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Wie ein reißender Strom: Roman (German Edition)

Wie ein reißender Strom: Roman (German Edition)

Titel: Wie ein reißender Strom: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
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hat er das getan? Wie konnte er mich so verletzen?«
    »Es war nicht seine Absicht, dich zu verletzen, Banner. Er ist ein Mann und …«
    »Und dadurch wird das, was er getan hat, richtig?«
    »Nein, aber …«
    »Ich erwartete nicht, dass ein Bräutigam so jungfräulich ist wie seine Braut. So naiv bin ich nicht. Aber wenn er seine Liebe erklärt, eine Frau bittet, ihn zu heiraten, ist das dann kein bindendes Treueversprechen?«
    »Ich meine schon. Die meisten Frauen denken so. Männer? Ich glaube, die meisten betrachten es nicht so.«
    »Konnte er seine Triebe denn nicht beherrschen? War ich es nicht wert zu warten?«
    »Er hat dich nicht mit diesem Mädchen verglichen, Banner. Das ist offensichtlich.«
    »Ich wollte diesen Teil der Ehe genauso sehr wie er. Das habe ich ihm auch gesagt«, rief sie aus.
    Viele Mütter wären in Ohnmacht gefallen, wenn sie von ihren Töchtern so etwas gehört hätten. Lydia zuckte nicht mit der Wimper. Sie kannte sexuelle Bedürfnisse und hoffte, ihre Tochter würde diesen Aspekt des Lebens genauso genießen wie sie. Sie hielt nichts davon, ihn zu einer heimlichen Angelegenheit, deren man sich schämen müsste, zu machen.
    »Was wäre denn, wenn ich zu einem anderen Mann gegangen wäre?«, wollte Banner wissen. »Wie hätte Grady dann empfunden? Hätte er mir vergeben?«
    Lydia seufzte. »Nein. Aber so ist das Leben nun einmal. Von Männern erwartet man, dass sie ihre … Abenteuer haben. Grady ist dabei erwischt worden. Er wird dafür zahlen müssen. Du aber auch. Und das ist unfair.« Sie streichelte Banner die Wange.
    »Bin ich kleinlich und intolerant? Sollte ich ihm vergeben? Musstest du Papa irgendwelche ›Abenteuer‹ vergeben?« Banner setzte sich auf und blickte ihrer Mutter in die Augen. »Hatte Papa andere Frauen, nachdem er dich kennengelernt hatte?«
    Lydia erinnerte sich an die Nacht, in der Ross einer Puffmutter und ihrer Herde Prostituierten an ihrem Planwagen geholfen hatte. Er war lange fortgeblieben, kam betrunken zurück und stank nach Nuttenparfüm. Er hatte dann und auch später geschworen, dass er mit in den Wagen der Puffmutter gegangen war, es aber nicht fertiggebracht hatte, mehr zu tun. Lydia glaubte ihm. »Ross hatte viele Frauen vor mir, aber nicht nachdem wir uns kennengelernt haben. Ich kann verstehen, wie verletzt du bist.«
    »Ich glaube, Grady liebte mich nicht so, wie Papa dich liebt.«
    »Aber jemand wird es tun, mein Liebling.«
    »Ich glaube nicht, Mama.« Das löste eine neue Tränenflut aus.
    Als Lydia schließlich gegangen war, lag Banner auf ihrem Bett und starrte an die Decke. Sie musste der Wahrheit über ihre Gefühle ins Gesicht sehen. Was empfand sie stärker? Verletztheit oder Wut?
    War ihre Liebe zu Grady in dem Augenblick zerbrochen, als sie erkannte, wie er sie hintergangen hatte? Sie war wütend auf ihn, weil er nicht nur ihren Namen, sondern auch den ihrer Familie in den Schmutz gezogen hatte. Die Bevölkerung von Larsen würde den heutigen Tag lange nicht vergessen. Es lag in der Natur des Menschen, sich vom Unglück anderer Leute fesseln zu lassen. Dass die Colemans schuldlos daran waren, spielte keine Rolle. Grady hatte sie genauso wie sich selbst gebrandmarkt.
    Sie war wütend. Und dieses Gefühl war stärker als alles andere. Sie wollte Grady nicht zurück, nicht in einer Million Jahre. Es schmerzte sie mehr, dass ihre Eltern litten, als dass er litt. Er war an seiner Situation selbst schuld. Wie man sich bettet, so liegt man. Noch nie war eine Redensart zutreffender gewesen.
    Vielleicht hatte sie ihn auch nicht so geliebt, wie sie geglaubt hatte. Wenn sein Betrug allerdings heute nicht zum Vorschein gekommen wäre und ihn als den schwachen Charakter entlarvt hätte, der er war, hätte sie auch weiterhin in seliger Unwissenheit verharrt. Sie wäre auf ewig seine liebende Ehefrau gewesen. Dessen war sie sich gewiss.
    Lange Zeit lag sie da und bemerkte nicht einmal, wie die Stunden vergingen, bis es dunkel wurde im Zimmer. Die Sonne war untergegangen.
    Abrupt stand sie auf und schwor sich, nicht herumzuschleichen, als trage sie die Schuld. Sie wollte verdammt sein, wenn sie zuließe, dass Grady Sheldon und alle Klatschmäuler der Stadt sie unterkriegten.
    Sie wusch sich das Gesicht mit kaltem Wasser, damit sie um die Augen herum nicht mehr so verschwollen aussah. Dann zog sie ein schlichtes Baumwollkleid an, strich ihre Haare glatt und ging nach unten. Alle hatten sich zum Abendessen in der Küche versammelt. Die Unterhaltung

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