Wie es Euch gefaellt, Mylady
denken. Er verstand es doch sonst so gut, seine Gefühle zu verbergen.
Diesmal aber stand ihm der Zorn deutlich ins Gesicht geschrieben.
Das war ihrem Begleiter offenbar gleichfalls aufgefallen, der Anstalten machte, in der Menge unterzutauchen. Doch plötzlich versteinerte er. Sein erschrockener Blick suchte den ihren. „Boscastle“, stieß er hervor und klang keineswegs erfreut. „Sie stehen unter Boscastles Schutz?“
„In gewisser Weise …“ Ehe sie es sich versah, hatte er die Flucht ergriffen. Und dann wurde sie unsanft gegen einen kraftvollen männlichen Körper gestoßen. Heaths Arm umfing ihre Mitte.
„Ich habe dich überall gesucht.“ Seine Stimme klang schneidend.
Die Besorgnis in seinem Blick versöhnte sie mit seiner zornigen Stimme. Sie hatte ihn nicht absichtlich in Sorge versetzt, immerhin hatte sie den Krawall nicht angezettelt. „Ein Fremder zeigte mir einen Hinterausgang.“
„Das habe ich bemerkt“, sagte er kalt. „Hat er sich vorgestellt?“
„Raphael irgendwie …“ Heaths Arm lag immer noch um ihre Mitte. Eine besitzergreifende, vertrauliche Geste, verboten und beinahe anstößig wohltuend.
„Lord Brentford“, stellte er geringschätzig fest. „Ich wusste, dass ich ihn schon mal gesehen habe. Auf dem Gartenfest starrte er dich unentwegt an. Er ist ein berüchtigter Schürzenjäger, Julia.“
„Das dachte ich mir beinahe. Du kannst ihn wohl nicht leiden, wie?“
„Ich hasse ihn.“ Er richtete den Blick über ihre Schulter ins Leere. „Der geschmacklose Rüpel küsste meine Schwester Chloe im Park hinter einer Kutsche. Vor allen Leuten. In aller Öffentlichkeit.“
„Grundgütiger. Was für ein Verbrechen.“
„Chloe wurde jedenfalls in die Verbannung geschickt, und Brentford kam mit knapper Not mit dem Leben davon. Mein Bruder Grayson wollte seinen Kopf.“
„Aber er hat ihn nicht bekommen. Seinen Kopf, meine ich.“
„Gehen Sie bitte weiter, Mylord“, forderte ein Polizist ihn auf, der Heath anscheinend gleichfalls kannte. „Ich fürchte, die Lage spitzt sich zu. Wir wollen der jungen Dame doch den hässlichen Anblick von Gewaltausschreitungen ersparen.“
„Danke, Wachtmeister“, sagte Heath und führte Julia an dem Mannschaftswagen vorbei. „Um Brentford kümmere ich mich später.“
„Er hat nichts verbrochen und mich nur aus dem Saal ins Freie gebracht.“
„Sein Arm lag um deine Schulter.“
„Dein Arm liegt um meine Taille“, wandte sie in einem Anflug von Belustigung ein, während sie zur Kutsche des Earls eilten.
In Heaths Blick lag eine Mischung aus Tadel und Heiterkeit. „So ist es.“ Er schüttelte den Kopf, sein Humor kehrte zurück. „In mancher Beziehung bist du wie sie.“
Er half ihr die Klappstufen in die Kutsche hinauf. „Wie sie?“
„Wie meine Schwester. Du hast genau wie sie das Talent, dich in Schwierigkeiten zu bringen.“
„Ich habe mich noch nie in Schwierigkeiten gebracht, Boscastle“, entgegnete sie spitz. „Dummerweise scheinen die Schwierigkeiten sich mir in den Weg zu stellen.“
Heath lehnte sich in die Polster zurück, blickte aus dem Fenster auf die gepflasterte Straße und hoffte, dass sein Kutscher nicht mitten in die Ausschreitungen geraten war. Nun, da Julia in Sicherheit war, konnte er sachlich über die Situation nachdenken. Brentford, dieser infame Strolch, hatte sich schleunigst aus dem Staub gemacht, als er Heath erkannt hatte, obwohl sie einander nie offiziell vorgestellt worden waren. Der Kerl war offenbar nicht nur ein Schürzenjäger, sondern auch ein verdammter Feigling, was nicht sonderlich erstaunlich war.
Lord Brentford, der gut aussehende Stutzer, hatte Heaths jüngste Schwester schamlos kompromittiert und ihren Ruf beinahe für immer ruiniert. Wobei Chloe keineswegs ein Unschuldslamm war; sie hatte sich mit ihrem Leichtsinn großen Schaden zugefügt, mit jedem jungen Mann kokettiert und die eitlen Gockel dazu ermutigt, sich Freiheiten herauszunehmen. Wäre sie nicht doch noch in einer glücklichen Ehe mit Viscount Stratfield gelandet, hätten die Boscastle Brüder Brentford zur Rechenschaft gezogen.
Der Earl of Odham klopfte mit dem Silberknauf seines Spazierstocks gegen das Dach, worauf die Kutsche anfuhr. Ihm gegenüber lehnte Hermia sich entrüstet in die Polster zurück.
„Was hattest du eigentlich hier zu suchen, Odham?“, schnaubte sie gereizt, um nicht in die Verlegenheit zu geraten, sich bei ihm zu bedanken.
„Ich ahnte, dass ihr Hilfe braucht“, verteidigte der
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