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Wie ein stummer Schrei

Wie ein stummer Schrei

Titel: Wie ein stummer Schrei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dinah McCall
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Gedanke gekommen, mit der Vergangenheit abzuschließen und noch einmal etwas Neues anzufangen.
    Das war auch an diesem Tag nicht anders. Sie lag auf dem Sofa, auf einen Ellbogen gestützt, und sah sich
Der Preis ist heiß
an. Das weite Kleid, mit dem sie kaschieren wollte, wie viel sie zugenommen hatte, war ein Stück hochgerutscht und entblößte bleiche, dicke Beine. Die Schlappen, die sie vorzugsweise trug, baumelten an den großen Zehen. Der graue Ansatz ihrer roten Haare ließ deutlich erkennen, wie lange Anna es bereits versäumt hatte, zum Färben den Friseur aufzusuchen.
    Als sie die Türglocke hörte, runzelte sie ein wenig verärgert die Stirn, da die Teilnehmer der Fernsehsendung jeden Augenblick erfahren würden, wie weit sie mit ihrer Schätzung danebenlagen. Dann aber hörte sie eine vertraute Stimme und wäre fast vom Sofa gefallen, um zur Tür zu eilen.
    “Nanna … Nanna … ich bin’s, Olivia!”
    Sie riss die Tür auf und sah ihren Besuch gleichermaßen erfreut wie erstaunt an.
    “Olivia! Oh, das ist ja so schön, dich zu sehen!” rief sie und umarmte die junge Frau. “Komm doch rein. Wenn du mich vorher angerufen hättest, dann hätte ich dir Schokoladenkekse gebacken. Die magst du doch am liebsten.”
    “Ja, das stimmt”, erwiderte Olivia mit strahlender Miene und genoss es, in Annas Armen liegen zu können.
    Herzukommen war die richtige Entscheidung gewesen. Auch wenn Anna keine Blutsverwandte war, stellte sie für Olivia doch das dar, was einer Mutterfigur am nächsten kam. Anna hatte ihr geholfen, ihr Haar zu flechten, war mit ihr in die Stadt gefahren, um ihr den ersten BH zu kaufen. Von ihr wusste Olivia alles darüber, was es hieß, eine Frau zu sein. Anders als Rose kannte Anna alle ihre Vorlieben und Abneigungen, was auch für Schokoladenkekse und Zitronensorbets galt.
    “Wie geht es dir?” fragte Anna, die die Tür hinter ihr schloss und Olivia zum Sofa dirigierte. “Hast du mit Mr. Marcus in Europa eine schöne Zeit verbracht? Erzähl mir, wie es war.”
    Olivia hatte sich bei Annas ungepflegtem Anblick erschrocken, und ihr ungutes Gefühl verstärkte sich, als sie das unaufgeräumte Wohnzimmer betrat, doch sie ließ sich nichts anmerken. Schließlich zählte für sie nicht der äußere Anschein. Anna war die Frau, die ihr ein Gefühl von Sicherheit gab, daher ignorierte sie den Anflug von Besorgnis, der sich regte.
    “Europa war phantastisch”, erwiderte sie. “Wir haben Dutzende von Filmen verknipst, aber ich habe sie noch nicht entwickeln lassen. Nach allem, was geschehen ist, stand mir nicht mehr der Sinn danach.”
    “Was ist denn geschehen, Kind?” fragte Anna erstaunt. “Ist Marcus etwas zugestoßen? Ist er krank?”
    Dass Anna nicht wusste, wovon sie sprach, verblüffte Olivia. “Nein, nichts in der Art. Ich rede von den Medien, du weißt schon. Sicher hast du von dem toten Baby gehört.”
    “Was denn für ein totes Baby?” Noch bevor Olivia etwas erwidern konnte, fügte sie an: “Ich muss gestehen, mir ist vor etwa einer Woche meine Brille zerbrochen. Fürs Fernsehen reicht es auch ohne Brille, darum habe ich sie noch nicht reparieren lassen. Aber lesen kann ich ohne sie kaum etwas.”
    “Oh je”, meinte Olivia daraufhin. “Ich wünschte, an mir wäre das auch alles vorbei gegangen.” Dann zog sie ihre Schuhe aus und nahm im Schneidersitz auf dem Sofa Platz. “Ich hätte dich anrufen sollen, als es anfing.”
    “Als was anfing?” fragte Anna und setzte sich zu Olivia, um im nächsten Moment wieder aufzuspringen. “Warte, ich hole uns erst etwas zu trinken.”
    “Nein, nein, bitte nicht”, beteuerte sie. “Vielleicht später. Ich muss dir alles erzählen, für den Fall, dass die Reporter dich anrufen … auch wenn ich mir nicht vorstellen kann, warum sie das tun sollten.”
    Die ältere Frau war mit einem Mal hellhörig, setzte sich wieder und legte die Hände in den Schoß. “Warum sollten die bei mir anrufen?”
    “Sie sollten es nicht, aber man kann nie wissen. Grampy und ich sind der Meinung, du solltest darauf vorbereitet sein.”
    “Worauf denn?”
    “Vor etwa einer Woche wurde in einem Haus am Lake Texoma in einem Koffer das Skelett eines kleinen Mädchens entdeckt. Es hat an einer Hand zwei Daumen, und deswegen überprüft die Polizei, ob es einen Zusammenhang zu uns geben könnte”, erklärte Olivia.
    “Ein Mädchen in einem Koffer? Mein Gott, das ist ja entsetzlich!” rief sie aus. “Aber ich verstehe das nicht. Sicher, drei

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