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Wie ein Ruf in der Stille: Roman (German Edition)

Wie ein Ruf in der Stille: Roman (German Edition)

Titel: Wie ein Ruf in der Stille: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
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Sobald sein Gesicht über den Bildschirm flimmerte, rief sie »Auri, Auri!« und deutete aufgeregt auf Drake, während sie seinen Namen zeigte. Lauri hatte ihr beigebracht, was Daddy bedeutete. Als sie das Wort Mutter lernte, hatte sie blitzschnell kombiniert und Lauri gefragt, ob sie ihre Mutter wäre. Lauri versuchte, ihr den Begriff Tod zu erläutern, indem sie ihr zwei Heuschrecken zeigte: eine tot, die andere lebendig. Zwar begriff Jennifer die Erklärung, aber Lauri war sich nicht sicher, ob sie auch verstand, dass ihre eigene Mutter tot war. Zumal sie kein mentales Bild hatte, das den Begriff einer Person zuordnete. Vielleicht sollte sie Drake um ein Foto der verstorbenen Susan bitten, überlegte sie.
    Sie machten Spaziergänge durch die von kristallklaren Bächen durchschnittene Hügellandschaft. Lauri zeigte Jennifer die Symbole für alles, was sie sahen. Für gewöhnlich behielt das Kind nur einen Begriff, obwohl sie jedes Zeichen mehrfach wiederholten.
    Nachmittags drückten Betty, Sam und Sally gemeinsam mit Jennifer die Schulbank. Das war immer sehr lustig, sie lachten viel, denn die drei Kleinen machten aus dem Unterricht ein Spiel. Schon nach kurzer Zeit war es für sie selbstverständlich,
in ihrer kindlichen Unbefangenheit mit Jennifer zu kommunizierten.
    »Schau mal, Jennifer«, rief Lauri, als sie den Briefkasten öffnete. Sie waren eben von einem Spaziergang in den Ort zurückgekehrt, wo sie Lebensmittel eingekauft hatten. »Da ist Post für dich! Mal sehen von wem.« Wie üblich sprach Lauri parallel zu ihren Gesten.
    »Jen-fa«, sagte das Kind auf seine unartikulierte, aber niedliche Art. Sie deutete auf sich und strahlte.
    Lauri hielt ihr den Brief hin, und Jennifer zeigte auf ihren Namen, der in Großbuchstaben auf dem Umschlag stand. Dann tippte sie auf den Absender in der linken oberen Ecke. Drake , signalisierte sie kieksend.
    Er schrieb ihr regelmäßig zwei bis drei Mal pro Woche, immer nur ein paar Zeilen, aber voller Liebe und dass sie ihm fehlte. Und in jedem Brief steckte ein Päckchen zuckerfreier Kaugummi.
    Er hatte auch schon zwei Mal angerufen. Wenn sie am Telefon seine Stimme hörte, stockte Lauri für Augenblicke das Herz, um dann wie wild loszurasen. Ihre Unterhaltung war geschäftsmäßig kurz und sachlich. Er erkundigte sich nach Jennifers Fortschritten, nach dem Haus und ob sie etwas bräuchten. Er hielt sie dazu an, ihm ihre Wünsche umgehend mitzuteilen; dann hing er ohne ein persönliches Wort auf. Lauri zweifelte keine Sekunde lang daran, dass er ihren gemeinsamen Kuss längst als dummen kleinen Ausrutscher abgehakt hatte.
    War es Zufall, dass Lauri nach seinen Anrufen nachts nicht einschlafen konnte? Wie kam es bloß, dass seine Stimme sie dermaßen aus der seelischen Balance warf und sie
den ganzen Tag von allem anderen ablenkte? Und abends, wenn sie allein in dem großen Bett lag, wälzte sie sich unruhig und genervt von einer Seite auf die andere. Sie sehnte sich nach …
    Pustekuchen! Nein, das Eingeständnis käme ihr niemals über die Lippen. Auch wenn es gar keinen Zweck hatte, die Wahrheit zu leugnen.
    Sie sehnte sich nach Drake.
    Nackt zu schlafen hatte sie sich während ihrer Ehe mit Paul angewöhnt. Wenn er nachts wieder aufgestanden und ans Klavier zurückgekehrt war, war sie häufig zu träge gewesen, ihr Nachthemd anzuziehen, das er ihr ungeduldig heruntergestreift hatte.
    Dass sie kein Nachthemd trug, hatte sie bis vor kurzem nie besonders erotisierend gefunden. Wenn sie jetzt nackt unter den kühlen Laken lag, dachte sie unwillkürlich an Drake. Würde sie ihm so gefallen? Was wäre es für ein Gefühl, wenn er sie streichelte, verwöhnte, ihren Körper mit seinen starken, gefühlvollen Händen erforschte? Sie sinnlich erregte, bis sie feucht und willig wäre? Ihre prickelnden Brüste stimulierte, bebend vor heißer Lust?
    Dann wälzte sie sich unruhig hin und her, bis sie endlich einschlief und ihre Fantasien in das Reich der Träume hinüberrettete. Träume, in denen sie die ersehnte Erfüllung fand.
     
    »Hi. Was liegt an?« Betty steckte den Kopf durch die Hintertür, nachdem sie höflich angeklopft hatte.
    »Wir haben einen Brief von Drake bekommen«, rief Lauri.
    »Ooooh«, seufzte Betty. »Darf ich den mal anfassen?«
    »Sie Dummchen.« Lauri lachte und begann, die Lebensmittel
auszupacken. Unterdes schwatzte Jennifer unbekümmert mit dem Brief, als plauderte sie mit Drake.
    Betty setzte sich wie gewohnt auf den Küchenhocker, ihren angestammten

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