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Wie eine Rose im Morgentau

Wie eine Rose im Morgentau

Titel: Wie eine Rose im Morgentau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne Clair
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kurz darauf ein Schlüssel in der Eingangstür umgedreht wurde, war sie sehr erstaunt, dass es schon nach halb elf war.
    Trotzdem, für Bryn wäre es noch zu früh, den sie eigentlich nicht vor Samstag erwartete.
    Er stieß die angelehnte Tür auf und schlenderte zu dem Tisch, an dem sie saß. „Arbeitest du so spät noch?“, fragte er verwundert.
    Sie sah zu ihm hoch. „Ich höre bald auf. Ich wusste nicht, was ich sonst machen sollte.“
    „Hier gibt es ja nicht viel Abwechslung für dich, nicht wahr?“ Er lehnte sich gegen die Tischkante und betrachtete Rachels Gesicht.
    „Mir gefällt das Leben hier.“ Verstohlen suchte sie in seiner Miene zu ergründen, in welcher Stimmung er war. Er sah sehr anziehend aus, doch sie glaubte, auch einen Anflug von Anspannung von seinem ernsten Gesicht abzulesen. „Und, wie war dein Abendessen?“
    Kaum hatte sie die Frage gestellt, bereute sie es schon.
    Sein Mund wurde zu einem harten Strich. Dann lachte er ironisch auf. „Wie es zu erwarten war“, meinte er. „Sehr kultiviert und triste .“
    Traurig? Rachel schluckte. „Du hast nicht …?“ Sie ließ die Frage im Raum hängen. Sicher hätte er die Nacht bei Kinzi verbracht, wenn sie sein Angebot in letzter Minute angenommen hätte.
    „Nein.“ Er ging zu dem Tisch, der zwischen den beiden Fenstern stand, und lehnte sich mit verschränkten Armen gegen die Kante. „Sie freut sich sehr auf den neuen Job in einem anderen Land.“ Er hielt inne und sah Rachel an. „Was denkst du gerade?“
    „Dass sie vielleicht nur ihre Enttäuschung überspielt.“
    „Kinzi ist sehr ehrgeizig. Sie wird darüber hinwegkommen.“
    „Und du auch.“
    „Ja.“
    Sein eindringlicher Blick machte sie nervös. „Deine Mutter ist ziemlich müde“, versuchte sie vom Thema abzulenken. „Sie hat die Sturmschäden im Garten beseitigt.“
    Bryn straffte sich, während seine dunklen Brauen sich zusammenzogen. „Ich habe ihr gesagt, dass sie das mir und dem Gärtner überlassen soll. Dafür zahlen wir die Leute schließlich.“
    „Sie hat es doch gern gemacht. Und der Gärtner hat die schweren Aufgaben erledigt. Aber sie hat sich wohl trotzdem ein bisschen übernommen.“
    Beunruhigt ging er auf und ab, die Hände tief in den Taschen vergraben. „Wenn sie doch nur umziehen würde. Dieses Haus ist viel zu groß für sie.“
    „Das wird sie nicht, bis …“
    Er blieb auf der anderen Seite des Tisches stehen. „Bis sie sich umbringt, weil sie all dies erhalten will …“
    „Es ist dein Erbe“, rief Rachel ihm in Erinnerung. „Und wenn du eine eigene Familie hast, wird sie gerne ausziehen. Nur dafür hält sie das Haus instand.“ Als ob er das nicht wusste. „Es ist nicht mein Fehler“, fügte sie scharf hinzu. „Also hör auf, mich so finster anzusehen.“
    „Tut mir leid“, meinte er, doch seine Miene veränderte sich nicht. „Ihr Arzt sagte …“
    Als er nicht weitersprach, fragte Rachel: „Hat sie denn gesundheitliche Probleme?“
    Aufgebracht schüttelte Bryn den Kopf. „Der verfluchte Kerl würde nie seine ärztliche Schweigepflicht brechen, obwohl ich ihn sein Jahren kenne. Aber er hat angedeutet, dass ich ein Auge auf sie haben soll. Und ich musste ihm schwören, dass ich kein Wort darüber verliere, dass er mir überhaupt etwas gesagt hat. Er hat mir lediglich verraten, dass sie keinen Krebs hat, oder eine andere unmittelbar lebensbedrohliche Krankheit.“
    „Dann ist es wahrscheinlich auch nichts Schlimmes“, erwiderte Rachel vorsichtig.
    Sein Mund verzog sich. „Wie immer ein kleines Trostpflaster zu Hand“, meinte er spöttisch.
    Rachel stand auf. „Ich geh jetzt zu Bett“, meinte sie abweisend. „Pearl wird es morgen wahrscheinlich wieder gut gehen.“ Schnell biss sie sich auf die Unterlippe, weil sie ihm wieder den Trost hatte geben wollen, den er nicht wünschte.
    Er war bei ihr, ehe sie die Tür erreichte, umklammerte ihren Arm und drehte sie zu sich herum. „Ich wollte dich nicht verletzen. Es war nur ein verdammt anstrengender Tag. Einer unserer Arbeiter in der Mühle hatte einen schweren Unfall, und ich muss es der Familie irgendwie erklären, obwohl ich selbst nicht genau weiß, was passiert ist. Und heute Abend habe ich mich von einer Frau verabschiedet, an die ich mich gewöhnt und … na ja, die ich gern habe, und ich mache mir Sorgen um meine Mutter. Du bist eben zufällig gerade da, jetzt, wo alles zusammenkommt.“
    So wie ich zufällig da bin, wenn ihm danach ist, jemanden zu küssen,

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