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Wie ein reißender Strom: Roman (German Edition)

Wie ein reißender Strom: Roman (German Edition)

Titel: Wie ein reißender Strom: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
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fehlenden Teile in ihrem Puzzle lieferten. Über die Vergangenheit ihrer Eltern aufgeklärt zu werden war jeden Preis wert, oder nicht?
    Die Vorteile überwogen die Nachteile. Abgesehen davon, dass es peinlich war, Jake Tag für Tag gegenüberzustehen, hatte es viele Vorzüge, ihn als Vormann zu haben. Es würde nicht einfach sein, aber in den vergangenen zwei Tagen hatte sie gelernt, mit Widrigkeiten fertigzuwerden. Und war diese Lektion nicht lange überfällig? Die ersten achtzehn Jahre ihres Lebens hatte sie in seliger Unwissenheit darüber verbracht, dass das Leben alles andere als rosig und voller Liebe war. Ihr Zustand der Unschuld konnte nicht ewig dauern. Es wurde Zeit, dass sie mit der rauen Wirklichkeit Bekanntschaft schloss.
    Banner wartete bis zum Abendessen, bis sie hinunterging, weil sie Jake in Bezug auf ihre Entscheidung noch ein wenig zappeln lassen wollte. Ohne die Langstons und die Drummonds erschien die Küche riesig und leer. Lee aß in der Schlafbaracke. Jake war nicht da, und es wurde auch nicht erwähnt, wo er sich befand. Nur Ross und Lydia setzten sich mit Banner an den Tisch.
    Sie schnitt das Thema Ranch nicht an, bis das Geschirr abgetragen worden war. Ross, den anscheinend nichts Besonderes beschäftigte, trank nach dem Essen schweigend seinen Kaffee.
    »Ich habe mich entschlossen, so bald wie möglich auf mein Land zu ziehen«, verkündete Banner abrupt. Ross zog fragend eine Augenbraue hoch. Banner schluckte ihren Stolz ganz hinunter und fügte hinzu: »… und Jake als meinen Vormann mitzunehmen.«
    Ihr entging der befriedigte Blick nicht, den ihre Eltern einander zuwarfen, aber sie triumphierten nicht laut. Ross meinte nur: »Gut«, bevor er unbekümmert einen weiteren Schluck Kaffee trank. »Für den Anfang wirst du zwei Hengste und fünf Stuten bekommen. Das ist ein Pferd mehr, als deine Mutter und ich hatten.«
    »Und ein wenig Geld als Betriebskapital«, fügte Lydia hinzu. Sie stand an der Spüle und trocknete sich gerade die Hände an einem Geschirrtuch ab.
    Der Blick ihres Mannes fiel auf sie. »Betriebskapital?«, knurrte er.
    Lydia begegnete seiner finsteren Miene unbeeindruckt. Schon vor vielen Jahren hatte sie aufgehört, sich davor zu ängstigen.
    Ross presste die Lippen unter dem Schnurrbart zu einem Strich zusammen, die grünen Augen funkelten. Ein schweigender Kampf folgte, wer den stärkeren Willen hatte. Schließlich hörte man ihn murmeln: »Und etwas Betriebskapital«, bevor er einen weiteren Schluck aus seiner Kaffeetasse nahm.
    »Danke, Papa. Und innerhalb eines Jahres zahle ich dir zurück, was du mir leihst – mit Zinsen.« Banner stand in königlicher Haltung da, als sei er derjenige, der seine Meinung geändert hätte, und nicht sie. »Sag Jake bitte, dass …«
    »Nee. Du sagst es ihm. Er ist dein Vormann. Du bist diejenige, die sich Zeit zum Nachdenken erbeten hat. Sonst wäre heute Morgen schon alles geregelt worden. Da du ihn davon abgehalten hast, Pläne in der einen oder anderen Richtung zu schmieden, finde ich, du solltest ihm die gute Nachricht selbst überbringen.«
    »Aber …« Sie hielt ihre Einwände zurück, weil ihre Eltern sie neugierig anstarrten. Sie wollte nicht, dass die beiden sich fragten, warum sie zögerte, mit Jake allein zu sprechen. Außerdem konnte sie genauso gut kopfüber ins kalte Wasser springen und sich daran gewöhnen, ihn regelmäßig zu sehen. »In Ordnung.«
    Ihre Absätze klapperten forsch, als sie die Küche verließ. Ihr Rücken war gerade, der Kopf hoch erhoben. Aber im Inneren fühlte sie sich wie Pudding.
    Im Flur hielt sie inne, um ihr Spiegelbild zu kontrollieren. Sie hatte sich früher am Tage die Haare gebürstet, aber die feuchte Frühlingsluft führte dazu, dass es sich nach Lust und Laune kräuselte und lockte. Nach den zwei Tagen, die sie drinnen verbracht hatte, war sie blass. Sie kniff sich heftig in jede Wange, um ein wenig Farbe auf ihr Gesicht zu zaubern, und fuhr sich glättend über ihre Leinenhemdbluse, die verknittert war. Sie seufzte. »Also, dann mal los.«
    Sie stieß die Haustür auf und überquerte die Veranda mit der Begeisterung eines Gefangenen, der sich auf dem Weg zum Galgen befindet. Was erwarteten sie von ihr – dass sie zur Schlafbaracke marschierte und nach ihm fragte? Sie würde gnadenlos gehänselt werden. Außerdem war die Schlafbaracke der einzige Ort auf der Ranch, der für sie verboten war.
    Sollte sie es zuerst in der Scheune versuchen? Kümmerte er sich vielleicht gerade um

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