Wie entführt man einen Herzog?
außer uns beiden und Jem weiß, was wir getan haben. Es gibt keine anderen Unterlagen über die Eheschließung. Der Schmied, der uns getraut hat, konnte nicht lesen. Und nach unseren Namen hat er nicht gefragt. Niemand braucht je zu erfahren, dass wir in Gretna geheiratet haben.“
„So leicht stellen Sie sich das also vor?“, meinte Adam in sarkastischem Ton. „Sie werden mich nie wieder belästigen? Sie werden nicht plötzlich auftauchen, wenn ich beabsichtige, mich standesgemäß zu verehelichen? Sie werden nicht einmal eine Kopie dieser Urkunde behalten? Sie werden mich nie an unsere Hochzeit erinnern? Bei Jupiter, Sie müssen mich für sehr naiv halten!“
„Aber …“ Hilflos schüttelte sie den Kopf. „Bitte, glauben Sie mir! Welchen Grund sollte ich haben, Ihnen Schwierigkeiten zu bereiten? Schließlich habe ich Ihnen nichts vorzuwerfen. Wenn jemand etwas falsch gemacht hat, dann ich. Ich verstehe durchaus, dass Sie zornig auf mich sind. Aber ich kann Ihnen versichern, dass ich nie etwas von Ihnen fordern werde, weder eine Anerkennung unserer Ehe noch etwas anderes, Geld zum Beispiel. Ich bin reich genug, um für mich selbst zu sorgen.“
„Sie verstehen offenbar nicht, welch weitreichende Folgen Ihre Handlung hat. Ich kann dieses Papier nicht einfach ins Feuer werfen und so tun, als habe es nie existiert. Sie können vielleicht vergessen, was geschehen ist. Ich aber fühle mich an meine Unterschrift gebunden. Himmel, ich habe diese Urkunde sogar mit meinem Siegel versehen! Ob ich dabei betrunken oder nüchtern war, macht keinen Unterschied. Vor dem Gesetz bin ich nun Ihr Gatte. Ich würde meine Ehre verlieren, wenn ich dieses Dokument missachtete!“
„Oh …“
Er nahm ihr das Blatt aus der Hand und las es noch einmal Wort für Wort. „Sie haben natürlich recht: Es wäre ein Leichtes, das Papier zu vernichten. Niemand weiß von unserer Eheschließung. Niemand außer Ihnen und mir. Doch das genügt! Die Trauung ist rechtskräftig. Als Ehrenmann kann ich diese Tatsache nicht ignorieren. Diese Ehe muss annulliert werden, ehe ich eine andere eingehen kann.“
Tränen standen Penelope in den Augen. Während sie versuchte, sie fortzuzwinkern, sagte sie mit bebender Stimme: „Ich bin mit einer Annullierung einverstanden, Euer Gnaden, und werde alle Schuld auf mich nehmen.“
„Es wird einen Skandal geben, der Ihren Ruf ruiniert.“
Sie zuckte die Schultern. „Der einwandfreie Ruf, den ich bisher genoss, hat mir nichts genützt. Warum also sollte ich einen Skandal fürchten?“
„Ach?“ Er musterte sie erneut, und diesmal war ein gewisses Misstrauen in seinem Blick zu erkennen. „Die meisten jungen Damen, die über einen einwandfreien Ruf verfügen, haben es nicht nötig, nach Schottland zu reisen, um dort einen Fremden zu heiraten.“
„Meine Gründe …“ Sie verstummte, als ihr klar wurde, worauf er anspielte. Glaubte er tatsächlich, sie sei schwanger? Wie schrecklich! Kein Wunder, dass er sie für ein berechnendes Biest hielt! Das Blut stieg ihr in die Wangen, und sie stieß hervor: „Sie haben gedacht, ich sei … O Gott!“
Bellston rührte sich nicht.
„Ich versichere Ihnen“, brachte sie mit Mühe hervor, „dass mein Problem ein völlig anderes ist. Man könnte sagen, es ist gänzlich ungewöhnlich.“
„Gänzlich ungewöhnlich?“ Er hob die Augenbrauen. „Was soll das heißen? Sie haben behauptet, keine Mitgiftjägerin zu sein. Angeblich geht es Ihnen nicht darum, gesellschaftlich aufzusteigen. Wenn Sie nun auch nicht nach einem Vater für Ihr Kind suchen, dann weiß ich wirklich nicht, warum Sie überhaupt einen Ehemann brauchen.“
Sie zwang sich, seinen Blick zu erwidern. Wie blau seine Augen waren! Und wie ernst er dreinblickte! Beinahe gegen ihren Willen begann Penelope zu sprechen. Sie erzählte Bellston von ihrem Vater. Dann von ihrem Bruder. Von den im Testament festgelegten Bedingungen. Von dem Streit, den sie mit Hector wegen der ‚Odyssee‘ gehabt hatte. Von Hectors Drohung, ihr grundsätzlich zu verbieten, irgendwelche Bücher zu kaufen. „Deshalb“, schloss sie, „habe ich mich entschieden zu heiraten. Ich hatte nur eine vage Vorstellung von meinem zukünftigen Gatten und war bereit, jeden einigermaßen passenden Gentleman zu nehmen, dem ich auf dem Weg nach Schottland begegnete. Es erschien mir wie ein Wink des Schicksals, als Sie vor meiner Kutsche zu Boden stürzten.“
„Aber bestimmt hatten Sie nicht vor, einen völlig Fremden zu
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