Wie Fackeln im Sturm
nachdenklich, dann lenkte er ein und bückte sich nach dem Schwert. Er hob es hoch und drückte den Knauf in Willas zierliche Hände.
„Wenn du es tun musst, dann sollst du es auch richtig tun. So hält man ein Schwert wie dieses“, erklärte er ihr, und Willa schenkte ihm ein Lächeln, das ein unglaubliches Kribbeln in seinem Bauch verursachte.
„Sie macht Fortschritte.“
Bei dieser anerkennenden Bemerkung Jollivets gab Hugh einen mürrischen Laut von sich. Die beiden Vettern schauten zu, wie Willa mit Lucan einen Übungskampf austrug. Mittlerweile war ein Monat vergangen, seit Alsneta ihr Leben für Willa gegeben hatte. Die Wochen waren ohne besondere Vorkommnisse verstrichen, und die Tage nahmen stets denselben Ablauf: Willa stand frühmorgens auf, nahm ein Stück Brot, leerte einen Becher Met und trieb ihren Gemahl auf den Übungsplatz. Dort verbrachte sie den ganzen Tag bis zur Abendmahlzeit.
Hugh verzog verstimmt das Gesicht. Es war viel schlimmer gewesen, als sie gerade erst mit den Übungen begonnen hatten. Hugh hatte darauf bestanden, ihr Lehrmeister zu sein. Doch diesen Entschluss hatte er alsbald bereut. Er konnte sich immer noch nicht erklären, warum ihn die Übungen derart aufgebracht hatten, denn immerhin galt Hugh als guter Lehrmeister. Er selbst hatte alles von seinem Vater gelernt, einem der besten Schwertkämpfer, und in all den Jahren hatte Hugh sich stets als geduldiger Lehrer erwiesen. Doch Willa war es gelungen, ihn einige Male an den Rand des Wahnsinns zu treiben, bis Lucan vorgeschlagen hatte, von Stund an den Unterricht zu übernehmen.
Auch wenn Hugh es sich zunächst nicht eingestehen wollte, aber diese Übereinkunft hatte sich für alle Beteiligten als besser erwiesen. Zumindest gab es nun bedeutend weniger Streit zwischen Willa und ihm. Jetzt hatte er als Burgherr Zeit, den täglichen Pflichten nachzukommen, die die Verwaltung von Hillcrest und Claymorgan erforderten. Bei Gelegenheit schaute er beim Übungsplatz vorbei, wo Willa von Lucan und seit kurzem auch von Jollivet die Kunst des Schwertkampfs erlernte. Zunächst hatte sein Vetter sich nicht an den Übungen beteiligt, sondern sein Versprechen eingelöst, sich um die Garderobe der Burgherrin zu kümmern. Während der ersten Wochen hatte Jollivet Eada und einige andere Frauen angeleitet, die gut mit Nadel und Faden umgehen konnten. Erst in der letzten Woche hatte sein Vetter sich anderen Dingen zugewandt, da die Anfertigung der Gewänder genau nach seinen Vorstellungen verlief. Von da an hatte er Lucan bei den Übungen abgelöst. Nun standen Hugh und sein Vetter am Rand des Platzes und schauten zu, wie Willa ihr Schwert gegen Lucans schlug und zusammenzuckte, als ihr Arm von dem Aufschlag erzitterte. Allmählich war ihr die Erschöpfung anzumerken.
Hugh blickte zum Himmel hoch und war nicht überrascht, dass die Sonne noch sehr hoch stand. Er überlegte, wie er seine Gemahlin an diesem Abend verführen könnte, hielt es dann jedoch für besser, ihr die wohlverdiente Ruhe zu gönnen. Seit Beginn der Übungen vor einem Monat hatte er sie noch nie so erschöpft und ausgelaugt erlebt wie heute.
„Lucan hat sie härter als gewöhnlich üben lassen“, verkündete er verdrießlich.
Jollivet schüttelte den Kopf. „Nicht härter als sonst. Dazu besteht kein Anlass. Sie macht jeden Tag Fortschritte. Sie ist zum Schwertkampf geboren. Eigentlich müsste sie ein Mann sein.“
„Sie ist aber kein Mann“, murmelte Hugh. „Und sie gehört mir. Hör auf, sie in dieser Weise anzusehen. Warum treibst du dich überhaupt noch hier herum?“
„Das frage ich mich seit kurzem auch. Unglücklicherweise habe ich dir versprochen, Willa mit schönen Gewändern auszustatten.“ Er schürzte missbilligend die Lippen. „Allerdings hat deine Gemahlin seit kurzem mehr für den Schwertkampf als für die Kleider übrig. Keine leichte Aufgabe also für mich. Bei der Anprobe bleibt sie schon nicht mehr ruhig stehen. Abgesehen davon hat sie alles auf mich abgewälzt.“ Seine Miene hellte sich auf. „Gewiss, ich habe einen unübertroffenen Geschmack, und Eada und ein paar andere Bedienstete hier sind wahrlich treffliche Näherinnen. Die Gewänder werden prächtig sein. Einige sind bereits fertig, bei den anderen werden noch die letzten Änderungen vorgenommen.“
„Warum hat sie dann noch keins getragen?“ fragte Hugh leicht verstimmt.
„Sie sagt, sie seien bei den Übungen nur hinderlich und würden in Mitleidenschaft gezogen“, erwiderte
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