Wie ein Licht in der Nacht - Sparks, N: Wie ein Licht in der Nacht
verblüfft und gerührt war. Aber seit ihrem Gespräch mit Jo fragte sie sich manchmal, ob sie sich ihm gegenüber womöglich unfair verhielt. Was würde geschehen, wenn Kevin hier auftauchte? Wie würden Alex und die Kinder reagieren, wenn sie verschwand, um nie wieder zurückzukehren? War sie überhaupt noch fähig, die drei für immer zu verlassen?
Die Fragen, die Jo angesprochen hatte, quälten sie sehr, weil sie noch nicht imstande war, sich wirklich mit ihnen auseinanderzusetzen. Du hast keine Ahnung, was ich durchgemacht habe, hätte sie gern zu ihrer Freundin gesagt, nachdem sie Zeit gehabt hatte, über alles nachzudenken. Du hast keine Ahnung, wie mein Mann ist. Aber sie wusste selbst, dass die eigentliche Frage damit nicht beantwortet war.
Katie stellte das Frühstücksgeschirr in die Spüle und wanderte nachdenklich durch ihr kleines Häuschen. Wie es sich in den letzten Monaten verändert hatte! Sie besaß immer noch nicht viel, aber ihr kam es vor, als wäre sie noch nie so wohlhabend gewesen. Zum ersten Mal seit Jahren fühlte sie sich geliebt. Sie wusste nicht, wie es war, wenn man eigene Kinder hatte, aber sie dachte sehr viel und mit großer Fürsorge an Kristen und Josh. Klar, sie konnte die Zukunft nicht vorhersehen, aber sie vermochte sich beim besten Willen nicht vorzustellen, dieses neue Leben wieder aufzugeben. Dass sie dies so deutlich empfand, überraschte sie selbst.
Was hatte Jo ganz am Anfang zu ihr gesagt? Ich sage den Leuten nur, was sie sowieso schon wissen, sich selbst aber nicht eingestehen wollen.
Als Katie über diesen Satz nachdachte, wusste sie plötzlich, was sie tun musste.
»Ja, klar«, sagte Alex, nachdem sie ihre Bitte vorgetragen hatte. Sie merkte, dass er verblüfft war, doch gleichzeitig schien es ihn auch zu freuen. »Wann möchtest du anfangen?«
»Wie wär’s mit heute?«, schlug sie vor. »Falls du Zeit dafür hast.«
Er blickte sich im Laden um. Es war nur ein einziger Kunde da, er aß etwas am Grill und unterhielt sich mit Roger.
»Hey, Roger! Meinst du, du könntest eine Stunde lang auf die Kasse aufpassen?«
»Kein Problem, Boss«, antwortete Roger und blieb, wo er war. Alex wusste, dass er nur nach vorn kommen würde, wenn es nötig wurde. Aber an einem Wochentag erwartete er morgens nach dem ersten Schwung eigentlich nicht viel Kundschaft, also machte es nichts aus.
»Und – sollen wir anfangen?«
»Ich weiß nicht recht …« Katie schlang ängstlich die Arme um sich. »Aber ich finde, ich muss das wirklich lernen.«
Sie gingen zu seinem Jeep. Als Katie hineinkletterte, spürte sie, dass Alex sie beobachtete.
»Warum willst du plötzlich lernen, wie man Auto fährt? Genügt dir das Fahrrad nicht mehr?«, erkundigte er sich mit einem frechen Grinsen.
»Das Fahrrad reicht vollkommen für meine Bedürfnisse. Aber ich möchte gern einen Führerschein haben.«
Alex steckte den Schlüssel ins Schloss, hielt dann aber noch einmal inne und musterte seine Beifahrerin aufmerksam. »Dass du Auto fahren willst, ist nur ein Teil des Ganzen. Um einen Führerschein zu bekommen, muss man sich ausweisen – mit der Geburtsurkunde und der Sozialversicherungsnummer und so weiter.«
»Ich weiß.«
Betont behutsam fügte er hinzu: »Solche Informationen können zurückverfolgt werden. Wenn du einen Führerschein hast, kann man dich vielleicht finden.«
»Ich benutze ja schon eine Sozialversicherungsnummer«, sagte sie. »Falls Kevin das wüsste, hätte er mich längst aufgespürt. Und wenn ich in Southport bleiben will, brauche ich einen Führerschein.«
»Katie …«, begann Alex.
Sie küsste ihn auf die Wange. »Es ist okay«, sagte sie. »Vergiss nicht – ich heiße ja gar nicht Katie.«
Mit dem Finger strich er sanft über ihre Wange. »Für mich wirst du immer Katie sein. Immer.«
»Ich habe noch ein Geheimnis.« Sie lächelte. »Meine Haare sind nicht braun. Eigentlich bin ich blond.«
Er lehnte sich nachdenklich zurück. »Willst du mir das wirklich alles sagen?«
»Ich denke, du wirst es sowieso irgendwann erfahren. Wer weiß, vielleicht werde ich eines Tages wieder blond.«
»Was ist los? Du willst Auto fahren lernen, du erzählst mir ganz neue Sachen – hat das etwas zu bedeuten?«
»Du hast gesagt, ich kann dir vertrauen.« Sie zuckte die Achseln. »Ich glaube dir.«
»Sonst noch was?«
»Ja. Ich habe das Gefühl, dir alles sagen zu können.«
Er betrachtete ihre Hände, die gefaltet auf der Lehne zwischen den Sitzen lagen, und
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