte kein einziges Ferngespräch geführt. Also jemand hier aus der Gegend. Aber wer? Sie ging nie irgendwohin, redete mit keinem Menschen. Dafür sorgte er.
    Er schlurfte in die Küche, um sich einen Drink einzugießen. In dem Moment klingelte das Telefon. Er rannte hin, in der Hoffnung, es könnte Erin sein.

Weitere Kostenlose Bücher