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Wie ein reißender Strom: Roman (German Edition)

Wie ein reißender Strom: Roman (German Edition)

Titel: Wie ein reißender Strom: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
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treffen würde, merkte man ihm das nicht an. Er spielte mit seinen Nichten und Neffen, redete mit Hector ernsthaft über Futterpreise und zog Marynell damit auf, dass sie immer noch unverheiratet sei, bis sie ihm gespielt ärgerlich mit einem Zinnmessbecher auf den Kopf schlug.
    Nachdem Banner den Besuchern zum Abschied gewunken hatte, schützte sie Kopfschmerzen vor und zog sich auf ihr Zimmer zurück. Jakes scheinbare Gleichgültigkeit ärgerte sie, besonders da ihr Gemüt sich in Aufruhr befand.
    Wenn ihr Papa doch nur jemand anderen als Jake bestimmt hätte …
    Diese Vorstellung brachte ihre wirbelnden Gedanken zum Stillstand. Wen sonst außer Jake? Wenn sie die Uhr um achtundvierzig Stunden zurückdrehen und jene Stunde in der Scheune auslöschen könnte, wäre sie begeistert darüber, dass Jake ihr Vormann sein wollte.
    Wie die Dinge lagen, machte ihre eigene Schuld die Situation unhaltbar.
    Was sah er, wenn er sie anschaute?
    Sah er sie in ihrer schlichten weißen Hemdbluse und ihrem dunkelblauen Rock? Oder hatte sie sich seinem Gedächtnis für immer in ihrem hauchdünnen Nachthemd eingeprägt?
    Erinnerte er sich an den Augenblick, als sie sich von dem Schock, seine Zunge in ihrem Mund zu spüren, erholt und ihre Lippen sogar noch weiter geöffnet hatte? Sie würde bestimmt die feuchten, blitzschnellen Bewegungen seiner Zunge nie vergessen und auch nicht die langsamen, gefühlvollen, die in sie eindrangen und sie liebkosten.
    O Gott, stöhnte sie. Erinnerte er sich an ihre Hände, die aus eigenem Antrieb handelten und in sein Haar griffen? Und erinnerte er sich daran, dass sie schamlos seinen Namen wie ein rituelles flehendes Gebet gerufen hatte, als sein Körper begonnen hatte, sich rhythmisch in ihr zu bewegen?
    Natürlich erinnerte er sich daran. Wenn sie sich so lebhaft daran erinnerte, dass ihr Herz klopfte und ihr Körper so reagierte, als geschähe es gerade wieder, würde es dann bei Jake nicht genauso sein?
    Sie bedeckte ihr Gesicht mit den Händen. Würde sie ihren Traum von einer eigenen Ranch begraben müssen wegen der Torheit einer einzigen Nacht? War das kein zu hoher Preis für ihren Stolz?
    Sie hatte einen Fehler begangen und musste den Konsequenzen ins Auge sehen. Aber sie konnte nicht für den Rest ihres Lebens im Büßergewand herumlaufen. Offensichtlich war Jake gewillt, das, was geschehen war, hinter sich zu lassen und normal weiterzuleben. Hatte sie nicht genauso viel Mut wie er? Würde sie sich ewig vor ihm ducken? Sie wollte verdammt sein, wenn sie ihm diese Genugtuung bereitete!
    Sie marschierte zum Fenstersitz und ließ sich auf die Kissen fallen. Ihr Gesicht war von Gefühlen aufgewühlt. Durch das Fenster konnte sie kaum mehr die Staubfahne des Wagens erkennen, der Anabeths Familie und Marynell zur Bahnstation in der Stadt brachte. Während ihres ganzen Besuches war Banner abgelenkt gewesen und hatte es nicht richtig genießen können, dass sie auf River Bend waren. Sie gehörten zur Familie, auch wenn sie keine Verwandten waren.
    Als Banner heranwuchs, hatte sie sich gewundert, dass sie keine Cousinen oder Großeltern hatte. Als sie dann zur Schule kam und durch andere Kinder diesen Mangel in ihrem Leben entdeckte, hatte sie ihre Eltern danach gefragt. Wo waren ihre Großeltern, Onkel und Tanten, Cousinen und Cousins? Warum hatte sie keine – so wie andere Kinder?
    Die Antworten, die sie bekam, waren vage und unbefriedigend. Als sie alt genug war, um zu bemerken, dass Ross und Lydia ihr mit Absicht auswichen, hörte sie taktvoll auf zu fragen. Jenseits des Tages, an dem sie in Texas ankamen, schienen sie keine Vergangenheit zu haben. Selbst die Einzelheiten über ihre gemeinsame Zeit im Siedlertreck waren schemenhaft.
    Diese Leerstellen in ihrem Stammbaum hatten Banner keine Ruhe gelassen. Teilten Ross und Lydia ein Geheimnis? Lächelten sie einander deshalb so oft auf eine Weise an, die jeden anderen ausschloss? Sie umschloss eine Privatsphäre, in die nicht einmal Lee und sie eindringen konnten.
    Sie wusste nicht, warum sie diesen Drang verspürte, Antworten auf ihre Fragen zu bekommen. Aber sie fühlte sich dazu getrieben zu entdecken, wer ihre Eltern waren, wo sie herkamen, wer sie zusammengeführt hatte.
    Wenn jemand ihr einen Hinweis darauf geben konnte, war es Jake. Sie würden einander häufig sehen. Und täglicher Kontakt schuf Vertrautheit. Vielleicht würde er ja gesprächig werden. Unbeabsichtigt würden ihm möglicherweise die Informationen entschlüpfen, die die

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