Wie ein reißender Strom: Roman (German Edition)
trat ins Freie, kratzte sich am Kopf und kämmte sich mit den Fingern durch das Haar, das im Sonnenlicht wie zerzaustes gesponnenes Gold aussah. Er gähnte breit und enthüllte dabei gerade, weiße Zähne. Nun gut, in der Mitte der unteren Reihe standen sie ein wenig schief, aber diese Unvollkommenheit fiel kaum auf.
Er verschränkte die Finger, drehte sie von innen nach außen, hob sie hoch über den Kopf und streckte sich mit der geschmeidigen Lässigkeit eines Pumas.
Ihr entglitt die Scheibe Schinken, aber sie merkte es nicht.
Er hatte Hose und Stiefel angezogen, aber … die Hose war noch nicht zugeknöpft. Was Banner faszinierte, war weniger das, was sie sah, als das, was sie nicht sah.
Als er sich mit weit auseinandergestellten Füßen und durchgebogenem Rücken voller Wohlbehagen streckte, war Banner ein uneingeschränkter Blick auf seinen muskulösen Oberkörper vergönnt. Ihr Mund wurde trocken, aber ein anderes Körperteil reagierte genau umgekehrt. Nicht dass sie noch nie einen Mann ohne Hemd gesehen hätte. Das hatte sie schon sehr oft. Ihren Vater, Lee, Micah. Aber Jake hatte sie noch nie ohne Hemd gesehen. Auch wenn sie ihn so unvoreingenommen wie möglich betrachtete, hielt sie seinen Anblick für sensationell.
Seine Schultern waren breit. Die Muskeln seiner Oberarme gingen in sanften Kurven darin über. Weiche Nester hellbraunen Haars kleideten seine Achselhöhlen aus. Seine Brust war bedeckt von einem Geflecht krauser goldener Haare, die sich hell von dem Kupferton seiner Haut abhoben. Beinahe verborgen in diesem blonden Pelz befanden sich flache braune Brustwarzen, die unter dem Kuss der kühlen Morgenluft steinhart wurden.
Banner schluckte und presste ihre Knie fest zusammen.
Jakes Brustmuskulatur hätte die Arbeit eines Bildhauers sein können. Er war schlank, aber jede Wellenlinie war klar umrissen.
Seine Brust lief in einen straffen, flachen Magen aus und in einen noch festeren Bauch. Eine dünne Linie verband den Wald auf seiner Brust mit dem Büschel rund um seinen Nabel. Sein Haar war dort dunkler und dichter. Banners Augen verfolgten es, bis es in dem V, das von seiner geöffneten Hose gebildet wurde, verschwand. Ihre Neugierde spielte verrückt.
Seltsam, dachte sie, dass sie bei diesem Mann gelegen hatte, und dennoch war es jetzt das erste Mal, dass sie ihn nicht vollständig bekleidet sah. Stolz flammte in ihr auf. Er war großartig. Schön. Golden und schlank. Wenigstens musste sie nicht mit der erniedrigenden Tatsache leben, dass ihr erster und möglicherweise einziger Liebhaber jemand gewesen war, der nicht begehrenswert war.
Jake senkte die Arme und schüttelte sie, um den Kreislauf anzuregen. Dann ging er zu der Wasserpumpe im Hof zwischen Scheune und Haus, beugte sich vor und ließ das Wasser über Kopf und Nacken spritzen. Als er sich wieder aufrichtete, bedeckte er das Gesicht mit den Händen. Langsam senkte er die Hände und schüttelte den Kopf, um die Wassertropfen loszuwerden. Wie ein Diamantenschauer flogen sie nach allen Seiten, in jedem Prisma fing sich das Sonnenlicht.
Er kehrte nur kurz in die Scheune zurück, um ein Hemd zu holen. Als er wieder herauskam, war er gerade dabei, es anzuziehen. Dann ging er um die Scheune herum, bis er aus Banners Blickwinkel verschwand.
Einige Augenblicke lang starrte sie auf den Fleck, wo sie ihn zuletzt gesehen hatte. Dann zwinkerte sie mit den Augen, als wachte sie aus einer Trance auf, und holte tief und hastig Luft. Ihre Muskeln entspannten sich einer nach dem anderen, und die Spannung fiel von ihr ab. Jetzt erst bemerkte sie erstaunt, dass eine Scheibe Schinken zu Boden gefallen war.
Ihr seelisches Gleichgewicht war noch ein wenig gestört, aber sie zwang sich, das Frühstück fertig zuzubereiten. Jeden Augenblick würde Jake hereinkommen und erwartete glühend heißen Kaffee und eine warme Mahlzeit.
Waren ihre Wangen so erhitzt, wie sie glaubte?
Würde er wissen, dass sie ihm nachspioniert hatte?
Und wenn schon? dachte sie plötzlich wütend. Was fiel ihm ein, halbnackt dort herumzustolzieren? Ganz gewiss hatte sie ihn nicht anschauen wollen, es war ein Zufall gewesen. Sie hatte auch nicht das Bedürfnis, ihn … zu berühren. Und dieses schwache Gefühl der Enttäuschung, das sie in der Magengrube spürte, rührte nicht daher, dass er in der Nacht, als sie miteinander geschlafen hatten, ein Hemd getragen hatte. Ganz bestimmt nicht! Wahrscheinlich hätte es sich sowieso nicht gut angefühlt, all diese Haare und die
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