Wie es dem Glück beliebt
einfach keinen Ausweg … sie würde Sir Frederick heiraten und auf das Beste hoffen.
Ihre einzig andere Möglichkeit bestand darin, Sir Frederick zu heiraten und das Schlimmste zu befürchten.
20
Der erste Ball hatte ein Farbenmotto gehabt, Gold und Weiß. Der der zweite war ein Maskenball.
Lady Thurston vertraute Sophie an, der Mittelball sei ihr Lieblingsball, weil dabei die Gäste selbst die kunstvollsten Dekorationen beisteuerten. Und sie hatte recht: Einige trugen Kostüme, die über das bloß Kunstvolle hinausgingen und schon bizarr waren. Die Frau in dem Federgewand war gewiss ein eigenartiger Anblick. Die meisten Gäste wählten jedoch Kostüme, die weniger Wagemut erforderten. Viele entschieden sich wie Sophie für ein gewöhnliches Ballkleid, aber alle trugen Masken.
Die geheimnisvolle Atmosphäre kam Sophies Plänen sehr entgegen. Sie musste in Lord Forents Studierzimmer gelangen, da ihr das am Abend seines Balls nicht gelungen war, und sie musste Sir Frederick einen Besuch abstatten. Beides würde sie heute Nacht tun.
London war weniger als zwei Stunden entfernt. Und wer würde bei der großen Zahl der Gäste ein blassrosa Kleid mit einer Halbmaske vermissen? Vielleicht Mirabelle und Evie, aber sie beabsichtigte ohnehin, ihre Freundinnen um Hilfe zu bitten.
Alex würde ihre Abwesenheit gewiss nicht bemerken. Sie war während der ganzen Woche praktisch unsichtbar für ihn gewesen, und wenn sie einander im Flur begegneten oder zu einer Partie Whist zusammengeworfen wurden, hatten sie es bei förmlichen Begrüßungen und dem Austausch nichtssagender Höflichkeiten belassen. Und Gott helfe ihr, sie hatte sich ernsthaft versucht gefühlt, dem Zufall etwas nachzuhelfen, um die Zahl dieser Begegnungen zu erhöhen. Aber sie hatte es nicht gekonnt. Er hatte seine Wünsche klargemacht, und sie würde sie respektieren.
Sie würde sich heute Abend mit Sir Frederick verloben, Forents Büro durchsuchen und zurück sein, ehe der Morgen graute. Und dann würde sie Alex morgen früh gleich als Erstes alles erzählen.
Zuvor jedoch musste sie Mirabelle finden. Lady Thurston hatte erwähnt, dass Mirabelle in ihr Zimmer zurückgekehrt sei, um einen zerrissenen Saum zu flicken, und Sophie hatte sich sofort erboten, sie aufzusuchen und Hilfe anzubieten. Sie brachte zwar keine gerade Naht zustande, doch die Chance, sich mit Mirabelle zu beraten, wie sie sich am besten davonschleichen konnte, wollte sie sich nicht entgehen lassen.
Als sie auf dem Absatz der Treppe im Westflügel war, hörte sie einen gedämpften Hilfeschrei, dem Kampfgeräusche folgten. Sie fand schnell heraus, woher der Lärm kam, öffnete das Schloss des Raumes in Rekordzeit und stürmte hinein.
Mr Jarles hatte Mirabelle auf ein Bett gepresst; er hielt ihr mit der einen Hand den Mund zu und packte mit der anderen ihre Röcke. Mirabelle kämpfte offensichtlich gegen ihn, aber der Mann wog sicher dreimal so viel wie sie.
»Lassen Sie sie los!«
Überrascht durch die Störung lockerte Mr Jarles seinen Griff um Mirabelle so lange, dass diese ihm einen heftigen, angewiderten Stoß versetzen und vom Bett krabbeln konnte. Sophie schob Mirabelle hinter sich, dann griff sie zu ihrem Knöchel und zog eins ihrer Messer.
Mr Jarles stand vom Bett auf und wirkte dabei wie ein Mann, der niemals für seine Sünden verantwortlich gemacht worden war und nicht die Absicht hatte, es diesmal dazu kommen zu lassen.
Sophie beobachtete ihn argwöhnisch, während er seinen Mantel abklopfte und demonstrativ die Halsbinde richtete.
Hinter ihr ging Mirabelles Atem in rauen Stößen. »Ich wollte das nicht«, flüsterte sie. »Ich habe ihn nicht eingeladen …«
»Ich weiß.«
»Wir sollten gehen«, drängte Mirabelle.
Sophie antwortete nicht. Sie fasste ihr Messer an der Spitze und hielt es so, dass Mr Jarles es sehen konnte. »Sie werden noch im Laufe der Nacht von hier verschwinden. Innerhalb der nächsten Stunde werden Sie jede Entschuldigung vorbringen, die Ihr armseliger Verstand ersinnen kann, und dann werden Sie sich irgendwohin verfügen und eine Möglichkeit finden, sich Miss Browning niemals wieder auf mehr als hundert Meter zu nähern. Habe ich mich klar ausgedrückt?«
Mr Jarles wirkte wenig beeindruckt. Nachdem er sich wieder hergerichtet hatte, ging er zu einer Kommode und griff nach einem Glas mit einer dunklen Flüssigkeit.
»Ich werde nichts dergleichen tun. Das Mädchen hat keine Mitgift und keinen Schutz. Sie wird ohnehin als Mätresse enden.« Er
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