Wie Fackeln im Sturm
sich. „Nachdem ihr beide fertig wart … oder besser, nachdem du fertig warst …“, verbesserte er sich mit einem schelmischen Glitzern in den Augen.
Hughs Mund wurde zu einem dünnen Strich. „Ich dachte, du konntest nichts sehen?“
„Ja, aber ich konnte das meiste hören.“ Er grinste frech und kostete Hughs peinliche Lage aus, bevor er fortfuhr: „Willa eilte zum Burgfried, bog dann aber plötzlich in den Obstgarten ab. Als du endlich Herr deiner Beinkleider geworden warst, die dich am Laufen hinderten, und Willa gefolgt bist …“ Jollivet grinste wieder schadenfroh, als Lucan in schallendes Gelächter ausbrach.
Hughs Miene verfinsterte sich, und er packte Jollivet am Kragen. Wütend schüttelte er den kleineren Mann und rief: „Was war mit meiner Gemahlin?“
Jollivet räusperte sich, als Hugh ihn wieder losließ, und berichtete dann: „Als du zurück in den Burgfried liefst, kehrte Willa zu der Stelle zurück, wo ihr zuvor gewesen wart. Gawain folgte ihr, auch Alsneta setzte sich in Bewegung, und so ging ich den beiden nach. Ich blieb ein wenig zurück, da Alsneta mich nicht bemerken sollte. Was sich vor mir zwischen den Bäumen abspielte, konnte ich nicht erkennen, aber ich wusste, dass Gefahr im Verzug war, als Alsneta schließlich losrannte. Jetzt hielt auch ich mich nicht mehr länger bedeckt und lief ihr nach. Da sah ich, dass Alsneta zu Boden geschlagen worden war und Gawain sich Willa zuwandte. Ich kämpfte gegen ihn und habe gesiegt.“ Er zuckte die Schultern. „Erst nach dem Kampf wurde mir bewusst, dass Alsneta tödlich verwundet war. Ich kniete neben ihr, um mich zu überzeugen, ob sie auch wirklich tot war, und während ich da kniete, lief Willa fort.“
„Sie lief fort?“ fuhr Hugh ihn an. „Warum hast du das nicht gleich gesagt?“
„Weil ich annahm, dass sie wieder in den Burgfried gelaufen ist …“ Er verstummte kurz und verzog das Gesicht. „Das hast du wohl auch gedacht, als sie das erste Mal zum Burgfried lief. Sehe ich das richtig, dass sie nicht im Burgfried ist?“
„So ist es.“ Hugh ging ein paar Schritte und ließ den Blick durch die Baumreihen schweifen. Als er keine Anzeichen seiner Gemahlin ausmachen konnte, schlug er wieder den Weg zur Küchentür ein.
„Vielleicht ist sie ja doch hineingegangen, nachdem wir schon im Garten waren“, meinte Lucan und passte sich den eiligen Schritten seines Freundes an.
Hugh gab ein unwilliges Knurren von sich, bis er plötzlich stehen blieb. Dann machte er kehrt und wäre beinahe mit seinem Vetter zusammengeprallt. Seine Augen huschten aufgeregt über den Boden bei den Apfelbäumen. „Wo ist mein Schwert?“
„Sie hat es mitgenommen“, ließ sich Jollivet vernehmen, senkte dann den Blick und lächelte. „Tatsächlich war es ihr zu schwer, und so zog sie es hinter sich her.“
Hugh folgte Jollivets Blick und entspannte sich, als er sah, dass die Schwertspitze eine deutliche Spur im Boden hinterlassen hatte. Unverzüglich folgten die drei Männer der kleinen Rinne.
Kaum hatten sie den Obstgarten verlassen, da rief Lord Wynekyn von der Küchentür aus: „Da seid ihr ja!“ Die drei Gefährten schauten von der Spur auf und sahen den älteren Mann an. Lord Wynekyn wirkte überrascht, als er den Männern ihre Verstimmung anmerkte. Mit sorgenvoller Miene wandte er sich an Hugh und Lucan: „Ihr seid ohne ein Schwert durch die Küche geeilt. Ich fürchtete schon, es wäre etwas geschehen.“
„Gawain hat Alsneta getötet und Willa angegriffen“, erwiderte Jollivet. „Ich musste den Burschen erledigen.“
„Das habt Ihr vollbracht?“ Lord Wynekyn war über alle Maßen erstaunt.
„Auch wenn man es einem Gecken wie ihm nicht ansieht, mein Vetter ist immer schon sehr geschickt mit dem Schwert gewesen. Er lernte bei meinem Vater, die Waffe zu führen“, erklärte Hugh. Vermutlich hätte er sich nicht die Mühe gemacht, die Vorzüge seines Vetters hervorzuheben, wenn Jollivet nicht gerade Willas Leben gerettet hätte. Die beiden Vettern neckten sich schon, solange sie denken konnten … es war ihre Art, so ihre gegenseitige Zuneigung zum Ausdruck zu bringen. Jollivet pflegte Hugh vorzuhalten, er benehme sich wie ein ungehobelter Barbar, und Hugh zahlte es ihm heim, indem er seinen Vetter einen verzogenen Gecken schimpfte. In Wirklichkeit standen die beiden sich nahe.
„Oh.“ Lord Wynekyn schien nicht überzeugt zu sein, aber Hugh konnte sich jetzt nicht mit derartigen Kleinigkeiten abgeben. Er senkte den Kopf
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