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Wie es uns gefällt

Wie es uns gefällt

Titel: Wie es uns gefällt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Ackroyd
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er in seiner nassen Wäsche. «Was treibt diese Leute nur dazu?»
    «Die Not», erwiderte das Fischweib.
    «Wahrscheinlich denken Sie, diese Leute hätten den Verstand verloren», sagte Mary zu ihm, «aber in manchen Fällen gelten die konventionellen Lebensregeln nicht.»
    «Es sind nur ganz normale Sterbliche. Gott schütze sie.» Die Alte beugte sich herüber und berührte Marys Kleidersaum. «Sie haben einfach Pech. Aber wer hat das nicht in dieser verderbten Welt? Die Hitze reicht nicht bis hierher, Miss. Gehen Sie jetzt wieder heim, bevor Ihnen etwas passiert. Harry Sanderson wird Sie rudern.»
    Mary stand auf und gab ihr das Tuch zurück. «Sehen Sie, mir geht es wirklich gut. Kein Fieber.»
    «Sprechen Sie nicht vom Fieber, Miss. Das hat hier schon viele mitgerissen.»
    «William, sollen wir das Boot nehmen?»
    Sie gingen zum Ufer, und die Alte rief Harry herbei.
    Während sie über den Fluss zur Bridewell Wharf zurückfuhren, sprudelte es aus Mary förmlich heraus: «William, haben Sie vielleicht zufällig die Romane von Fanny Burney gelesen? Wahrscheinlich nicht. So etwas wäre für Sie zu flach, zu feminin. Es überrascht mich, dass Sie überhaupt Zeit für uns Frauen haben.»
    «Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich noch nie etwas von ihr gelesen habe.» Marys plötzliches Interesse für dieses Thema verwirrte William. «Ihre Cecilia wird sehr gelobt.»
    «O nein, lesen Sie Evelina. Niemand versteht die Heldin dieses Romans, keiner nimmt sie richtig wahr. Wie kann sich eine so junge Frau mit der Welt abfinden?»
    Er wusste keine Antwort darauf. «Ich werde ein Exemplar auftreiben.»
    «Ich werde Ihnen meines geben! Charles bezeichnet es als albernes Buch, aber wen kümmert schon Charles’ Meinung?» Ihr Blick wanderte übers Wasser nach Lambeth hinüber. «Was für einen Wirbel diese kleinen Boote auf dem Wasser machen! Sehen Sie, wie sich ihre Wege kreuzen? Die Welt ist so ungemein geschäftig. Und doch bleibt alles unergründlich. Finden Sie nicht auch?»
     
     
    Sie fuhr mit William im Einspänner in der Laystall Street vor. Vor Kälte und Erschöpfung hatte sie einen Schüttelfrost. Tizzy öffnete und schrak erstaunt zurück.
    «Um Himmels willen, Miss, was ist denn mit Ihnen passiert?»
    «Fall nicht in Ohnmacht, Tizzy. Mir geht es ganz gut.»
    «Sie ist ausgerutscht», sagte William. «Du musst ihr sofort die nassen Sachen ausziehen und sie ins Bett stecken. Bring ihr etwas heiße Brühe.»
    Mrs Lamb erschien mit Spitzenhäubchen im Eingang und schlug die Hand vor den Mund.
    «Mutter, nimm dich zusammen. Ich bin unverletzt.»
    «War es am Teich?»
    «Nein, Mama, am Fluss.» Mary betrat das Haus, stolperte und stürzte gegen den Hutständer.
    Mit großem Getue trugen und zerrten Tizzy und Mrs Lamb sie abwechselnd in ihr Schlafzimmer hinauf, zogen sie aus und legten sie unter die Decke. Währenddessen blieb William nervös in der Diele stehen. Tizzy stürzte die Treppe herunter und lief auf die Straße, ohne ihn auch nur eines Blickes zu würdigen. Irgendwie hatte Mr Lamb die Aufregung wohl mitbekommen, denn er schlich aus dem Salon und trat zu William.
    «Ein Strohhalm im Wind, stimmt’s?»
    «Mary ist unpässlich, Sir.»
    «Ganz genau.»
    Jetzt tauchte Mrs Lamb am oberen Ende der Treppe auf. «Tizzy ist zum Doktor gelaufen. Mr Ireland, ich muss kurz mit Ihnen sprechen. Wären Sie so freundlich, den Wasserkessel aufzusetzen?»
    «Selbstverständlich.» Er ging zum offenen Kamin im Salon, wo man den Kessel auf einen Metallständer über die Kohlen stellen konnte. Er sah zu, wie das Wasser zu kochen begann. Plötzlich kam Mrs Lamb aufgeregt ins Zimmer gelaufen.
    «Heißer Gin mit Pfefferminze, denke ich, sonst bekommt sie Fieber. Mr Ireland, wie konnte das passieren?»
    «Mary ist ausgerutscht und gestürzt. Gerade als wir an der Themse standen.»
    «Was haben Sie nur am Fluss gemacht?»
    «Wir haben Southwark erkundet.»
    «Southwark?» Der Ort hätte genauso gut in der russischen Steppe liegen können.
    «Auf Shakespeares Spuren.»
    «Shakespeare wird noch ihr Tod sein, Mr Ireland. Sie sollten so etwas nicht noch unterstützen. Mr Lamb, Sie sollten die Bücher dieses Herrn in diesem Haus verbieten.»
    «Es war doch nur ein Unfall – »
    «Ob Unfall oder nicht, so etwas hätte nie passieren dürfen. Wo habe ich nur das vermaledeite Pfefferminzöl hingetan?»
    Sie bereitete den Likör in einer Tonschüssel zu und trug sie würdevoll aus dem Salon. William drehte sich um und sah gerade noch,

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