Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wie einst in jenem Sommer

Wie einst in jenem Sommer

Titel: Wie einst in jenem Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathryn Ross
Vom Netzwerk:
Und was befähigte sie selbst dazu, sich um ein sechs Monate altes Kind zu kümmern? So gut wie gar nichts. Weder hatte sie Geschwister noch irgendwelche Erfahrung mit Kindererziehung. Andreas schien offensichtlich im Geld zu schwimmen, daher würde er das Problem wahrscheinlich im Handumdrehen lösen.
    Besorgt schaute sie die Kleine an, die sich vertrauensvoll an sie schmiegte. Aber Liebe konnte man nicht kaufen.
    Die arme Lilly!
    Carrie wusste ja aus eigener Erfahrung, wie es sich anfühlte, jung, verletzlich und ganz allein auf der Welt zu sein. Nach dem Tod ihrer Mutter hatte sich niemand um sie gekümmert. Das war eine schreckliche Zeit gewesen.
    Das Ehepaar, das sie schließlich als Pflegekind bei sich aufgenommen hatte, war zwar nett gewesen, hatte sich jedoch nie richtig für ihre Sorgen und Nöte interessiert. Ihnen war es egal, wie sehr sie ihre Mutter vermisste und wie tief verletzt sie darüber war, dass ihr Vater sie einfach im Stich gelassen hatte. Ohne Jo hätte sie diese fürchterliche Zeit vermutlich nicht überstanden.
    Beim Gedanken an Jo kamen ihr die Tränen. Ihre warmherzige Freundin mit der rauen Schale hatte selbst einiges mitgemacht. Sie war immer für Carrie da gewesen.
    Zärtlich betrachtete sie die kleine Lilly. „Was sollen wir nur mit dir anfangen?“, fragte sie leise und rang sich ein Lächeln ab.
    Andreas hörte Carries Stimme, als er sein Büro verließ. Offensichtlich hielten Carrie und Lilly sich in der Küche auf. Leise kam er näher, blieb an der offenen Tür stehen und sah zu, wie Lilly die Flasche bekam. Carrie redete lebhaft auf das Kind ein, erzählte von Jo, versicherte der Kleinen, sie sehr lieb zu haben.
    Erstaunlich, wie schnell sie die Rolle der erfolgreichen Geschäftsfrau mit der einer fürsorglichen Patentante für Lilly getauscht hatte.
    Er bemerkte, wie das seidige blonde Haar ihr ins Gesicht fiel, als sie sich vorbeugte, um nach einem sauberen Lätzchen zu greifen, das auf der Arbeitsfläche lag. Wie unglaublich jung Carrie aussieht, dachte er. Genau wie vor zwei Jahren, als er ihr zum ersten Mal begegnet war. Gleichzeitig wirkte sie mütterlich, und das faszinierte ihn so sehr, dass er den Blick einfach nicht abwenden konnte. Instinktiv hielt sie das Baby richtig im Arm, sprach zärtlich auf das kleine Wesen ein – all das löste verschiedene Emotionen in ihm aus, die er nicht so schnell deuten konnte.
    Jedenfalls war er sehr froh, seine zunächst abweisende Haltung aufgegeben zu haben. Carrie hierher zu bringen war die beste Entscheidung, die er seit Langem getroffen hatte.
    Lilly schien glücklich und zufrieden in ihrer Nähe, Andreas freute sich, die Situation richtig eingeschätzt zu haben.
    Carrie hatte offensichtlich seine Anwesenheit bemerkt, denn sie wandte sich um und begegnete seinem Blick.
    Heftiges Verlangen durchflutete ihn. Wie gern wollte er die Vergangenheit auslöschen und einfach noch mal von vorn beginnen – mit Carrie.
    „Wie lange stehst du schon da?“, fragte sie leise. Ihre Augen glänzten, als sie ihn anschaute. Das verstärkte seine Gefühle noch mehr.
    Ja, es war definitiv die richtige Entscheidung gewesen, Carrie herzubringen!
    „Lange genug, um eure kleine Unterhaltung mit anzuhören“, sagte er und kam näher.
    „Wir haben uns einiges zu erzählen.“ Carrie wandte sich wieder dem Baby in ihren Armen zu, spürte jedoch Andreas’ Nähe sofort. Er lehnte sich an den Tresen.
    Der Duft seines Eau de Toilettes stieg ihr in die Nase, als Andreas sich vorbeugte, um zärtlich Lillys Wange zu streicheln.
    „Du scheinst zu wissen, was du tust“, sagte er. „Sie sieht viel zufriedener aus.“ Neugierig schaute er Carrie an.
    „Hoffentlich mache ich alles richtig.“
    Seine Nähe beunruhigte sie. Die intime Szene in der dämmrigen Küche ließ ihr Herz schneller pochen.
    Entschlossen versuchte sie, ihre Sehnsucht nach ihm zu unterdrücken, und konzentrierte sich wieder auf das Baby. „Ich glaube, sie ist müde. Wann bringst du sie denn normalerweise ins Bett?“
    „Gegen sieben.“
    Beide beobachteten, wie Lilly versuchte, die Augen offen zu halten. Nur hin und wieder trank sie noch einen Schluck aus dem Fläschchen.
    Carrie zog die Flasche zurück und stellte sie auf den Tresen. Lilly protestierte nicht, denn sie war offensichtlich eingeschlafen. Die rosigen Lippen waren zu einem Schmollmund verzogen, die seidigen Wimpern berührten die Wangen.
    „Ist sie nicht ein Schatz?“, fragte Carrie leise und betrachtete selbstvergessen

Weitere Kostenlose Bücher