Wie es Euch gefaellt, Mylady
winzige Veränderungen in seiner Umgebung ins Auge. Er wusste, dass ein Fremder in seinem Arbeitszimmer gewesen war. Die Veränderungen rührten gewiss nicht von den Dienstboten, die genau wussten, dass sie ohne seine Einwilligung nichts verändern durften.
Ein Fremder, ein Einbrecher, hatte sich hier zu schaffen gemacht. Möglicherweise hätte Heath ohne Hartwells Warnung die winzigen Veränderungen gar nicht bemerkt.
Er drehte den Kopf und musterte die Umrisse der Möbel scharf, den Schreibtisch, die Lehnstühle. Wer immer hier gewesen sein mochte, er war verschwunden. Was hatte er gesucht?
Heath holte einen kleinen Messingschlüssel aus dem Futter seines Stiefelschafts und sperrte die mittlere Schreibtischlade auf. Seine Unterlagen waren unberührt, nichts fehlte. Wobei keine schriftlichen Unterlagen über seine geheimen Regierungsaufträge existierten - er hatte auch nie Namen früherer Operationen oder internationale Kontaktadressen notiert, mit denen er noch heute Verbindungen unterhielt.
All diese Informationen sowie seine Kenntnisse über das Entschlüsseln von Geheimcodes waren in seinem Gedächtnis eingebrannt.
Und dann bemerkte er ein seltsames Glitzern auf dem Teppich. Er trat näher und entdeckte das Saphirarmband, das Julia verloren hatte.
Er bückte sich danach. Die goldgefassten Saphire lagen auf einem schwarzen Kissen, nein auf der Innenseite eines abgetragenen schwarzen Handschuhs. Das Gegenstück zu dem Handschuh, den er im Schuppen gefunden hatte, um genau zu sein. Heath schloss die Finger um die kühlen Edelsteine und kämpfte gegen eine glühende Wut an, eine unheilvolle Ahnung bereitete ihm Übelkeit. Kannte er den Eindringling?
Armand Auclair hatte seine Opfer stets mit einer schwarzen Maske vor dem Gesicht gefoltert, und er hatte dabei die Handschuhe seines Vaters getragen, des Henkers, der ungezählte französische Aristokraten unter der Guillotine enthauptet hatte. War es möglich, dass Auclair diesen Handschuh und den in Julias Schuppen als Visitenkarten hinterlassen hatte? Bedeutete das Armband, dass sie in unmittelbarer Gefahr schwebte? Aber warum? Warum trieb Auclair dieses böse Spiel?
Hartwell hatte recht. Russell war auf eine falsche Spur gelockt worden, um Auclair freie Bahn zu geben.
Ein riesiger Schatten füllte den Türrahmen. Heath stieß den angehaltenen Atem zischend durch die Zähne aus. „Ihre frische Wäsche liegt bereit, Mylord“, sagte Hamm.
„Eine Änderung des Plans, Hamm.“
„Wollen Sie nicht in Lady Whitbys Haus zurück?“, fragte er verdutzt.
„Oh doch, das will ich.“ Heath richtete sich auf, die Faust um das Armband geschlossen. „Wir beide fahren zurück. Ich habe Arbeit für Sie.“
Hamms grobschlächtiges Gesicht hellte sich auf, seine mächtigen Schultern wurden noch breiter. „Richtige Arbeit, Mylord? Etwas, wo ich nicht nur hinten auf dem Trittbrett der Kutsche stehen muss wie ein abgerichteter Affe?“
Heath lächelte dünn, aber in ihm war nur eine dunkle dumpfe Leere und der Drang, an Julias Seite zu eilen, um sie vor einem Mann zu beschützen, dem das Töten zur Kunstform geworden war. Niemand würde Julia ein Haar krümmen, solange noch ein Atemzug in ihm war.
„Kommen Sie, Hamm, ich erkläre Ihnen alles unterwegs. Ihre Sachen können Sie später holen und das Personal davon unterrichten, was geschehen ist.“
19. KAPITEL
In Julias Zimmer brannte kein Licht. Heath schob den verschlafenen Diener beiseite, der ihn, mittlerweile an das seltsame Benehmen von Lady Whitbys Freund gewöhnt, ins Haus gelassen hatte. Heath lieferte mit seinen nächtlichen Besuchen der vornehmen Gesellschaft genügend Stoff, um einen größeren Skandal auszulösen. Sollten die Lästermäuler getrost tratschen. Er hatte Wichtigeres zu tun. Er musste Julia finden. Sie war nicht in ihrem Schlafzimmer.
Im Salon war sie auch nicht.
Eine Eingebung führte ihn in die Küche im hinteren Teil des Hauses, wo im Herd noch die Glut schwelte. Julia stand an der Tür zum Garten und ließ die Katze hinaus. Zunächst war er so erleichtert, sie zu sehen, dass er kein Wort herausbrachte. Er starrte sie lediglich an. Ihr offenes Haar leuchtete flammend rot im Widerschein der Glut.
Sie drehte sich jäh um, ihre Hand flog an ihre Kehle. „Du meine Güte, Heath! Du hast mich erschreckt. Was ist los?“
Er wollte sie nicht jetzt mit der Wahrheit beunruhigen, das hatte Zeit bis morgen. Aber er musste ihr begreiflich machen, dass sie vorsichtig sein musste. Im Moment war
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