Wie es dem Glück beliebt
und verzweifelten Versuchen, den schwer fassbaren Lord Loudor aufzuspüren. Der verwünschte Mann war niemals im Hause, wenn er es sein sollte. Die wenigen Male, da Sophie es schaffte, ihn kurz zu Gesicht zu bekommen, wenn er kam oder ging, parierte er ihre Fragen mit vagen Andeutungen von Treffen, Geschäften und Terminen. Wenn sie direkt wissen wollte, wann sie die Rechnungsbücher ihres Vaters sehen könne, murmelte er etwas über ein Missverständnis mit dem Anwalt und machte sich schleunigst aus dem Staub.
Er ging ihr aus dem Weg – eine andere Erklärung gab es nicht –, aber er konnte nicht ewig so weitermachen. Er musste sie schließlich am Samstagabend zu dem Ball eskortieren. Das erforderte eine Kutschfahrt, die ihr seine ungeteilte Aufmerksamkeit für ein Minimum von zwanzig Minuten garantieren würde.
Am Samstagnachmittag wurde eins von Sophies neuen Ballkleidern geliefert, und so verbrachte sie zwei Stunden vor dem großen Ereignis unter den nicht allzu sanften Händen von Penny und Mrs Summers. Sie wurde gezwickt, gezogen, eingewickelt, gelockt, verschönert und schließlich für gut befunden. Erst am Ende dieses Martyriums erhielt sie die Erlaubnis, das Ergebnis dieser Bemühungen in dem Drehspiegel des Schlafzimmers zu begutachten.
Sophie schnappte nach Luft. Das Kleid war wirklich entzückend, Schicht um Schicht hellblauer Seide, so leicht, dass sie beinahe durchscheinend wirkte. Der Schnitt war schlicht und elegant, ohne Rüschen oder Verzierungen. Die Taille war hoch angesetzt, so wie die Mode es verlangte, doch ohne dass es so wirkte, als würden ihre Brüste in einer Auslage präsentiert. Das Kleid schmiegte sich natürlich und anmutig um ihren Körper, als wäre es ihr auf den Leib geschnitten. Unbeholfen zupfte sie am Mieder.
»Ich begreife nicht, wie ich vollständig bekleidet sein und mich gleichzeitig nackt fühlen kann.«
»Es ist das Kleid, gnädiges Fräulein.« Penny kicherte. »Diese Seide ist leicht wie Schmetterlingsflügel, und alle Ballkleider sind vorn so tief ausgeschnitten.«
Mrs Summers schob Sophies Hände ungeduldig beiseite. »Hör auf damit, du siehst entzückend aus. Ich würde dich nicht aus dem Haus lassen, wenn deine Kleidung etwas anderes als absolut sittsam wäre.«
Sophie seufzte resigniert. Sie wusste, dass Mrs Summers recht hatte. Trotzdem …
»Ich sagte, hör auf damit! Du wirst heute Abend nicht an deinem Kleid herumzupfen. Das ist überaus unschicklich.«
»Könnten wir nicht einfach …«
»Nein.«
»Wie wäre es, wenn ich …«
»Nein.«
»Darf ich wenigstens …«
»Nein!«
»Ich wollte nur nach meinem Umhang fragen.«
»Oh. Nun, ich glaube, er ist in der Eingangshalle, zusammen mit deinen Handschuhen, deinem Fächer und zweifellos deinem Cousin, der sehr wahrscheinlich verärgert über deine Säumigkeit sein wird, also geh schon.«
»Ich wünschte wirklich, Sie würden an dem Ball heute Abend teilnehmen«, sagte Sophie sehnsüchtig.
»Ich auch, aber wenn ich mich nicht jetzt um diese Kopfgrippe kümmere, werde ich zu krank, um dir während des Rests unserer Reise irgendwie von Nutzen zu sein.«
»Das ist mir klar. Ich würde mich nur besser fühlen, wenn ich wüsste, dass Sie da sind.«
Mrs Summers beugte sich vor und küsste Sophie auf die Wange. »Das ist sehr lieb von dir, mein Kind, aber du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Dein Cousin und Lady Margaret sind absolut akzeptable Begleiter.«
Sophie nickte, aber in Wahrheit verspürte sie ein gewisses Unbehagen, was die Fähigkeiten ihres Cousins als Begleiter betraf. Er hatte es schließlich auch geschafft, sie am Hafen zu versetzen. Was Lady Margaret betraf, sie war eine alte Freundin von Mrs Summers, die sich per Brief dazu bereit erklärt hatte, sich in Abwesenheit von Mrs Summers um Sophie zu kümmern. Sophie war ihr noch nie begegnet und hatte bis zu diesem Nachmittag auch noch nie von ihr gehört.
»Du träumst vor dich hin, Sophie. Nun lauf und hol deine Sachen.«
Der Umhang war in der Tat in der Eingangshalle, aber Lord Loudor war es nicht. An seiner Stelle erklärte ein Brief, er sei außerstande, mit ihr zum Ball zu fahren, werde aber in der Einfahrt von Lord Calmatons Haus auf ihre Kutsche warten.
Verdammt
.
Sie konnte die Rechnungsbücher wohl kaum zum Ball mitnehmen.
Mit ziemlich grimmigem Gesicht ging Sophie zur Tür.
Mist
.
Sie konnte auch nicht gut allein zu dem Ball fahren. Resigniert schickte sie einen Diener, um Penny zu holen, die sich bitte beeilen und
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