Wie ein Ruf in der Stille: Roman (German Edition)
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Im Normalfall nimmt der Schauspieler die Partnerin so in die Arme.« Er zog sie in eine innige Umarmung. »Dann verharrt sein Mund über ihrem, während die Zuschauer gespannt darauf warten, wie es zwischen den beiden weitergeht. Der männliche Darsteller …« Er brach ab, brachte seine Lippen auf die ihren. Gefangen von diesem Spiel, hob Lauri wie in Trance die Arme, schlang sie um seinen Hals. Sein Mund verschmolz mit ihrem, gleichwohl beließ er es dabei.
Er hob den Kopf und senkte seine grünen Tiefen in ihre. Seine Stimme klang rau, als er fortfuhr: »Und dann gibt es den Kuss, der einem unweigerlich signalisiert, ›Lass uns aufhören mit dem Blödsinn, es hat ohnehin gefunkt‹. Der geht so.«
Er schmiegte sich an sie, worauf sie unter dem Gewicht
seines Körpers auf die Decke zurücksank. Seine Zunge kitzelte ihre Mundwinkel, knabberte zärtlich an ihrer Unterlippe, ehe sie die süßen Tiefen ihres Mundes erkundete. Sie erwiderte den Kuss, neckte und saugte und schmeckte, bis sie sich atemlos voneinander lösten.
»Du bist nicht nur ein Einserkandidat im Küssen, sondern auch ein hervorragender Lehrer«, meinte sie gepresst.
»Nur bei hochbegabten Schülerinnen.« Er grinste.
Spielerisch glitten ihre Finger durch sein glänzendes Haar. »Und wie viele waren das, wenn man fragen darf?«, erkundigte sie sich mit einem Hauch von Eifersucht.
»Tausend mindestens.« Er zeichnete ihre Lippen mit seinem Zeigefinger nach. »Als sie Unterricht an der Schauspielschule nahm, war Susan …«
Sein Finger hielt mitten in der sinnlichen Bewegung inne, und der Name hing zwischen ihnen in der Luft, gleichsam eine unsichtbare Bedrohung. Die eben noch glutvollen grünen Augen nahmen einen kalten, stählernen Glanz an. Es folgte eine angespannte Pause, in der sie reglos auf der Decke lagen. Unvermittelt setzte Drake sich auf.
»Besser, wir machen uns auf den Rückweg.« Er stand geschmeidig auf.
Ihre Kehle war wie zugeschnürt, und sie brachte keinen Ton heraus. Stattdessen nickte sie nur.
Schweigend packten sie ihre Sachen zusammen. Es war kühler geworden, fand Lauri. Sie schauderte unbehaglich. Susan. Susan. Immer nur Susan.
Sie stapften über den laubbedeckten Pfad zum Haus zurück. Drake versuchte, ein Gespräch mit ihr anzufangen, da sie jedoch nur einsilbig reagierte, gab er schließlich auf.
Als sie sich dem Grundstück näherten, bemerkten sie einen Kombi, der in der Auffahrt parkte. Er stand neben dem Mercedes und dem Leihwagen von Lauris Eltern.
»Hast du eine Ahnung, wer das sein könnte?«, fragte Drake, als sie den Wagen passierten.
»Nööö. Bettys Wagen ist es jedenfalls nicht.«
Drake öffnete die Haustür und schob sie ins Innere. Plötzlich stand sie im Blitzlichtgewitter einer Kamera. Völlig perplex und für Augenblicke geblendet von dem hellen Licht, stolperte Lauri zurück und schmiegte sich Schutz suchend an Drakes Brust. Impulsiv schlang er die Arme um ihre Taille.
»Teufel auch, was ist denn hier los?«, entrüstete er sich.
Wieder flammte das Blitzlicht auf.
»Das sollte fürs Erste reichen, guter Mann. Lassen Sie sie doch erst mal hereinkommen«, brummelte Andrew.
Sobald sich ihre Augen an die Lichtverhältnisse im Haus gewöhnt hatten und die grellroten Blitze auf ihrer Netzhaut zu einem matten Gelb verblasst waren, nahmen Lauri und Drake den jungen Mann mit der Kamera wahr. Er trug Turnschuhe und Jeans, dazu ein geschmackloses Sportsakko, groß kariertes Sporthemd und Tupfenkrawatte.
»Hi, Mr. Sloan. Ich bin Bob Scott vom The Scoop Sheet . »Junge, das ist megamäßig!« Er nickte bekräftigend, dabei wippte seine dauergewellte Afrolook-Mähne wie ein feuchter, überdimensionierter Badeschwamm auf seinem Kopf.
Lauri hatte nicht die geringste Ahnung, weswegen der junge Mann hier im Beisein ihrer Eltern und Jennifers Fotos machte. Auf Andrews Schoß sitzend, verfolgte die Kleine das Ganze mit erkennbarem Interesse. Der Name der Zeitschrift,
die Bob Scott genannt hatte, war Lauri allerdings geläufig. Es handelte sich um ein Magazin, das Woche für Woche millionenfach verkauft wurde. Die reißerischen Headlines deuteten auf Artikel, die häufiger unter die Gürtellinie zielten. Und die Herausgeber schreckten vor nichts zurück: Skandale, Sexgeschichten, schlüpfrige Indiskretionen fanden eben immer ihr begeistertes Lesepublikum. Aber was wollte der Typ von ihnen?
Sobald der enthusiastische Reporter die Linse erneut vors Auge drückte, polterte Drake los. »Nehmen Sie
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