Wie entführt man einen Herzog?
Herde. „Oh“, rief sie, „es sind ja so viele schwarze dabei!“
„Meinst du, hier gibt es mehr schwarze Schafe als anderswo? Zählst du mich etwa auch dazu?“, neckte Adam sie.
Lachend schüttelte sie den Kopf.
Adam war unterdessen wieder ernst geworden. „Meine Herden müssten eigentlich viel größer sein. Doch wir hatten einen harten Winter und einen nasskalten Frühling, gefolgt von einem allzu trockenen Sommer.“
Tatsächlich waren die Tiere nicht so kräftig, die Wiesen nicht so grün und die Gärten nicht so bunt, wie man vielleicht hätte erwarten können. Das bemerkte auch Penelope jetzt. Sie erinnerte sich, dass Adam einmal erwähnt hatte, wie schlecht die Ernte ausgefallen war. Doch die Menschen, die sie sah – Adams Pächter und ihre Familien –, schienen unbesorgt in die Zukunft zu blicken. Wenn sie die Kutsche entdeckten, lächelten sie freundlich, zogen die Kappen und verbeugten sich. Einige hoben sogar schüchtern die Hand, um zu winken.
Adam winkte zurück und beobachtete dabei alles mit kritischem Blick. Gleichzeitig drückten seine Augen den Stolz des Besitzers aus. Bei Jupiter, er liebte dieses Land! Jetzt erst wurde ihm klar, dass er Heimweh gehabt hatte. Es war gut, wieder daheim zu sein!
Die Kutsche bog in eine Allee ein und kam wenig später vor Bellston Manor zum Stehen. Da stürzte auch schon ein Lakai aus dem Haus, um den Schlag zu öffnen. Adam sprang aus dem Wagen, ohne weiter auf Penelope zu achten, und sogleich war er von einer Meute Hunde umringt. Wild mit den Schwänzen wedelnd sprangen die Tiere um ihn herum, stupsten ihn mit ihren feuchten Nasen an und kläfften. Er wiederum rief jeden einzelnen Hund beim Namen, streichelte einen nach dem anderen und suchte in der Rocktasche nach Leckereien – die er natürlich nicht eingesteckt hatte.
Penelope beobachtete vom Inneren der Kutsche aus, wie Adam langsam in Richtung der Haustür ging, wo inzwischen der Butler erschienen war, ein Bediensteter, der vor Freude über die Ankunft seines Herrn über das ganze Gesicht strahlte, obwohl doch Butler im Allgemeinen für ihre stoische Ruhe und Unerschütterlichkeit bekannt waren.
Adam, ebenfalls lächelnd, setzte einen Fuß auf die unterste Stufe – und erstarrte. Dann wandte er sich mit vor Scham geröteten Wangen um, nickte seiner Gattin zu, eilte zu ihr ihn und streckte ihr die Hand entgegen. Penelope wollte gerade einen Schritt nach vorn machen, als ihr Gemahl das Fußbänkchen, das das Aussteigen erleichtern sollte, beiseitestieß, ihr die Hände um die Taille legte und befahl: „Spring!“
Verwirrt starrte sie ihn an. „Warum, um Himmels willen?“
„Damit ich dich auffangen kann. Und damit ich weiß, dass du mir vertraust.“
„Welch ein Unsinn …“
„Vielleicht. Trotzdem ist es mir wichtig. Also tu mir den Gefallen und spring.“
Noch immer unsicher, wie sie sich verhalten sollte, musterte sie sein Gesicht. Seine Worte schienen vollkommen ernst gemeint zu sein. Penelope runzelte die Stirn – und sprang. Adam hielt sie fest, ließ sie langsam nach unten gleiten, und überrascht bemerkte sie, dass sie auf seinen Schuhen zu stehen kam. Beinahe gleichzeitig wurde ihr klar, welch seltsamen Anblick sie bieten mussten. Himmel, ihre Körper berührten sich! Und das vor den Dienstboten!
Ihrem Gatten schien das nicht im Geringsten peinlich zu sein. Lächelnd erklärte er leise: „Ich werde dich über die Schwelle tragen. Es wäre zu tragisch, wenn etwas schiefginge. Du weißt doch, dass es Unglück bringt, wenn eine Braut, die zum ersten Mal ihr neues Heim betritt, stolpert.“
„Ich hätte dich nicht für so abergläubisch gehalten! Im Übrigen ist mit meinen Beinen alles in Ordnung. Ich kann mich nicht erinnern, während der letzten Jahre überhaupt einmal gestolpert zu sein. Lass mich ruhig los!“ Insgeheim allerdings gestand sie sich ein, dass es ein gutes Gefühl war, Adam so nahe zu sein.
„Bisher haben wir, wie ich finde, viel Glück gehabt“, flüsterte er ihr zu. „Das soll auch in Zukunft so bleiben. Deshalb möchte ich kein Risiko eingehen.“ Damit hob er sie hoch und schritt mit ihr auf den Eingang zu.
Vor Vergnügen lachte sie auf. Dann schlang sie ihm die Arme um den Nacken, legte den Kopf zurück, blinzelte in die Sonne und lachte noch lauter. Adam hatte recht: In Wales strahlte die Sonne heller als anderswo!
Die Hunde hatten sich, auf den scharfen Befehl eines Knechts hin, ein Stückchen zurückgezogen, kläfften aber umso lauter. Der
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