Wie ein reißender Strom: Roman (German Edition)
lange Zeit die Luft angehalten.
»Mein Gott, ich war ganz krank vor Sorge. Ich wollte dich heute Morgen fragen, aber … es gab keine Gelegenheit zum Reden.« Da sie nicht reagierte, redete er hastig weiter. Verzweifelt wollte er alles richtig machen. Er wollte, dass sie ihm sagte, er brauche sich keine Sorgen mehr zu machen. Er wollte, dass sie ihm sagte, es gehe ihr gut und sie habe ihm verziehen. »Ich hatte dir gesagt, dass es wehtun würde, Banner.«
»Das habe ich erwartet.«
»Dann hat es das also?«
»Ein wenig.«
»Ich hätte sanfter sein sollen.«
»Es ist schon in Ordnung.«
»Ich wollte dir nicht wehtun.«
»Bitte, Jake«, flüsterte sie. Sie presste das Kinn auf die Brust und hielt sich die Ohren zu, sodass sie ihn nicht hören konnte. Unglücklicherweise half das nicht gegen die Worte, die in ihrem Kopf widerhallten.
Ich will dir nicht wehtun, Banner.
Ich werde dir wehtun.
O Gott, du bist so wunderschön !
Dann hatte ein Laut des Erschreckens ihren Körper zerrissen. Er ertönte wieder und wieder. Selbst jetzt durchlebte sie diesen Augenblick wunderbaren Schmerzes erneut, den Augenblick, in dem sie wusste, dass er voll und ganz von ihr Besitz ergriffen hatte.
Jake blickte sie an, fühlte sich hilflos und war gleichzeitig wütend auf sich selbst. Sie sah so klein und schutzlos aus. Die Reihe von Knöpfen hinten an ihrer Hemdbluse betonte nur, wie anmutig ihr Rückgrat sich bog. Er wollte seine Hände auf sie legen, ihr Trost spenden, konnte es aber nicht über sich bringen, sie zu berühren.
Früher hatte er sich bei Körperkontakten mit Banner nichts gedacht. Er hatte sie häufig angefasst, sie so fest umarmt, dass sie vor gespieltem Schmerz quiekte, ihr herunterhängende Haarsträhnen festgesteckt. Hatte er ihr nicht selbst am Morgen ihrer Hochzeit den Hintern versohlt? Er konnte sich einfach nicht vorstellen, jetzt so etwas zu tun. Dieser Verspieltheit hatten sie sich selbst beraubt.
»Ich will nicht darüber reden«, sagte Banner schroff und nahm die Hände von den Ohren.
»Wir müssen darüber reden. Wir können uns nicht jeden Tag sehen, wenn so etwas zwischen uns gärt. Binnen einer Woche würden wir verrückt werden.«
Wütend blickte sie ihn an. »Warum hast du nicht früher daran gedacht, Jake? Warum hast du mich in die Situation gebracht, wählen zu müssen? Warum hast du dich nicht einfach geweigert, den Job anzunehmen, und bist gegangen?«
»Ich habe es versucht. Ich konnte es nicht.«
»Warum nicht?«
Jetzt schämte sie sich nicht länger, war nicht länger unterwürfig, sondern in aufrührerischer Stimmung. Ihr ganzer Körper bebte vor aufgestauter Frustration. Jake war ebenso erregt.
Wie war es möglich, dass er sie wieder besitzen wollte? Wie konnte er noch einmal diesen zierlichen Körper gegen seinen pressen, ihren süßen Mund noch einmal kosten wollen, wo er doch alles tun, alles auf der Welt hergeben würde, um rückgängig zu machen, was bereits geschehen war?
Die Erinnerungen ließen ihn nicht los. Sie quälten ihn wie rote Tücher einen Bullen. Jetzt wusste er genau, wie lebendig sich ihr Haar anfühlte, wenn es sich um seinen Finger ringelte. Er wusste, wie ihre Haut schmeckte und ihr Ohrläppchen sich anfühlte. Gegen seinen Willen senkte sich sein Blick auf ihre Brüste, die vor Wut zitterten. Hatte er sie wirklich mit seinen Händen umfasst, oder bildete er sich das nur ein?
Er lenkte seinen Blick zurück auf ihr Gesicht und richtete ihn auf ihren Mund. Er hatte ihn geschändet mit seiner Zunge. Manche billigen Huren ließen nicht einmal solche Küsse zu. Er hatte sich hinterher gehasst und gefragt, warum Banner dem Ganzen kein Ende gesetzt hatte. Aber jetzt konnte er an nichts anderes denken, als es wieder zu tun. Er wollte noch einmal diese Süße kosten, die direkt hinter ihren Lippen lag.
Und er hasste sich aufs Neue.
Abrupt wandte er sich ab und stützte seine Ellenbogen auf die oberste Latte des Zauns. Er schlang seine Finger fest ineinander und klopfte mit den Daumennägeln gegen seine Schneidezähne. Sein Kiefer war verkrampft.
»Ich hatte das Gefühl, es dir schuldig zu sein, zu bleiben.«
»Es mir schuldig zu sein?«, presste sie hervor.
»Ja, es dir schuldig zu sein. Auf diese Weise zahle ich zurück, was ich dir genommen habe.«
»Du brauchst mir keinen Gefallen zu tun, bei dem du dich selbst aufopferst. Du hast nichts genommen, das ich dir nicht angeboten hätte.«
Seine Armmuskeln spannten sich an. »Du hast es mir angeboten, aber
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