Wie entführt man einen Herzog?
es wenig Abwechselung in Bellston Manor geben – abgesehen von den zu erwartenden häufigen Besuchen von William und Timothy. Und keiner der beiden sollte auch nur die geringste Chance haben, Penny zu verführen.
Ein anstrengender Tag lag hinter Adam und Penelope, als die Kutsche schließlich im Hof einer Gastwirtschaft zum Stehen kam. Weite Reisen waren niemals angenehm, selbst dann nicht, wenn man über eine so komfortable Chaise verfügte wie der Duke of Bellston.
Adam hielt seiner Gattin den Schlag auf und half ihr beim Aussteigen. Dann forderte er Jem auf, beim Wirt einen Privatsalon, ein Schlafzimmer und ein Abendessen zu bestellen.
Jem, der geglaubt hatte, über alles, was im Haushalt des Dukes geschah, informiert zu sein, warf Penelope einen forschenden Blick zu, setzte dann ein wissendes Grinsen auf und verschwand, um seinen Auftrag auszuführen. Adam, dem das nicht entgangen war, schaute ihm zornig nach und nutzte die nächste Gelegenheit, den Dienstboten beiseitezuwinken. „Ich habe Ihnen etwas zu sagen, Jem.“
Dieser setzte die Reisetasche, die er in der Hand hielt, ab, und schaute dem Duke frech in die Augen. „Euer Gnaden?“
„Es hat mir nicht gefallen, wie Sie meine Gattin vorhin angeschaut haben. Ich erwarte in Zukunft mehr Zurückhaltung von Ihnen.“
„Jawohl, Euer Gnaden. Es tut mir leid.“ Seine Stimme klang unterwürfig, sein Blick allerdings war nach wie vor respektlos.
„Hören Sie!“ Adam straffte die Schultern und setzte jene befehlsgewohnte Miene auf, mit der er sich im House of Lords von Anfang an Achtung verschafft hatte. Plötzlich war er nicht mehr der freundliche junge Gentleman, sondern der mächtige Duke. „Mir ist bewusst, dass Sie sich bis zu einem gewissen Grade für das Wohl Ihrer Herrin verantwortlich fühlen. Aber Sie sind ein Dienstbote, während ich der Gatte der Duchess bin. Weder meine Gemahlin noch ich haben die Absicht, in Zukunft wie zwei Fremde nebeneinanderher zu leben. Und Sie, Jem, werden nie wieder vergessen, wo Ihr Platz ist.“
Die Augen des alten Bediensteten verengten sich. Einen Moment lang schien er zu überlegen, wie weit er gehen durfte. Dann sagte er: „Ich verstehe, Euer Gnaden. Gestatten Sie mir noch ein offenes Wort? Meine Herrin hatte immer nur einen Wunsch: Sie wollte eine Ehe wie ihre Eltern führen. Mr. und Mrs. Winthorpe waren einander sehr zugetan. Sie haben nie wie Fremde unter einem Dach gelebt.“ Er nickte bekräftigend, bückte sich dann nach der Reisetasche und ging los. „Hier entlang, Euer Gnaden. Die Zimmer befinden sich am Ende des Flurs.“
Penelope hatte beschlossen, mit Adam gemeinsam zu essen. Sie hatte es sich in einem Sessel bequem gemacht und das Mahl, das auf dem Tisch bereitstand, noch nicht angerührt. Der Durst allerdings hatte sie veranlasst, nach dem Krug mit Ale zu greifen und in großen Schlucken daraus zu trinken. Jetzt wischte sie sich den Schaum von den Lippen und meinte entschuldigend: „Ich hoffe, du findest mich nicht allzu … gewöhnlich, Adam.“
Er lachte. „Was könnte schlimm daran sein, dass du gern Bier magst?“
Sie schaute zu ihm auf. Und er erkannte, wie wichtig es plötzlich für sie war, ihm zu gefallen. Vor dem Ball hatte ihr sein Wohlwollen nicht viel bedeutet. Sie hatte ungestört arbeiten wollen und gehofft, frei von finanziellen Sorgen leben zu können.
„Die Gattinnen deiner Freunde trinken bestimmt nicht heimlich vom Ale ihrer Ehemänner.“
Er setzte sich zu ihr und sagte: „Die Gattinnen meiner Freunde tun viel schlimmere Dinge.“ Er probierte das Getränk. „Das ist wirklich lecker. Wir können uns das Ale teilen.“ Er stellte den Krug auf den Tisch und beugte sich vor, um einen Teller mit Fleischpastete, Käse, Brot und Gurkenscheiben zu füllen. „Ich bin hungrig. Darf ich dir auch etwas geben?“
Sie errötete. „Danke.“
In diesem Augenblick berührte sein Arm zufällig den ihren. Doch statt zurückzuzucken, wie Penelope das vor wenigen Tagen noch getan hatte, lehnte sie sich kurz an ihn. Adams Herz machte einen Sprung, und eine seltsame Verlegenheit ergriff Besitz von ihm. Um seine Verwirrung zu überspielen, trank er noch einen Schluck Bier.
„Will hat sich gegen Ende des Balls ein bisschen mit mir unterhalten. Er scheint von deiner Arbeit sehr beeindruckt zu sein.“
Da sie gerade in die Fleischpastete gebissen hatte, konnte Penelope nicht sogleich antworten. Sie kaute, schluckte und erklärte fast ein wenig schuldbewusst: „Es fällt mir schwer,
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