Wie es dem Glück beliebt
Zum Teufel mit diesem Versprechen. Und zum Teufel mit Alex, der darauf bestanden hatte. Was nützte es ihnen beiden, wenn er deswegen starb?
Was nützte es, wenn sie ihr Versprechen brach? Sie hatte ihr Messer nicht mehr, und sie war nicht sehr zuversichtlich, mit ihren Fäusten einen ausgewachsenen Mann besiegen zu können. Sie kämpfte besser als die meisten Frauen, ja, aber wahrscheinlich nicht besser als die meisten abgebrühten Verbrecher, und bestimmt nicht besser als solche, die zu einem Mord bereit waren.
Natürlich, wenn sie irgendeine Waffe fand …
Sophie ließ den Blick durch den Garten schweifen, soweit das von ihrem Standpunkt aus möglich war. Gerade hatte sie sich für einen besonders dicken Stock entschieden und beschlossen, dass es ihr lieber war, wenn Alex lebte und sie hasste, als wenn er tot war und sie sich selbst deswegen hasste, als er mit zwei Pferden im Schlepptau um die Ecke des Hauses kam.
Sie wartete gewissenhaft, bis er bei ihr war, dann fragte sie: »Bist du verletzt? Ist dir jemand gefolgt?«
»Beide Male nein.«
»Gott sei Dank«, hauchte sie, dann kniff sie die Augen zusammen und sah ihn an. »Verlang nie, nie wieder, dass ich dir so etwas verspreche.«
Er warf ihr einen Blick zu, bei dem sie um ihre Sicherheit gebangt hätte, hätte nicht bereits die Furcht um seine Sicherheit sie im Griff gehabt. »Ich kann nicht fassen, dass du mich hier hast warten lassen, während …«
»Steig auf, Sophie.«
»… während du dich in die Gefahr stürzt. Du hättest verletzt werden können oder …«
»Sofort!«
Alle Instinkte schrien ihr zu, sich sofort aufs Pferd zu schwingen.
Sophie hatte ihre Instinkte mehr als satt. Er würde nicht erleben, dass sie auf seine Befehle hin wie eine eingeschüchterte Dienstmagd sprang. Sie reckte das Kinn und ging zu dem Pferd, statt zu rennen. Sie hatte kurz erwogen, mit ihm zu streiten, doch sie wollte mutig sein, nicht dumm.
Offenbar fand Alex sie bei ihrem Mut nicht schnell genug. Er beugte sich vor, fasste sie um die Taille und warf sie förmlich in den Sattel.
Die erste Viertelstunde ritten sie schweigend und ließen die Pferde nie schneller als im Trab laufen, damit diese auf der noch nicht ausreichend beleuchteten Straße nicht in einer Furche ins Straucheln kamen.
Sophie verbrachte diese Zeit damit, nach einer vorteilhaften Einleitung für den Streit zu suchen, der nach ihrem Gefühl bevorstand. Gerade wog sie das Für und Wider ab, ihr Pferd einfach neben seines zu lenken und ihm einen kräftigen Stoß zu versetzen, als er plötzlich neben ihr war. Er packte die Zügel ihres Pferdes und ließ beide Tiere stehen bleiben.
»Du bist wütend auf mich«, stellte sie rasch fest, da sie dachte, sie könnte ebenso gut den Anfang machen, auch wenn er nicht besonders brillant war.
»Ich habe dir gesagt, dass du in der Kammer bleiben solltest«, blaffte er.
»Ich bin kein Kind und kein Soldat, den man herumkommandieren kann, Alex.«
»Nein. Du bist meine Verlobte. Sehr bald wirst du meine Frau sein, und du wirst dich nicht wieder in Gefahr bringen. Habe ich mich klar ausgedrückt? Es ist meine Pflicht, dich zu beschützen und …«
»Du hast dir Sorgen um mich gemacht?«
Er warf ihr einen ungläubigen Blick zu, wie man ihn normalerweise für die unrettbar Dummen oder die komplett Wahnsinnigen aufsparte. »Habe ich das nicht klargestellt?«
»Nein. Du hast klargestellt, wie sehr es dir missfällt, wenn dir jemand nicht gehorcht. Aber ich warne dich jetzt, Alex, ich habe nicht die Absicht, tatenlos mit anzusehen, dass dein Leben in Gefahr ist …«
»Mein Leben war nicht in Gefahr«, fuhr er sie an. »Du dagegen …«
»Ich habe dir das Leben gerettet!«
»Du hast nichts dergleichen getan. Ich habe die Pistole gesehen. Ich hatte vor, meinen Angreifer in die Schusslinie zu ziehen.«
Tatsächlich hatte Sophies Messer dafür gesorgt, dass der Schütze den Arm heftig herumgerissen hatte, sodass Alex’ Gegner die Kugel ins Bein bekommen hatte statt in den Kopf. Alex hatte den Mann bewusstlos schlagen müssen.
»Oh«, flüsterte Sophie. »Oh. Ich dachte … ich dachte, ich hätte dir das Leben gerettet. Ich dachte …«
Sie hatte gedacht, sie hätte gegen Tod und Dunkelheit gekämpft und gewonnen. Aber so war es nicht. Alex lebte, ja, aber was war mit den anderen Männern? Einen hatte sie selbst getötet. Sie hatte gehört, wie das Messer auf Fleisch getroffen war, hatte die schattenhafte Gestalt fallen sehen. Sie hatte den Tod gar nicht
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