Wie ein reißender Strom: Roman (German Edition)
habe.«
Lydia presste die Augen zusammen. Sie kannte diese Art von elterlicher Panik, über die er redete. Jedes Mal, wenn Lee oder Banner eine Zeit lang ihren Gesichtskreis verließen, ergriff ein verzweifeltes Gefühl von Endgültigkeit ihr Herz. Stets hatte sie Angst, sie sähe sie zum letzten Mal. Solche Vorstellungen waren närrisch, aber alle Eltern teilten sie.
Sie richtete sich ein wenig auf, um Ross anzublicken und sagte: »Vielleicht würden wir nicht so empfinden, wenn wir … wenn ich mehr Kinder hätte haben können.«
Das schon wieder, dachte Ross.
Er wandte ihr den Kopf zu und schaute zu ihr hoch. Immer noch hielt er ihr Gesicht für das schönste, das er je gesehen hatte. Es war nicht im klassischen Sinne schön wie das von Victoria Gentry. Aber es war von so viel Leben, Vitalität, Charakter, Geist erfüllt. Die Persönlichkeit dieser Frau glühte aus ihren sherryfarbenen Augen. Ross nahm jeden ihrer lebhaften Züge in sich auf, die Flut ihres zerzausten Haares, ihr voller, oft geküsster Mund.
»Lydia, du hast mich in den letzten zwanzig Jahren glücklicher gemacht, als ich es je für möglich gehalten hätte. Ich habe dir gesagt, dass die Zahl der Kinder nicht wichtig für mich ist.«
Befangen senkte sie den Blick. »Ich weiß, dass du mir das gesagt hast. Dass es so ist, kann ich nur hoffen.«
»Es ist so. Ich würde nichts an unserem Leben ändern wollen seit dem Tag, an dem wir Jefferson mit Moses und dem Baby verlassen haben.«
»Ich bin so froh, dass du Lee bereits hattest. Und für den Rest meines Lebens werde ich Gott dankbar sein, dass er uns Banner geschenkt hat. Ich wünschte nur, ich hätte dir mehr Kinder schenken können. Das werde ich stets bedauern, Ross.«
Das war schon lange ein Thema für sie gewesen. Sie konnte sich nicht mit der Tatsache abfinden, dass sie nach Banners Geburt nicht mehr schwanger geworden war. Tausendmal schon hatte er ihr versichert, dass er sich nicht zu kurz gekommen fühlte. Er liebte Lee. Wenn sein Sohn auch von einer anderen Frau geboren worden war, so hatte Lydia ihn doch genährt. Und Banner, das Kind, das er mit Lydia gezeugt hatte, war etwas ganz Besonderes.
Er wollte diesen traurigen Ausdruck für immer von ihrem Gesicht verschwinden lassen. Aber er wusste, die Trauer würde wiederkehren. Alles, was er tun konnte, war, Lydia weiter zu trösten. Seine Hand hatte ihre warme volle Brust gefunden. Er umfasste sie liebevoll und liebkoste die Brustwarze mit seinem Daumen, bis sie hervortrat.
»Es gibt nichts zu bedauern, Lydia«, flüsterte er sanft. »Du hast mir immer nur Freude bereitet. Immer.« Er hob den Kopf und presste seine Lippen gegen ihre Brust. Sie beobachtete, wie sein Schnurrbart ihre Brustwarze umgab. Seine Lippen legten sich um sie, sein Mund saugte an ihr. Dann streichelte er sie mit der Zunge.
Lydia schloss die Augen. Sie flüsterte seinen Namen wieder und wieder und fragte sich, ob Gott sie strafen würde, weil sie Ross mehr liebte als Ihn. Ross rollte sie auf den Rücken und schob sich auf sie. Er war wieder hart, und sie war feucht vor Begierde. Er tauchte in einem langen, langsamen Zug in sie ein und schenkte ihr seine Liebe.
Lydias Gedanken, glückliche wie traurige, wirbelten durcheinander, als die Leidenschaft sie erneut in einem Sog mitriss.
Banner riss sich die Haarnadeln aus dem Haar und schleuderte sie in die Dunkelheit. Mit jeder einzelnen musste sie kämpfen, denn sie hatten sich mit der Hartnäckigkeit von Angelhaken in ihrem Haar verheddert. Sobald Banner eine gelöst hatte, ließ sie sie über den Wagenrand fallen, bevor sie einen Schrei ausstieß. Vor Aufregung war sie völlig außer sich.
»Was zum Teufel tust du da?«
»Ich löse meine Frisur.«
»Warum?«
»Weil ich es nicht länger ertragen kann.«
»Was ist denn los damit?«
Sie schüttelte den Kopf, sodass ihre Haare in alle Richtungen flogen. Als eine seidige Strähne Jake ins Gesicht schlug, wischte er sie weg.
»Hör auf!«
»Es tut mir am Kopf weh, und ich möchte gerne spüren, wie der Wind hindurchfährt. Nicht dass dich das etwas anginge.«
Jake gab einen Grunzlaut von sich und hielt den Blick starr auf den Rumpf des Pferdes gerichtet. »Gut, halt aber still. Du könntest vom Wagen fallen und dir das Genick brechen.«
Banner schäumte vor Wut. Sie war unruhig und konnte nicht stillsitzen. Wie ein Kessel kurz vor dem Siedepunkt kochte sie. Sie strotzte förmlich vor aufgestauter Wut. Als Kind hatte sie Lee, wenn sie wütend auf ihn war,
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