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Wie Fackeln im Sturm

Wie Fackeln im Sturm

Titel: Wie Fackeln im Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynsay Sands
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daher rührte ihr augenblicklicher Zorn; ein Zorn, der sich in all den Jahren aufgestaut haben musste, weil sie immer und immer wieder hilflos hatte erleben müssen, dass diejenigen, die sie liebte, den Tod fanden. Hugh konnte ihren Schmerz und ihren Zorn nachvollziehen. Doch er wusste nicht recht, wie er ihr jetzt helfen sollte.
    So fiel ihm zunächst nichts Besseres ein, als Willa zu versichern, dass er der erfahrene Kämpfer sei, der seine Gemahlin vor allem Ungemach bewahren würde. „Nein, Willa“, begann er selbstbewusst, „ich werde für dich sorgen. Ich bin dein Gemahl. Ich werde dich beschützen.“
    „So wie im Obstgarten?“ zischte sie.
    Fürwahr, das war der falsche Weg, dachte er. Verflucht.
    Willa hatte mit ihrer Antwort genau auf den wunden Punkt gezielt. Bereits zuvor hatte er ein schlechtes Gewissen gehabt, weil er sie nicht hinreichend beschützt hatte, und nun machte sie ihm mit unverhohlener Schärfe klar, er habe erneut versagt. Erst hatte er den Giftanschlag nicht zu verhindern gewusst, dann wäre sie beinahe vor seinen Augen in der Waldhütte verbrannt, und jetzt wäre sie um ein Haar Gawains Klinge zum Opfer gefallen.
    Hugh verlor sich in Selbstanschuldigungen, als ein Schlag gegen den Kopf ihn ins Stolpern brachte. Mit einem Fluchen drehte er sich um und starrte wütend auf den frei schwingenden Sandsack, der ihn am Hinterkopf erwischt hatte, und beinahe wäre er erneut getroffen worden. Rasch entfernte er sich aus der Reichweite des Zielpfahls und lief seiner Gemahlin hinterher.
    „Willa, ich bekenne, dass ich dich enttäuscht habe …“ Endlich stieß er nicht mehr auf taube Ohren. Sie blieb augenblicklich stehen und schaute ihn erstaunt an.
    „Was? Nein, Hugh! Du hast mich nie enttäuscht.“
    Ihre Worte hätten Hughs Gewissen erleichtern können, aber er wusste, dass sie nicht ehrlich war … obendrein hielt sie das Schwert mit zitternden Händen hoch. Er behielt die gefährlich schwankende Klinge im Auge und wollte gerade etwas sagen, als seine Gemahlin ihm zuvorkam.
    „Du hast mir schon oft das Leben gerettet. Du hast den nächtlichen Angreifer auf der Lichtung unschädlich gemacht, ehe er in die Hütte eindringen konnte.“
    „Den haben die Wölfe getötet“, entgegnete er trocken.
    „Nein, du hast ihn so lange in Schach gehalten, bis die Wölfe dir zu Hilfe eilten“, erwiderte sie. „Dann hast du mir noch das Leben gerettet, nachdem ich das Gift genommen hatte.“
    „Eada hat dir mit dem Kräutersud das Leben gerettet. Ich habe bloß deinen Kopf gehalten, als du … dich übergeben hast.“
    „Ich durfte mich sogar in deinem Schoß übergeben“, sagte sie. Als sie bei dieser Erinnerung beide das Gesicht verzogen, setzte sie schnell hinzu: „Sodann hast du mich aus den Flammen gerettet.“
    „Ich …“ Hugh verstummte. Dagegen war nichts einzuwenden. Endlich schien er einmal ganze Arbeit geleistet zu haben. Dann wanderte sein Blick von ihrem rußbeschmutzten Gesicht über die versengten Haarspitzen bis zu dem angebrannten Gewand, das sie immer noch am Leib trug. Sie war wunderschön.
    „Mein Gemahl.“ Willa ließ das Schwert fallen. Hugh sah sich gezwungen, zur Seite zu springen, um nicht von der Klinge getroffen zu werden. Dann trat Willa einen Schritt vor und berührte seine Wange mit der gleichen Zärtlichkeit, die sie zuvor Baldulf entgegengebracht hatte – worauf Hugh eifersüchtig geworden war. Hugh spürte, wie eine angenehme Wärme seinen Leib durchströmte. In ihren Augen lag die Wärme und Zuneigung, nach der er sich so gesehnt hatte.
    „Du bist ein starker und tapferer Gemahl. Ich weiß, dass du mich nach besten Kräften beschützen wirst. Aber es wird Zeiten geben, in denen du nicht zugegen bist, und daher werde ich mich auf mich selbst verlassen müssen.“
    „Ich werde Wachen aufstellen …“
    „Ich möchte nicht für den Rest meines Lebens eingesperrt und von fremden Männern bewacht werden. Außerdem hat Baldulf heute über mich gewacht. Da genügte schon ein Kerzenhalter, um ihn unschädlich zu machen. Hätte Alsneta mich wirklich töten wollen, wäre es ihr auch gelungen. Du kannst nicht immer an meiner Seite sein. Ich muss lernen, mich selbst zu verteidigen.“
    „Sie hat Recht, Hugh.“
    Hugh drehte sich verdutzt um und sah, dass Lucan sich zu ihnen gesellt hatte. Genauso wie Jollivet und Lord Wynekyn. Auch die Menge war inzwischen näher gekommen. Hughs Blick wanderte zurück zu seiner Gemahlin. Einen Moment lang musterte er sie

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