Wie es Euch gefaellt, Mylady
heutigen Abend war auch der letzte Zweifel ausgeräumt, dass Heath um sie kämpfen und siegen würde.
An der Kutsche angekommen, sah er, wie der Vorhang am Fenster sich leicht bewegte. Sein Blick flog zum Kutscher, der, den Hut gegen den Regen tief ins Gesicht gezogen, ihm zunickte und zu verstehen gab, dass keine Gefahr drohte.
Heath stieg in den Wagen.
„Guten Abend, Boscastle“, grüßte eine raue Stimme. „Herrliches Wetter für einen Wasservogel, wie?“
Heath entspannte sich. Er hatte Colonel Hartwell seit einer Ewigkeit nicht gesehen, seit damals nicht, als er in den Anfängen seiner Geheimdiensttätigkeit sich den Kopf zermartert hatte, um feindliche Geheimcodes zu entziffern. Hartwell war ein häufiger Gast in Wellingtons Hauptquartier gewesen. Es ging das Gerücht, dass er immer noch Verbindungen zum Kriegsministerium unterhielt, in welcher Funktion, wusste Heath allerdings nicht.
Hartwell war älter geworden, sein Haar ergraut, aber seine braunen Augen blitzten scharf und wachsam wie eh und je. „Sie sehen wesentlich besser aus als bei unserer letzten Begegnung“, sagte er nach einer Weile.
Er bezog sich mit seiner Feststellung auf den halb toten, geschundenen Zustand, in dem Heath gefunden worden war, nachdem Russell und seine Männer Auclairs Hauptquartier gestürmt hatten.
Heath setzte sich Hartwell gegenüber. „Ich fühle mich auch besser, vielen Dank. Wohin fahren wir?“
„Nur bis zu Ihrem Haus. Ich will mich ein wenig mit Ihnen unterhalten und Neuigkeiten austauschen.“
Heath wurde von einer unheilvollen Ahnung beschlichen. Eine harmlose Unterhaltung könnte ebenso gut im Club bei einem Glas Brandy stattfinden. Er rieb sich das Kinn. „Ist Russell tot?“
„Nein. Aber der Idiot befindet sich auf dem Weg in die Bretagne und verfolgt eine falsche Spur.“
Heath richtete den Blick aus dem Fenster, wo Julias Haus hinter einem Regenschleier verschwand. War sie schon zu Bett gegangen? Hatte sie ihre Tür verriegelt und einen Stuhl unter die Türklinke geschoben, wie er es ihr geraten hatte? Dachte sie an die Zärtlichkeiten mit ihm?
„Auclair ist nicht in Frankreich“, fuhr Hartwell fort. „Er war nie dort.“
Heaths Kopf fuhr herum. Panik stieg in ihm hoch. Er hatte Julia allein gelassen. „Er ist hier. Auclair ist hier?“
„Ja.“
„Es war eine List, von Anfang an.“ Julias Ahnung war beängstigend richtig gewesen. In seinem Eifer, wieder einmal den Helden zu spielen, hatte Russell seinem Feind direkt in die Hände gespielt. Heath bezähmte nur mühsam seinen Drang, die Kutsche anhalten zu lassen und zurück zu Julias Haus zu laufen. Er biss die Zähne aufeinander, sein Herz schlug wie ein Hammer.
„Was hat er vor?“
„Wir wissen es nicht ganz genau.“ Hartwell musterte sein Gegenüber besorgt. „Wir wissen, dass Fouché Kontakt mit Napoleon auf Elba aufgenommen hat. Aber es scheint keine Verbindung zu Auclair zu geben. Neuerdings handelt er wohl auf eigene Faust.“
„Aber Auclair … in London. Ich habe gehört, er verdiene sich seinen Lebensunterhalt als professioneller Duellant.“
„Offenbar bereitet es ihm Vergnügen, Menschen zu töten. Wir haben ein paar Männer auf ihn angesetzt.“
Heath nickte. „Werden meine Dienste gebraucht?“
„Im Augenblick tun Sie uns den größten Gefallen, wenn Sie am Leben bleiben. Napoleons Stab hatte genügend Zeit, einen neuen Geheimcode auszuarbeiten, und wir brauchen möglicherweise Ihre Kenntnisse in der Dechiffrierung, falls es in Zukunft zu Konflikten kommen sollte.“
„Aber was geschieht mit Auclair?“
„Ich kann Ihnen nur raten, alles zu Ihrem persönlichen Schutz zu tun, falls Sie ihm begegnen, bevor wir ihn geschnappt haben. Seien Sie um Gottes willen vorsichtig!“
Der Wagen hielt vor Heaths Haus. „Kommen Sie noch herein?“
„Nein. Meine Frau sorgt sich, wenn ich spät nachts noch unterwegs bin. Wenn Sie nichts dagegen haben, kann Ihr Kutscher mich an meinem Haus absetzen.“
Heath gab Hamm Anweisungen, frische Wäsche bereitzulegen, und begab sich direkt in sein Arbeitszimmer, um ein paar Bücher zu holen. Beim Betreten des dunklen Zimmers sträubten sich seine Nackenhaare.
Er stand lange vor dem kalten Kamin und horchte auf das Ticken der Standuhr. Das Bild an der Wand, eine mittelalterliche Jagdszene, hing eine Winzigkeit schief. Seine Fachbücher über Ägyptologie standen nicht in der richtigen Reihenfolge im Bücherschrank. Man könnte es Pedanterie nennen, aber Heath stachen selbst
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