Wie es dem Glück beliebt
Abend hatte gut genug begonnen. Alex hatte sich bei der Fahrt in die Oper als vollkommener Gentleman erwiesen. Zumindest war das ihr Eindruck gewesen – auf diesem Gebiet war sie immer noch etwas unsicher, was die Feinheiten betraf. Er war jedenfalls zurückhaltend in der Wahl seiner Gesprächsthemen gewesen, und wichtiger noch, er hatte sich tadellos respektvoll gegenüber Mrs Summers verhalten, was ihn in Sophies Achtung hatte steigen lassen. Als sie das Opernhaus erreicht hatten, war sie zuversichtlich gewesen, dass ihrem Plan voller Erfolg beschieden sein würde.
Das änderte sich, sobald sie die Loge betraten. Zum einen war sie zu klein, und aus irgendeinem Grund schien Alex außerdem mehr als seinen gerechten Anteil an dem verfügbaren Platz zu beanspruchen. Er machte weiterhin höfliche Konversation, aber sie konnte nur mit allergrößter Mühe das Gefühl überwinden, dass sie wie ein Beutetier in die Enge getrieben worden war. Es war nicht so, dass sie sich üblicherweise in engen Räumen unwohl fühlte. Tatsächlich hätte es ihr nicht das Geringste ausgemacht, wäre die Loge nur halb so groß gewesen und mit doppelt so vielen Menschen besetzt. Mit zarten Knochen und einer Größe von knapp über einem Meter fünfundfünfzig war Sophie es gewohnt, zu Menschen aufzuschauen und sich winzig zu fühlen. Es war nicht Alex’ Größe, wenn sie auch beeindruckend war, die sie überwältigte. Es war alles andere an ihm – seine lachenden, grünen Augen, seine raue Stimme, die Art, wie ihm eine störrische, kaffeefarbene Haarlocke immer wieder in die Stirn fiel, so wie sie es getan hatte, als Sophie ihn das erste Mal gesehen hatte. Es war, einfach ausgedrückt, er. Er gab ihr das Gefühl, in der Falle zu sitzen. Das gefiel ihr nicht. Andererseits gefiel es ihr durchaus. Es machte sie geradezu wahnsinnig.
Als die Musik begann, und Sophie begriff, dass Alex beabsichtigte, sie den ganzen Abend anzustarren, wusste sie, dass sie verzweifelt einen Ersatzplan für ihren Ersatzplan brauchte. Nach einiger Überlegung kam sie zu dem Schluss, dass sie die Oper heute Abend vielleicht nicht tatsächlich genießen würde, aber sehr wohl so tun konnte, als ob es so wäre.
Es war schwer zu sagen, wer von den beiden erleichterter war, als die Vorhänge sich zur Pause schlossen. Alex begleitete sie aus der Loge zu einem Imbiss und frischerer Luft. Sofort fühlte sie sich besser.
»Werden Sie zum Konzert der Wycotts am nächsten Freitag kommen?«, fragte Alex beiläufig, nachdem er ihr ein Glas Limonade geholt hatte.
»Ich glaube, wir haben eine andere Verabredung – den Ball der Pattons«, antwortete sie. »Die Wycotts spielen selbst, nicht wahr? Kate sagte, sie seien recht gut.«
»Kate sollte es wissen, sie hat ein Talent für Musik. Hatten Sie schon eine Gelegenheit, sie am Klavier zu hören?«
Sophie schüttelte den Kopf und nippte an ihrer übertrieben sauren Limonade, nicht weil sie Durst hatte, sondern weil es ihr etwas zu tun gab.
»Wenn Sie sie das nächste Mal sehen, müssen Sie wirklich darauf bestehen. Sie ist ein Wunder.«
»Ich werde Ihren Rat befolgen«, murmelte Sophie. Sie war niemals etwas anderes gewesen als absolut unfähig, wenn es um das Klavier ging. Und die Harfe. Und die Flöte. War das die Art von Frauen, die Alex bevorzugte? Perfekte Damen, die ein Musikinstrument spielten und Aquarelle malten? Nicht dass sie das irgendetwas anging. Wirklich nicht.
»Spielen Sie?«, erkundigte er sich.
Natürlich
fragte er das.
»Ähm … nein, ich fürchte, mir fehlt das Talent dazu«, gestand sie.
»Gott sei Dank.«
»Pardon?«
»Ich bin erleichtert zu hören, dass Ihnen das Talent fehlt und Sie daher nicht spielen. Es gibt so viele junge Damen in meiner Bekanntschaft, die außerstande zu sein scheinen zu begreifen, dass Letzteres die zwingende Folge von Ersterem sein sollte.«
Sophie lachte, und wieder einmal fiel angesichts seines neckenden Tonfalls alle Gezwungenheit von ihr ab. »Gewiss sind es nicht nur die jungen Damen, die diese mangelhafte Logik zur Schau stellen.«
»Was meine Erfahrung mit dem Klavierspiel betrifft, ja«, erklärte Alex. »Männer haben ihre eigenen einzigartigen Laster.«
»Oh, und die wären?«
»Das übliche … Pferde, Karten, Alkohol und«, er bedachte sie mit einem boshaften kleinen Grinsen, »natürlich Frauen.«
»Natürlich«, sagte Sophie, oder vielmehr kiekste sie, wenn man es aufreizend präzise ausdrücken wollte. Soviel zum Thema Unbefangenheit, und soviel
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