Wie es dem Glück beliebt
Durcheinander hätte leicht jemand verletzt werden können, eh, Sam?«
Sam ließ die Schultern kreisen. »Aye, das hätt passieren können.«
Der Erste ballte die Fäuste und entspannte sie wieder. »Kommt mir vor wie gemeiner Verrat.«
Sam neigte den Kopf nach rechts, dann nach links, und ließ dabei ein lautes Knacken hören. »Aye, mir auch.«
Der Beleibte beobachtete die Mätzchen der beiden Schurken mit wachsender Besorgnis. Vielleicht war er bei seinen Kommentaren ein wenig zu frei heraus gewesen. Das geschah gelegentlich, wenn er zu viel getrunken hatte. Er schluckte nervös und schätzte den Abstand zur Tür ab. »Denk an deine unsterbliche Seele, Sam«, krächzte er. »Was würde der liebe Gott denken?«
»Ich schätz mal, er wird’s verstehen«, war Sams einzige Antwort.
Whitefield war verlassen. Es überraschte Sophie nicht, dass sich niemand im alten Herrenhaus aufhielt, aber es war beunruhigend zu sehen, dass es größtenteils seines Mobiliars beraubt worden war. Ganz offensichtlich hatte ihr Cousin alles verkauft, was von Wert war. Sie dachte an die Pächter. Sie wusste, dass einige von ihnen das Land bestellten, sonst wäre der Besitz nicht so profitabel gewesen. Aber wen hatten diese Leute, wenn sie wirklich Rat oder Leitung brauchten oder in Not waren? Sie mochte gar nicht daran denken, in welchem Zustand ihre Häuser wohl waren. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass Lord Loudor ein großzügiger oder verantwortungsbewusster Patron war.
Wie benommen streifte Sophie durch die Flure und Räume. Es kamen so viele Erinnerungen wieder hoch, die ihr bisher unzugänglich gewesen waren … das Kinderzimmer, wo sie und Lizzie ihr Bestes getan hatten, um ihre erste Kinderfrau zu peinigen, die hochnäsige Mrs Carlisle. Und die Orangerie, wo man ihre Mutter in ihrer Freizeit meist fand und wo sie sich liebevoll ihren zahllosen Rosen und Orchideen gewidmet hatte. Sophie lächelte bei der Erinnerung. So sehr ihre Mutter die Arbeit genossen hatte, sie war nie eine besonders geschickte Gärtnerin gewesen. Mehr als einmal hatte ihr Vater heimlich tote oder sterbende Pflanzen durch frische ersetzt, damit seine Frau nicht enttäuscht war.
Sophie hatte auch den Fenstersitz in der Bibliothek vergessen, auf dem sie und Lizzie stundenlang gesessen hatten, an kalten Wintertagen in Decken eingemummt; sie hatten einander vorgelesen und über ihre Pläne für die Zukunft geredet. Lizzie hatte einen ausländischen Prinzen heiraten und ihre Zeit damit verbringen wollen, skandalöse Romane zu schreiben. Oft hatten sie einfach in behaglichem Schweigen dagesessen und zugesehen, wie der Schnee fiel. Sie hatten keine Worte gebraucht, um einander ihr Glück zu vermitteln.
»Ist es schwer, nach so langer Abwesenheit zurückzukehren?«, fragte Alex, der mit einem Arm voller Decken und Kissen hinter sie getreten war.
Sie wandte sich vom Fenster ab. »Ein wenig«, antwortete sie. »Aber es tut mir nicht leid, dass ich hier bin. Wo haben Sie die gefunden?«
»Die Betten sind weg, aber die Wäscheschränke sind immer noch gut bestückt«, antwortete er. »Mir ist aufgefallen, dass im Speisezimmer noch etliche Kerzen sind, außerdem ein wirklich riesiger Tisch.«
»Ein Geschenk von König George«, erklärte sie und folgte ihm aus der Bibliothek. »Ich nehme an, seine königliche Herkunft war nicht Anreiz genug, als dass ein Käufer die Kosten des Transports hätte bezahlen wollen.«
Alex brachte seine Last zum Kamin im Speisezimmer und arrangierte die Decken zu einem improvisierten Bett. »Dieser Kamin ist der einzige im Haus, der einigermaßen sauber zu sein scheint«, meinte er. »Ich bezweifle, dass wir ihn brauchen werden, aber man weiß nie, und ich wäre ungern so weit gekommen, nur um Whitefield niederzubrennen.«
»Vor allem nach all der Mühe, die ich in seine Rettung gesteckt habe«, murmelte Sophie bei sich, während sie überall im Raum die Kerzen anzündete. Die Sonne war bereits untergegangen, und sie wollte, dass alles hell erleuchtet war, bevor die Nacht kam.
Alex ging zu den Fenstern und zog die Vorhänge zu, damit das Licht ihre Anwesenheit nicht verriet.
»Wenn wir verheiratet sind«, bemerkte er beiläufig, »werden Sie vermutlich einige Zeit hier zubringen wollen, das Haus neu möblieren, die Pächter kennenlernen, derlei Dinge.«
Sophie starrte ihn mit einer Art von Ehrfurcht an. »Sie sind ohne Zweifel das hartnäckigste menschliche Wesen, das mir je begegnet ist.«
»War das ein Kompliment oder
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